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Kein Ende der Gewalt: Tel Aviv startet erneute Bodenangriffe

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Foto: Corona Borealis Studio/Shutterstock

Kaum Aussicht auf Frieden in Gaza: Die Regierung in Tel Aviv setzt ihre Gewalt mit einer erneuten Bodenoffensive fort.

(iz, KNA, Amnesty International, dpa). Das israelische Militär hat in der Nacht zu Dienstag die angekündigte Angriffswelle in Gaza begonnen. Zwei Divisionen, die aus Zehntausenden Soldaten bestehen, seien in die Stadt eingerückt und kontrollierten rund 40 % des Stadtgebiets, erklärte die IDF.

Drei zusätzliche sollen für „Rückendeckung“ gesorgt haben. Ziel sei es, verbliebene Kräfte der Hamas einzukreisen und zu besiegen. Nach eigenen Aussagen halten sich noch 600.000 Zivilisten in der Stadt auf. Der erneute Angriff begann Mitte September 2025 mit einer massiven Ausweitung sowohl der Luftangriffe und des Artilleriebeschusses.

Es gibt Bestrebungen ultrarechter Koalitionspartner von Ministerpräsident Netanjahu, den 2005 von Israel geräumten Küstenstreifen dauerhaft wieder zu besetzen und zu besiedeln. Sie streben eine Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung an.

Ein solcher Schritt könnte die fortschreitende internationale Isolation Israels noch dramatisch verschärfen. Zuletzt hatten mehrere Länder und auch der UN-Generalsekretär António Guterres angesichts der dramatischen Lage im Gazastreifen die israelische Regierung dazu aufgerufen, von einer Bodenoffensive in der Stadt Gaza abzusehen.

Palästinensische Frauen bringen ihre unterernährten Kinder am 13. September 2025 in die Ambulanz des Nasser-Krankenhauses in Khan Yunis im südlichen Gazastreifen. (Foto: Anas-Mohammed/Shutterstock.com)

Berichte von einem dramatischen Anstieg der Opfer

Unabhängige Agenturen und Medien sprachen von heftigen Bombardements während der Nacht und des Vormarschs von Panzern in urbane Gebiete – viele sind bereits auf der Flucht, während vor Ort ein dramatischer Anstieg ziviler Opfer gemeldet wird.

Kritische Stimmen verweisen auf das hohe Ausmaß der Zerstörung: Häuser wurden laut Augenzeugen und palästinensischen Berichten vollständig zerstört, medizinische Notversorgung ist an den Grenzen ihrer Kapazität, mehrere Krankenhäuser operieren bereits nur eingeschränkt.

Hilfsorganisationen vor Ort warnen angesichts fehlender Rückzugsmöglichkeiten für die Zivilbevölkerung und wiederholter Angriffe auf Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser vor einer humanitären Katastrophe.

Die UN und verschiedene internationale Organisationen äußerten erhebliche Sorge über die steigende Zahl ziviler Opfer und betrachten das israelische Vorgehen als unverhältnismäßig; in einzelnen Stellungnahmen ist von „möglichen schweren Völkerrechtsverletzungen“ die Rede.

Proteste der Geisel-Angehörigen

Unterdessen protestierten Verwandte der von der Hamas festgehaltenen israelischen Entführtern vor dem Jerusalemer Sitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gegen die Offensive. „Dies könnte die letzte Nacht im Leben der Geiseln sein“, hieß es in einer Erklärung.

Verteidigungsminister Katz schrieb indes in einem Social-Media-Beitrag: „Gaza brennt, die israelische Armee greift die Terrorinfrastruktur mit eiserner Faust an.“ Und weiter: „Wir werden nicht nachlassen, bis die Mission abgeschlossen ist.“ 

US-Außenminister Rubio erklärte dazu bei diplomatischen Gesprächen in Jerusalem, es bleibe „nur noch ein sehr kurzes Zeitfenster“ für ein Abkommen zwischen den Kriegsparteien.

Menschenrechtler gingen bereits vorab von enormen zivilen Verlusten aus

Israel müsse unverzüglich seine eskalierenden Angriffe auf Gaza-Stadt einstellen und seine Pläne zur Vertreibung von Hunderttausenden Einwohnern aufgeben, schrieb Amnesty International bereits am 5. Januar. Sie würden das „ohnehin schon unterträgliche“ Leid angesichts „der gezielten Hungerpolitik Israels und seines anhaltenden Völkermords an den Palästinensern im besetzten Gazastreifen“ noch verschlimmern.

„Israel setzt seinen grausamen und tödlichen Angriff auf Gaza-Stadt unter völliger Missachtung der palästinensischen Zivilbevölkerung fort, inmitten einer von ihm selbst verursachten Hungersnot, und trotzt damit den wiederholten Aufrufen von humanitären und Menschenrechtsorganisationen, UN-Beamten und führenden Politikern weltweit, seine Angriffe einzustellen. Damit offenbart Israel seine erschreckende Entschlossenheit, seinen Völkermord an den Palästinensern in Gaza fortzusetzen“, sagte Erika Guevara Rosas, Senior Director für Forschung, Advocacy, Politik und Kampagnen bei Amnesty International vor 11 Tagen.

Nach Einschätzung von Beobachtern wird angenommen, dass der Angriff Israels auf Gaza-Stadt die bestehende Besetzung festigen und eine erneute gewaltsame Vertreibung von Hunderttausenden palästinensischer Zivilisten nach sich ziehen könnte, wodurch weitere Todesfälle und Zerstörungen zu erwarten seien.

Es wird darauf hingewiesen, dass eine solche Vertreibung innerhalb oder außerhalb des Gazastreifens nach Auffassung dieser Stimmen einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellen und als Kriegsverbrechen in Form einer unrechtmäßigen Überstellung oder Deportation gewertet werden könnte.

Ferner werde befürchtet, die militärische Aktion könne das Leben israelischer Geiseln gefährden und die Chancen auf deren sichere Rückkehr zu ihren Familien schmälern.

Rotes Kreuz: Gaza kann nicht evakuiert werden

Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ist es unter den gegenwärtigen Bedingungen unmöglich, eine Massenevakuierung der Stadt Gaza in einer Weise durchzuführen, die mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar ist.

Die Mehrheit der vertriebenen Palästinenser wurde bereits mehrfach gewaltsam vertrieben und lebt in schmutzigen, überfüllten Notlagern, in denen ihre grundlegendsten Bedürfnisse nicht gedeckt werden. Viele haben keinen sicheren Ort, an den sie sich begeben können, oder sind aufgrund von Unterernährung, Krankheit, Verletzungen oder Behinderungen nicht in der Lage, das Gebiet zu verlassen.

Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) befanden sich am 27. August über 86 % des Gazastreifens innerhalb der von Israel militarisierten Zone oder unter Evakuierungsbefehl.

„Immer wieder hat die Welt tatenlos zugesehen, wie Israel sich über die grundlegendsten Prinzipien der Menschlichkeit hinweggesetzt hat. Die Staaten dürfen nicht weiter tatenlos zusehen, wie Israel seinen dreisten Plan zur Vernichtung und vollständigen Kontrolle über Gaza-Stadt fortsetzt und damit weiteres Blutvergießen, Zerstörung, Vertreibung und Leid über die palästinensische Zivilbevölkerung bringt“, sagte Erika Guevara Rosas.

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