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Die Eskalation des Grauens

Ausgabe 360

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Frauen und Kinder stehen mit Töpfen in einer Schlange, während Freiwillige Nahrungsmittel verteilen. (Foto: Shutterstock)

Das Drehen an der Eskalationschraube: Mitten in der Hungerkrise begann eine neue Bodenoffensive in Gaza.

(iz, KNA). Internationale Hilfsorganisationen haben massive Kritik an einer Blockadepolitik Tel Avivs und die Folgen für die Zivilisten in Gaza geübt. Sie forderten Israel am 2. Mai dazu auf, völkerrechtlichen Verpflichtungen für die Erfüllung von Grundbedürfnissen der Menschen im Gazastreifen nachzukommen.

Hilfsorganisation beklagen Eskalation

In einem gemeinsamen Pressegespräch erklärten Vertreter von Oxfam, Save the Children, dem Norwegian Refugee Council und dem Netzwerk palästinensischer Nichtregierungsorganisationen (PNGO), Israel bringe die Zivilbevölkerung durch eine Lebensmittelkrise gezielt in Not und setze Hunger als Mittel im Krieg ein.

Seit mehr als zwei Monaten sind alle Grenzübergänge geschlossen, wodurch die Einfuhr von lebenswichtiger humanitärer Hilfe und Handelsgütern blockiert wird.

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Vor allem Kinder und schwangere Frauen seien von Nahrungsmangel und Hunger betroffen, betonte Ghada Alhaddad, Pressesprecherin von Oxfam in Gaza. Wie Gavin Kelleher, Leiter für humanitären Zugang beim Norwegian Refugee Council, ergänzte, fehle es neben Lebensmitteln zudem an Wasser, Treibstoff und geeigneten Unterkünften wie Zelten. Laut Aktion gegen den Hunger befinden sich außerhalb des Gazastreifens etwa 171.000 Tonnen Nahrungsmittel.

Längst seien die Hilfsbemühungen der UNO, wie ihr Hilfskoordinator Tom Fletcher am 13. Mai vor dem UN-Sicherheitsrat mitteilte, zu einem „Fast-Stillstand“ gekommen. „Seit mehr als zehn Wochen gelangt nichts mehr nach Gaza – weder Lebensmittel, Medikamente, Wasser noch Zelte. (…) Jeder einzelne der 2,1 Millionen Palästinenser im Gazastreifen ist von einer Hungersnot bedroht. Jeder Fünfte ist vom Hungertod bedroht.“

Aushungern als Kriegswaffe ist ein Verbrechen

Sowohl die Genfer Konvention von 1949 als auch das Völkergewohnheitsrecht machen deutlich, dass die Aushungerung einer Zivilbevölkerung als Mittel der Kriegsführung verboten ist. Zusätzlich erklärt das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) das Aushungern von Zivilisten zu einem Kriegsverbrechen. Laut Fletcher ist Tel Aviv nach dem humanitären Völkerrecht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Hilfslieferungen die Menschen in den von ihm besetzten Gebieten erreichen.

Die Art und Weise, wie Israel diese verteilt, mache, so Fletcher, die Hilfe von politischen und militärischen Zielen abhängig und mache Hunger zu einem Verhandlungsmittel. Vertreter weltweiter Hilfsorganisationen wie der Welthungerhilfe sehen in der Blockade des Gebiets ebenfalls eine Verletzung des Völkerrechts.

„Es ist unerträglich, zusehen zu müssen, wie Menschen zu verhungern drohen, während gleichzeitig Hunderte von Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern an den Grenzen warten müssen.”, sagte ihr Generalsekretär Mathias Mogge.

Vertreibungsphantasien Kurzmeldungen

Foto: UNRWA, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 4.0

Der physische Raum wird vernichtet

Neben den Zivilisten wurde ihr selbst ihr physikalischer Raum von der israelischen Armee vernichtet. Wie das UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge am 19. Mai mitteilte, wurden 92 % aller palästinensischen Wohnungen von der IDF zerstört. „Unzählige Menschen wurden mehrfach vertrieben und es gibt kaum Unterkünfte“, hieß es weiter. 

Einen Tag zuvor startete die Regierung in Tel Aviv unter Premier Netanjahu eine erneute Bodenoffensive. Kurz nach deren Beginn berichteten Quellen vor Ort von unzähligen Toten und Verletzten. Bereits Tage zuvor flog die israelische Luftwaffe massive Angriffe. Im Norden Gazas sind längst alle Krankenhäuser außer Betrieb.

Der deutsche Sicherheitsexperte Carlo Masala bewertete Pläne für eine dauerhafte Besetzung der Zone und die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung als „völlig völkerrechtswidrig“. Die Idee, das umkämpfte Gebiet langfristig zu kontrollieren, bezeichnete er zudem als „absolut irrational“.

Bis zum 25. Mai hatte Tel Aviv eigenen Angaben zufolge eine Infanterie- und eine Panzerbrigade eingesetzt, wie israelische Medien berichteten. Zuvor hatte die Regierung bestätigt, den gesamten Gazastreifen besetzen und dauerhaft okkupieren zu wollen.

* Mit KNA-Material.

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