Zahl der Todesopfer steigt auf 60

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Khartum (dpa/iz). Nach dem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte im Sudan gegen Demonstranten ist die Zahl der Todesopfer auf 60 gestiegen. Dies teilte ein Ärzteverband am Mittwoch auf Facebook mit. Zuvor hatte dieser von 35 Toten gesprochen.
Demnach wurden zudem mehr als 300 Menschen verletzt. Die genaue Zahl sei aber schwer festzulegen, da die Kommunikation mit den Verletzten und den Krankenhäusern unter anderem durch das Abschalten des Internets in vielen Landesteilen sehr schwer sei.
Sicherheitskräfte waren am Montag mit Gewalt gegen eine wochenlange Sitzblockade in Khartum vorgegangen, die maßgeblich zum Sturz des Präsidenten Omar al-Baschir beigetragen hatte. Dieser wurde im April nach drei Jahrzehnten an der Macht vom Militär abgesetzt. Die Streitkräfte rangen seit dem Putsch mit der Opposition um die Bildung einer Übergangsregierung, die Verhandlungen brachen jedoch jüngst zusammen.
Die Gewalt des Militärs gegen die zivile Opposition im Sudan ist unterdessen auf verhaltene Kritik der Vereinten Nationen gestoßen. Der Sicherheitsrat ließ sich am Dienstagabend (Ortszeit) zwar in einer Sondersitzung über die Lage informieren, konnte sich aber nicht zu einer gemeinsamen Erklärung aller Mitglieder durchringen. Das lag unter anderem am Widerstand Chinas, Russlands und Kuwaits. Stattdessen verurteilten acht derzeitige und frühere EU-Mitglieder im UN-Sicherheitsrat in einer gemeinsamen Erklärung die Gewalt von Sicherheitskräften gegen Zivilisten.
„Diese Angriffe gefährden den wichtigen Übergangsprozess“, hieß es in der am Dienstagabend (Ortszeit) in New York vorgelegten Erklärung. Das Papier fordert ein sofortiges Ende der Gewalt. Der Erklärung der fünf derzeitigen EU-Mitglieder im Sicherheitsrat – Belgien, Frankreich, Deutschland, Polen und Großbritannien – schlossen sich die vorherigen Sicherheitsratsmitglieder Italien, Schweden und Niederlande an. Zuvor hatte der Sondergesandte Nicholas Haysom die 15 Mitglieder hinter verschlossenen Türen in New York über die Lage in dem afrikanischen Land informiert.
Die Militärführung im Sudan ließ Demonstrationen niederschlagen, dann kündigte sie alle Vereinbarungen mit der zivilen Opposition für eine friedliche Machtübergabe auf. Stattdessen solle innerhalb von sieben Monaten gewählt werden, teilte der militärische Übergangsrat am Dienstag mit. Zuvor war die Rede von neun Monaten. Angesichts der innenpolitischen Krise warnen Experten vor Spaltungen innerhalb der Sicherheitsorgane, weiterer Gewalt bis hin zum Bürgerkrieg sowie der Einflussnahme mächtiger regionaler Akteure.
Die Opposition rief zu zivilem Ungehorsam und friedlichen Protesten auf, international hagelte es Kritik. Die Regierungen der USA, Norwegens und Großbritanniens veröffentlichten eine gemeinsame Stellungnahmen, in der sie das Verhalten der sudanesischen Militärführung verurteilen. „Indem sie diese Angriffe befohlen hat, hat die Militärführung den Transformationsprozess und den Frieden im Sudan aufs Spiel gesetzt“, heißt es in dem Statement der Troika.
Die drei Länder verlangten ferner, dass alle mit der Opposition getroffenen Vereinbarungen, insbesondere zur Bildung einer zivilen Übergangsregierung, eingehalten werden sollen. „Das Volk des Sudans verdient einen von Zivilpersonen geleiteten, geordneten Übergang, der die Voraussetzungen für freie und faire Wahlen schaffen kann, statt eiliger Wahlen, die von den Sicherheitskräften verordnet werden“, heißt es in dem Papier.
Nach drei Jahrzehnten an der Macht war der sudanesische Präsident Omar al-Baschir im April von den Streitkräften gestürzt worden. Dem Putsch waren monatelange Massenproteste vorausgegangen. Der große Flächenstaat im Nordosten Afrikas mit 41 Millionen Einwohnern gehört zu den 25 ärmsten Ländern der Welt und steckt in einer schweren Wirtschaftskrise, was die Proteste ausgelöst hatte. Seit dem Putsch rangen das Militär und die Opposition um die Bildung einer Übergangsregierung. Die Gespräche brachen kürzlich zusammen, da sich beide Seiten nicht einigen konnten, wer die Regierung leiten sollte.
Für die Unterdrückung der Proteste am Montag machten viele nicht die Armee, sondern die berüchtigten Schnellen Einsatztruppen (RSF) verantwortlich. Die paramilitärische Truppe wird von Mohammed Hamdan Daglu (genannt Hemeti) geleitet, dem zweiten Mann im Übergangsrat.