Musliminnen und Muslime werden auf dem Wohnungsmarkt nach Einschätzung der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG) benachteiligt.
(iz). Neue Studien des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) sowie Daten des Mediendienstes Integration belegen strukturelle Nachteile für rassistisch markierte Menschen bei Wohnungssuche, Mietkosten und Wohnqualität.
Auslöser der Kritik ist der aktuelle NaDiRa-Monitor des DeZIM-Instituts, der zeigt, dass muslimische und andere „rassisch markierte“ Bewerberinnen deutlich schlechtere Chancen auf dem Wohnungsmarkt haben als nicht-markierte Personen.
Nach Darstellung der IGMG werden Menschen mit muslimischem Hintergrund selbst bei gleicher Bonität seltener zu Besichtigungen eingeladen, erhalten weniger Rückmeldungen und leben häufiger teurer, weniger geräumig und in stärker belasteten Wohngegenden.
Die IGMG spricht von einem „strukturellen Ausschluss“ und betont, dass Merkmale wie Name, Herkunft oder sichtbare Religiosität in Deutschland oft darüber entscheiden, ob Menschen überhaupt eine Chance auf ein Zuhause bekommen.
Ein Beispiel aus dem DeZIM-Bericht, das sie hervorhebt, vergleicht zwei Frauen mit gleicher Qualifikation und identischer finanzieller Lage: Die muslimische Bewerberin hat demnach eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, keine Einladung zur Besichtigung zu erhalten, als die nicht rassistisch markierte Frau.
Der Rassismusmonitor des DeZIM-Instituts zeigt laut Mediendienst Integration, dass Betroffene ihre Möglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt schlechter einschätzen als andere. So bewerten etwa 50 % der Befragten Muslime und 49 % Schwarze ihre Chancen, eine Wohnung zu finden, als sehr gering – gegenüber 25 % unter nicht rassistisch markierten Personen.
Experimente mit Wohnungsbewerbungen machen diese Ungleichbehandlung messbar: BewerberInnen mit deutsch klingenden Nachnamen haben demnach mit 22 % die höchste Wahrscheinlichkeit, zu einer Besichtigung zu kommen, während solche mit Namen aus der MENA-Region oder afrikanischen Ländern deutlich seltener eingeladen werden.
Eine Testing-Studie der Beratungsstelle gegen Alltagsrassismus zeigte zudem, dass die Hälfte der Anbieterinnen ausschließlich auf Anfragen mit deutschen Namen reagierte.

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Neben der Zugangshürde verweisen die Daten auch auf ungleiche Wohnbedingungen und -kosten. Laut Statistischem Bundesamt zahlen Ausländerinnen im Durchschnitt rund 9,5 % höhere Quadratmetermieten als deutsche Mieterinnen; auch nach mehr als 20 Jahren Wohndauer liegt die Durchschnittsmiete für sie noch um gut 9 % höher.
Gleichzeitig lebt ein Viertel ohne deutschen Pass in Wohnungen mit weniger als 60 Quadratmetern, während dies nur auf 12 % der Menschen mit deutschem Pass zutrifft.
Die IGMG verweist darauf, dass Wohnraum mehr sei als vier Wände, sondern ein Ort der Sicherheit, des Ankommens und der Würde – ein Anspruch, der in der islamischen Tradition eng mit Gerechtigkeit verknüpft sei. Ein geschütztes Zuhause gelte demnach als Teil der von Gott gegebenen Würde, die allen Menschen zustehe.
Formell soll das AGG vor Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt schützen, Verbände und Fachstellen kritisieren jedoch laut Mediendienst Integration erhebliche Lücken. Betroffene könnten ihre Rechte häufig nicht wirksam durchsetzen; zudem unterliegen Vermieterinnen mit weniger als 50 Wohnungen weniger strengen Vorgaben, obwohl zwei Drittel aller Mietwohnungen von privaten Kleinvermietern vermietet werden.
Vor diesem Hintergrund forderte die IGMG seine Reform, damit Betroffene rassistischer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ihre Rechte effektiver durchsetzen können.
Die Verantwortung ende nicht bei Appellen, so die Organisation. Wenn Menschen allein wegen ihres Namens oder ihrer Religion systematisch benachteiligt würden, untergrabe dies nicht nur das Vertrauen der Betroffenen, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Demokratie.