«Bild» distanziert sich von islamkritischem Kommentar der «BamS»

Ein Zeitungskommentar löst im Hause Springer Aufregung aus: Der Vizechef der «Bild am Sonntag» hat sich kritisch zum Islam geäußert. Seine Chefs gehen auf Distanz – und ein Politiker stellt Strafanzeige wegen Volksverhetzung.

Berlin (dpa). Ein islamkritischer Kommentar in der «Bild am Sonntag» («BamS») hat im Springer-Verlag Widerspruch von prominenter Stelle hervorgerufen. Der Chefredakteur der «Bild»-Zeitung, Kai Diekmann, distanzierte sich: «Bei Bild und Axel Springer ist (…) kein Raum für pauschalisierende, herabwürdigende Äußerungen gegenüber dem Islam und den Menschen, die an Allah glauben», schrieb Diekmann in der Montagausgabe. Er zitierte dort auch Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner zum Thema.

«BamS»-Vizechef Nicolaus Fest hatte den Islam in einem Kommentar als Integrationshindernis bezeichnet. Fest schrieb in dem Blatt, der Islam störe ihn immer mehr. Er sprach unter anderem von «totschlagbereiter Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle», Zwangsheiraten, Ehrenmorden und «antisemitischen Pogromen». Bei Twitter warfen Nutzer Fest Islamfeindlichkeit und Rassismus vor.

«BamS»-Chefredakteurin Marion Horn entschuldigte sich bereits am Sonntag via Twitter für den entstandenen Eindruck und bedauerte, dass «Bild am Sonntag» Gefühle verletzt habe. «Ganz deutlich: Wir sind nicht islamfeindlich! Ich entschuldige mich für den entstandenen Eindruck.» Diekmann twitterte, Fest sei kein Hassprediger, seinen Kommentar halte er aber für falsch.

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Der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel (SPD) stellte eigenen Angaben zufolge Strafanzeige wegen Volksverhetzung. «Das, was sich Herr Fest geleistet hat, vergiftet die Stimmung in unserer Gesellschaft», so Yüksel. Wenn es der «Bild»-Zeitung ernst sei mit ihrer Kampagne gegen Antisemitismus und für Toleranz, müssten personelle Konsequenzen gezogen werden.

Kommentare seien in der Regel die «Einzelmeinungen» eines Autors, sagte ein Verlags-Sprecher auf Nachfrage. Sie gäben nicht den Standpunkt der Redaktion wieder. Das habe Kai Diekmann im aktuellen Fall unmissverständlich klargestellt. Zur Forderung nach personellen Konsequenzen sagte der Sprecher, es handle sich um «eine publizistische und nicht um eine arbeitsrechtliche Debatte».

Zur Nachfrage, ob Fest auch weiterhin Kommentare für die «BamS» schreiben werde, sagte der Verlagssprecher, ein stellvertretender Chefredakteur werde auch weiterhin kommentieren. Blogger Stefan Niggemeier wertete Diekmanns Zeitungskommentar als «eine Art öffentliche Abmahnung».

Die «Bild»-Zeitung hatte am Freitag auf ihrem Titel zu einer breiten Bewegung gegen Antisemitismus und für Toleranz aufgerufen, nachdem es wegen des Gaza-Konflikts in Deutschland und anderen Ländern immer wieder Demonstrationen mit antisemitischen Äußerungen gegeben hatte. Diese Parolen und die Diskussionen darüber waren auch Anlass für Fests Beitrag, wie der Sprecher des Springer-Verlags sagte.

Diekmann sprach in seinem Gegen-Kommentar zu Fest von einer «Trennlinie» zwischen Islam und Islamismus und zitierte Springer-Vorstandschef Döpfner: «Wer heute gegen den Islamismus kämpft, kämpft für einen aufgeklärten, starken, gesellschaftlich selbstverständlich verankerten erfolgreichen Islam.» Es sei «nicht antimuslimisch, gegen den Islamismus zu sein. Im Gegenteil», wurde Döpfner weiter zitiert.

Der Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu (Grüne) verfasste auf Einladung von Diekmann einen Gastbeitrag für «Bild». Fests Kommentar sei für ihn «Rassismus pur», schrieb Mutlu. Die «Hasstiraden» des Autors schürten ohne Not Vorurteile, Ängste und Menschenfeindlichkeit.

Fest hatte in seinem Beitrag geschrieben, er frage sich, ob Religion ein Integrationshindernis sei. «Mein Eindruck: nicht immer. Aber beim Islam wohl ja», meinte er. Das solle man ausdrücklich bei Asyl und Zuwanderung berücksichtigen. «Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht.»