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Hunger am Horn von Afrika: Islamic Relief verstärkt Nothilfeaufruf

Menschen in Waaciye vor ihren improvisierten Zelten. (Foto: Islamic Relief Deutschland)

Hilfskräfte von Islamic Relief in Somalia erleben täglich, wie Kinder an Hunger sterben und wie viele weitere kurz vor dem Tod stehen, wenn sie nach tagelangem Fußmarsch auf der Suche nach Lebensmitteln in den Lagern ankommen. Teile des Horns von Afrika nähern sich jetzt einer Hungersnot, während humanitäre Hilfe durch mehr Mittel Leben retten kann.

Köln (IRD). Die Zahl der Menschen, die aus den von Dürre betroffenen Dörfern fliehen, hat sich in den letzten Wochen fast vervierfacht und in ganz Somalia fliehen inzwischen mehr als eine Million Menschen auf der verzweifelten Suche nach Nahrung und Wasser. 66 Prozent von ihnen sind laut der jüngsten Datenanalyse Kinder.

Das Horn von Afrika wird von der schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten heimgesucht, da vier aufeinander folgende Regenzeiten ausgefallen sind und die Ernten und den Viehbestand der Menschen vernichtet haben. Die letzte Regenzeit war die trockenste seit 70 Jahren.

Zusätzlich zur Dürre hat die Krise in der Ukraine die Preise für Lebensmittel und Brennstoffe auf ein Rekordniveau getrieben – mehr als 90 Prozent der Weizenlieferungen Somalias stammen aus Russland und der Ukraine, und der Preis hat sich auf vielen Märkten verdoppelt oder verdreifacht, während der Preis für Reis allein in der letzten Woche um 28 Prozent gestiegen ist. Das neue Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine scheint willkommen, hat aber für die meisten Menschen in der Region noch keine spürbaren Auswirkungen.

Deshalb ruft Islamic Relief in einem dringenden Appell dazu auf, 32 Millionen US-Dollar (ca. 31,3 Millionen Euro) aufzubringen, damit die Hilfsorganisation ihre humanitäre Hilfe für die betroffenen Gemeinden in Teilen Kenias, Äthiopiens und Somalias ausweiten kann.

Fast 20 Millionen Menschen in der Region benötigen jetzt dringend Hilfe, aber der humanitäre Appell der Vereinten Nationen ist mit weniger als ein Drittel der benötigten Mittel gedeckt. 

In den am schlimmsten betroffenen Teilen Somalias werden aktuell jeden Tag fast 4.000 Menschen entwurzelt – im Mai waren es noch 1.100 pro Tag -, wobei die Familien tagelang in brennender Hitze gehen, mit wenigen wilden Beeren als Nahrung, während sie versuchen, die schnell wachsenden Lager zu erreichen.

Kleine Kinder und ältere Menschen sind auf der Reise verhungert und verdurstet, während andere bei ihrer Ankunft so schwach und ausgemergelt sind, dass sie kaum aufstehen könnenDie Teams von Islamic Relief stellen Lebensmittel, Wasser und andere lebenswichtige Hilfsgüter bereit, aber es wird noch viel mehr Unterstützung benötigt. Auch setzen lokale Teams Brunnen und Wasserbohrlöcher in weiteren Projekten der Entwicklungszusammenarbeit instand und statten sie aus, um Mensch und Tier mit sauberem Trinkwasser zu versorgen.

Aliow Mohamed, Landesdirektor von Islamic Relief in Somalia, besuchte kürzlich einige Lager in Baidoa, Südsomalia, wo 500.000 Vertriebene untergebracht sind. Er berichtet:

„Was wir hier sehen, übersteigt unsere Vorstellungskraft, es ist ein Albtraum. Wir sehen Kinder, die vor unseren Augen an Hunger und Krankheit sterben und andere, die nur von einer Handvoll winziger Wildfrüchte leben, die kaum einen Nährwert haben. Wir treffen trauernde Eltern, die ihre Kinder auf dem Weg verloren haben und Frauen, die ohne jegliche medizinische Versorgung oder sauberes Wasser entbunden haben.
Jeden Tag kommen Hunderte von Menschen hier an. Viele von ihnen haben seit mehreren Tagen nichts mehr gegessen und stehen bei ihrer Ankunft kurz vor dem Tod. Wenn sie dann hier ankommen, ist die Situation in den Lagern schrecklich – es gibt kaum Nahrung, Trinkwasser oder Latrinen und Krankheiten breiten sich sehr schnell aus. Kinder sterben an akutem Durchfall oder bekommen Hautkrankheiten wie Krätze, weil es an sauberem Wasser mangelt. Die Menschen hier brauchen dringend mehr Hilfe.” 

Jowhara Mo’allim Harad, 35, kam mit fünf ihrer Kinder im Lager Bulo Isack an. Eines ihrer Kinder, die 3-jährige Amina, starb während des sechstägigen Fußmarsches von ihrem Dorf aus. Sie berichtet von ihrer Reise:

„Meine Kinder haben heute nichts gegessen, außer einer Handvoll wilder Früchte. Das ist alles, was ich ihnen zum Überleben geben kann. Wir sind seit sieben Tagen hier, und es sind noch viele Menschen auf dem Weg hierher, die wegen der Dürre nach Nahrung suchen.“

Yusuf Roble, Regionalleiter von Islamic Relief für Ostafrika, sagt, dass die gesamte Wirkung von vier ausgefallenen Regenfällen vielen Menschen keine andere Wahl gelassen hat, als in die Lager zu fliehen:

„Die Menschen hier sind extrem widerstandsfähig und finden Wege, mit den unglaublichsten Notlagen fertig zu werden. Ein oder zwei schlechte Regenfälle machen das Leben sehr schwierig, aber die Menschen finden Wege, um sich zu erholen. Aber vier ausgefallene Regenfälle sind beispiellos in unserer Zeit, das gab es bisher nicht. Ihre Ernten und ihr Vieh sind gestorben, und es gibt keine Atempause von der Dürre und keine Chance, sich zu erholen. Die Menschen hier leiden an vorderster Front unter den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels.“

In den betroffenen Teilen Äthiopiens, Kenias und Somalias verteilt Islamic Relief Lebensmittel und Bargeld für die weitere Selbstversorgung, stellt Wasser zur Verfügung, impft das Vieh und behandelt unterernährte Kinder. Seit letztem Jahr hat die Hilfsorganisation 13 Millionen Dollar Spenden aus aller Welt gesammelt, um diese Maßnahmen zu unterstützen. Angesichts des Ausmaßes und der Schwere der Krise ruft sie nun zu weiteren 32 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe auf, die Leben rettet.