Jahrelang war «Weltstadt mit Herz» der Slogan der bayerischen Landeshauptstadt. Am Hauptbahnhof machen Münchner diesem Namen alle Ehre – mit einer Welle der Hilfsbereitschaft für tausende Flüchtlinge. In den Medien und auf Twitter wird München gefeiert.
München (dpa) – Es sind Bilder, die um die Welt gehen: Berge von Lebensmitteln, Wasserflaschen, Windeln und Hygieneartikeln, die sich vor dem Münchner Hauptbahnhof türmen. Kisten mit Stofftieren für Kinder aus Syrien oder Afghanistan, die nach einer langen Flucht per Zug endlich in München angekommen sind. Ein Polizist, der einem Flüchtlingskind seine Mütze aufsetzt. Die Züge mit tausenden Asylsuchenden, sie haben am Montag und Dienstag eine Welle der Hilfsbereitschaft in der bayerischen Landeshauptstadt ausgelöst. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, er sei ausgesprochen stolz.
Hunderte Spender brachten Lebensmittel, Kleidung, Zahnbürsten, Windeln und andere Geschenke zum Hauptbahnhof. Und nicht nur das: Zahllose freiwillige Helfer verteilten sie zusammen mit Beamten und Hilfsorganisationen an die Flüchtlinge. «Wir finden das super!!!», schrieb die Polizei auf dem Kurznachrichtendienst Twitter – bis es dann sogar zu viel wurde. Schließlich teilte sie auf Twitter mit: «Bitten euch aktuell keine Sachen mehr zu bringen.» Die Spenden reichten aus.
Auf Facebook und Twitter wird München seither gefeiert. «Es gibt viele Gründe, München zu lieben. Gestern ist ein weiterer dazu gekommen», lautete am Dienstag eine von vielen Kurznachrichten. Und auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, jubelt, sie sei zutiefst beeindruckt, bewegt und «überwältigt von dem herausragenden Einsatz der Münchnerinnen und Münchner». «Die Welt sieht jetzt auf wunderbare Weise, was «Weltstadt mit Herz» bedeutet», betont sie. Knobloch erfindet sogar eine neue Bezeichnung: «Glanzlicht-Deutschland».
Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass München durch solche Aktionen positiv von sich reden macht: Kundgebungen des bayerischen Pegida-Ablegers stellten sich im vergangenen Jahr stets Gegendemonstranten entgegen. Und Anfang Februar bildeten 15 000 Menschen eine Lichterkette durch die Innenstadt – als Zeichen für Toleranz und gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Am Dienstag übertrumpfte die Münchner Hilfsbereitschaft alle anderen Nachrichten, die in Sachen Flüchtlingspolitik aus dem Freistaat kamen: etwa Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dem im Fernsehen das Wort «Neger» über die Lippen kam. Oder Sozialministerin Emilia Müller (CSU), die bei der Eröffnung des bundesweit ersten Aufnahmezentrum speziell für Balkan-Flüchtlinge vor laufenden Kameras zu einem Vater von zwei Kinder sagte: «Sie wissen aber, dass Sie zurück müssen.» Doch um die Welt gingen am Dienstag vor allem die Bilder vom Münchner Hauptbahnhof.