, ,

Bundeskanzler Merz empört viele mit Aussage zum Krieg

Wahlergebnisse merz
Foto: Ryan Nash Photography, Shutterstock

Gegenüber dem ZDF sagte Bundeskanzler Merz, Israel würde mit seinem Angriff auf den Iran „die Drecksarbeit“ für alle machen. Viele Menschen reagieren mit Empörung. Völkerrechtler in Deutschland betrachten den Angriffskrieg mehrheitlich als Rechtsbruch.

(iz, dpa). Am 17. Juni 2025 äußerte er sich am Rande des G7-Gipfels im kanadischen Kananaskis in einem Live-Interview mit dem ZDF zu den Angriffen auf den Iran. Dabei betonte er, dass Tel Aviv mit seinem Vorgehen eine Aufgabe übernehme, die letztlich im Interesse vieler westlicher Staaten liege. Wörtlich sagte er: „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle.“

Merz brachte zudem seinen großen Respekt gegenüber dem Mut der israelischen Streitkräfte und der politischen Führung zum Ausdruck, diesen Schritt unternommen zu haben. Er kritisierte die iranische Regierung scharf und warf ihr vor, weltweit Gewalt und Terror zu unterstützen – etwa durch Anschläge, Morde und die Unterstützung von Stellvertretergruppen wie der Hisbollah. Außerdem stellte er klar, dass der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ohne die Hilfe Teherans aus seiner Sicht nicht möglich gewesen wäre.

Diese Aussagen spiegeln die gegenwärtige außenpolitische Haltung der Bundesregierung wider, die sich klar an der Seite Israels positioniert und das iranische Regime für zahlreiche destabilisierende Aktivitäten im Nahen Osten verantwortlich macht.

Anzeige:
Kurban Tuisa

Kanzler Merz: Auch der Westen ist bedroht

Der Bundeskanzler betonte in seinen Ausführungen, dass die Bedrohung durch das Teheraner Regime nicht nur Israel, sondern ebenso Deutschland und die gesamte westliche Welt betreffe. Er hob hervor, dass die Unterstützung Irans für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine – insbesondere durch die Lieferung von Drohnen – ein weiteres Beispiel für die globale Gefahr sei, die von Teheran ausgehe.

Er machte deutlich, dass ohne das entschlossene Eingreifen gegen den Iran der Westen womöglich noch über Monate oder Jahre hinweg mit der fortgesetzten Gewalt und dem Terror dieses Regimes hätte rechnen müssen – möglicherweise sogar mit der Gefahr, dass der Iran eines Tages über Atomwaffen verfügen könnte.

In Bezug auf die Zukunft äußerte Merz die Hoffnung, dass das „Terrorregime“ in Teheran bald abgelöst werde. Gleichzeitig signalisierte er Gesprächsbereitschaft und bot der iranischen Führung erneut Verhandlungen an. Allerdings stellte er klar, dass Israel nicht zögern werde, weitere Maßnahmen zu ergreifen, falls das Regime sich weiterhin Gesprächen verweigere.

Mit Blick auf die Rolle der USA äußerte Merz Unsicherheit darüber, ob Präsident Trump das amerikanische Militär in den Konflikt einbinden werde.

Reaktionen von offener Empörung bis zu leiser Zustimmung

Das Kanzlerstatement hat in Deutschland eine Debatte ausgelöst. Die Antworten reichen von scharfer Ablehnung bis zu vereinzeltem Zuspruch – in der Politik, der Zivilgesellschaft und den Medien.

Insbesondere von der Linkspartei und aus dem Lager des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kam heftige Kritik. Die Linken-Vorsitzende Ines Schwerdtner warf Merz eine „offene Verachtung für das Völkerrecht und offenbar auch für die Opfer dieses Krieges“ vor und forderte, er solle keine diplomatischen Gespräche mehr führen.

Die BSW-Politikerin Mohamed Ali kritisierte die Aussagen von Kanzler Merz scharf und warf ihm „Doppelmoral und Verantwortungslosigkeit“ vor. Ihre Parteikollegin Dağdelen äußerte sich ablehnend und bezeichnete die Äußerungen als zynisch sowie menschenverachtend. Sie verwies zudem darauf, dass der israelische Angriff aus ihrer Sicht völkerrechtswidrig sei.

In sozialen Netzwerken und Online-Kommentaren wurde die Wortwahl des Bundeskanzlers intensiv diskutiert. Viele Nutzer wiesen darauf hin, dass der verwendete Begriff eine belastete Vergangenheit hat, da er u.a. im Zusammenhang mit der Rechtfertigung nationalsozialistischer Untaten während der Nürnberger Prozesse verwendet wurde. Diese historische Assoziation wurde von zahlreichen Kommentatoren als besonders kritisch eingestuft, weil sie das Leid der Opfer relativieren und eine gefährliche Rhetorik in die aktuelle Debatte einbringen könnte.

Experten aus der Wissenschaft äußerten sich kritisch zu den Aussagen von Friedrich Merz. So warf der Politikwissenschaftler Johannes Varwick dem Kanzler vor, mit seiner Bemerkung völkerrechtswidriges Handeln zu legitimieren, doppelte Standards zu fördern und die Kluft zwischen westlichen Staaten und dem Rest der Welt zu vertiefen.

Der amerikanische Diplomat Robert Malley bezeichnete die Haltung als „schlichtweg erschütternd“ und kritisierte, dass Europa dem israelischen Narrativ folge, ohne die damit verbundenen Risiken und völkerrechtlichen Bedenken ausreichend zu reflektieren. Der Militärhistoriker Roland Popp sprach von einem „katastrophalen Fehltritt“ eines deutschen Regierungschefs.

Was sagen deutsche Völkerrechtler zum israelischen Angriffskrieg?

Die Reaktionen bundesdeutscher Völkerrechtler auf den Tel Aviver Angriff auf den Iran im Juni 2025 waren mehrheitlich kritisch. Viele Experten lehnten die von der Regierung Netanjahu vorgebrachte Rechtfertigung als Akt der Selbstverteidigung ab und betonten, dass das Völkerrecht – insbesondere das in der UN-Charta verankerte Gewaltverbot – hier klare Grenzen setze.

Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage, ob Israels Militärschläge als zulässige Selbstverteidigung gelten können. Nach überwiegender Auffassung ist ein Präventivschlag völkerrechtlich nur dann erlaubt, wenn eine unmittelbar bevorstehende, überwältigende Attacke droht, die auf andere Weise nicht abgewendet werden kann. Im aktuellen Fall sahen die meisten deutschen Völkerrechtler diese Schwelle nicht erreicht: Es habe keine konkreten Anhaltspunkte für einen unmittelbar bevorstehenden Angriff des Iran auf Israel gegeben.

Mehrere angesehene Juristen, darunter Matthias Goldmann und Dominik Steiger, stuften den israelischen Angriff als eindeutigen Fall eines unzulässigen Präventivschlags ein. Der Göttinger Völkerrechtler Kai Ambos äußerte sich kritisch und warnte davor, die Kriterien für das Recht auf Selbstverteidigung zu sehr auszudehnen. Seiner Ansicht nach würde eine solche Entwicklung das in der UN-Charta verankerte Gewaltverbot untergraben.

Ambos betonte, dass eine immer weiter gefasste Auslegung des Selbstverteidigungsrechts dazu führen könnte, dass das Gewaltverbot als zentrales Prinzip des Völkerrechts seine Wirksamkeit verliert. In einem solchen Szenario könnte jeder Staat auf Grundlage eines subjektiven Bedrohungsempfindens zu militärischen Mitteln greifen.

Auch der Verfassungsblog äußerte sich kritisch gegenüber der Haltung der Bundesregierung. Die Autoren warfen der Regierung vor, durch ihre Berufung auf das israelische Selbstverteidigungsrecht das Gewaltverbot zu relativieren und damit eine gefährliche Entwicklung im internationalen Recht zu fördern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert