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Deutsche sind weniger tolerant als 2019

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Deutsche Welten: Das Vielfaltsbarometer 2025 zeigt, dass Skepsis gegenüber Religion und Herkunft wächst. Der Toleranzindex fällt deutlich im Vergleich zu 2019. Studienautoren fordern mehr Demokratie-Arbeit – auch in den Kommunen.

Stuttgart (KNA) Die Deutschen sind laut einer Studie heute weniger tolerant als noch vor fünf Jahren. Bei einer am Dienstag in Stuttgart veröffentlichten Umfrage der Robert-Bosch-Stiftung sagten lediglich 34 Prozent, dass sie Vielfalt bei der Religion als Bereicherung erachteten – und gerade 56 bei der ethnischen Herkunft. 2019 waren dies mit 44 sowie 73 Prozent noch deutlich mehr. Von Matthias Jöran Berntsen

Insgesamt wurden beim sogenannten Vielfaltsbarometer sieben Kategorien erfasst: Er ist eine repräsentative Befragung und misst Einstellungen zu Lebensalter, Behinderung, Geschlecht, sexueller Orientierung, wirtschaftlicher Schwäche, ethnischer Herkunft sowie Religion.

Aus allen Themenfeldern berechnen die Studienautoren einen Durchschnitt. Auch dieser „Vielfaltsgesamtindex“ fiel von 68 Punkten im Jahr 2019 auf aktuell 63 Punkte.

Am stärksten war die Akzeptanz von Vielfalt in den Bereichen Behinderung (82 zu 83 im Jahr 2019) und Geschlecht (74/69). Die Forschenden führen die auffallend geringe Akzeptanz von Religion auf vielfache Skepsis gegenüber dem Islam zurück, welche darin Ausdruck finde.

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35 Jahre nach der Deutschen Wiedervereinigung konnten die Autoren in der Gesamtbilanz keinen spezifischen Ost-West-Unterschied mehr feststellen. „Der Westen hat sich dem Osten stark angenähert“, sagte Studienleiterin Regina Arant. Hintergrund sei ein starker Toleranzrückgang in Stadtstaaten und westdeutschen Flächenländern.

Im Vergleich zwischen den Bundesländern macht die Befragung aber weiterhin Unterschiede deutlich. So zeigen die Menschen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mit je 65 auf einer Skala bis 100 den höchsten Wert für die Akzeptanz von Vielfalt. Das Saarland und Hamburg folgten mit 64.

Mit 63 genau im Bundesdurchschnitt lagen Niedersachsen, Bremen, Berlin, Bayern und Rheinland-Pfalz. Hessen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Baden-Württemberg erreichten den Wert von 62. Thüringen und Sachsen mit 60 sowie Mecklenburg-Vorpommern mit 59 erzielten in der Befragung die niedrigsten Werte.

Als Grund sinkender Toleranz verweisen die Studienautoren und -autorinnen auf ein Zusammenspiel unterschiedlicher globaler Krisen wie Corona, Krieg und Rezession. „Viele Menschen fühlen sich aktuell verunsichert oder überfordert. Verlustängste führen dazu, dass Abgrenzung als vermeintlicher Schutz empfunden wird“, betonte die Leiterin Globale Fragen bei der Bosch Stiftung, Ottilie Bälz.

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Der Co-Studienautor Ferdinand Mirbach fordert mit Blick auf die negative Entwicklung Politik und gesellschaftliche Verantwortungsträger zum Handeln auf. Es gelte etwa, vor Ort in den Kommunen mehr Islam-Kompetenz aufzubauen und gezielter für die Werte der Demokratie und Menschenwürde zu werben.

Auch plädierte er für eine besondere Empathie für Menschen aus Ostdeutschland. Diese hätten aus individuellen Erfahrungen heraus berechtigte Gründe für einen kritischen Blick auf gesellschaftliche Zustände. „Wir müssen anerkennen, dass es Menschen gibt, die aus guten Gründen ein Stück weit kritisch sind.“

Für die Umfrage wurden laut Bosch-Stiftung im Mai rund 4.800 deutschsprachige Personen ab 16 Jahren online befragt – darunter waren etwas mehr als 1.000 Menschen mit Migrationsgeschichte.

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