Fetisch Kopftuch. Österreich erlässt erneut Verbot

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Die österreichische Regierung hat im September 2025 ein neues Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren an Schulen erlassen. Ein entsprechender Antrag muss noch vom Parlament bestätigt werden.

(IZ/KNA). Es gilt für alle öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen und betrifft ausschließlich das islamische Kopftuch. Das Gesetz soll mit dem zweiten Semester in Kraft treten. Die neue Sanktion einer muslimischen Kopfbedeckung gilt für Mädchen unter 14 Jahren

 Also ein Alter, in dem die meisten keinen Hijab tragen. Ab dem 14. Lebensjahr, mit Beginn der sogenannten Religionsmündigkeit, dürfen junge Frauen selbst entscheiden, ob sie ein Kopftuch anziehen oder nicht.

Im Interview der „Bild-Zeitung“ sagte Österreichs Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP): „Ich möchte, dass Mädchen, egal welcher Religion, dieselben Chancen unserer freien und westlichen Gesellschaft haben. Und deswegen ist das Kopftuch bei unter 14-Jährigen für mich ein Zeichen der Unterdrückung.“

Bei Verstößen seien erst Gespräche mit dem Mädchen, dann mit den Eltern sowie Sanktionen der Jugendhilfe geplant. „Bei wiederholten Verstößen regnet es Verwaltungsstrafen“, sagte Plakolm.

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Die Ministerin stellte zudem klar, dass das Verbot zunächst nur an allen Schulen und Bildungseinrichtungen gelten soll, nicht im öffentlichen Raum. „Der öffentliche Raum ist zu Recht ein sehr gut geschützter Bereich und das ist etwas, was vermutlich auch nicht vor einem Verfassungsgerichtshof halten würde.“

Schon 2019 hatte eine Koalition aus Konservativen und Freiheitlichen ein Kopftuchverbot an österreichischen Volksschulen erlassen. Dieses hatte der Verfassungsgerichtshof als rechtswidrig aufgehoben.

Nach der Einbringung des Gesetzes in das Parlament steht die Entscheidung des obersten Richtergremiums aus. Das Gericht hatte bereits 2020 ein ähnliches Kopftuchverbot für Grundschulen für nichtig erklärt.

Bemängelt wurde damals, dass die Regelung einseitig Kinder islamischen Glaubens betraf, während religiöse Kopfbedeckungen anderer Gruppen – etwa von Jungen – nicht erfasst wurden.

Zudem wurde kritisiert, dass muslimische Mädchen durch das Verbot ausgegrenzt und ihnen der Bildungszugang erschwert werden könnte. Um diesen Einwänden Rechnung zu tragen, plant die Regierung diesmal ein Maßnahmenpaket zur gezielten Unterstützung.

Darüber hinaus sollen Eltern, Lehrkräfte, Schüler sowie die islamische Gemeinde in die Umsetzung eingebunden werden, um den Dialog über Gleichberechtigung und individuelle Selbstbestimmung zu fördern.

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Juristische Fachleute in Österreich äußern erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Kopftuchverbots. Verfassungsexperten, etwa Heinz Mayer, verweisen darauf, dass das Verbot gezielt eine religiöse Minderheit betrifft und damit den Gleichheitsgrundsatz sowie die religiöse Neutralität des Staates verletzt. Kritisiert wird auch, dass Sanktionen wie hohe Geldbußen keine langfristige Lösung seien und die Ursachen von Zwang nicht bekämpfen.

Von muslimischer Seite kommen ebenfalls deutliche Einwände. Die Islamische Glaubensgemeinschaft IGGÖ sieht durch das Verbot zentrale Grundrechte verletzt und warnt vor gesellschaftlicher Spaltung und Stigmatisierung dieser Kinder. Das Gesetz grenze aus und stärke nicht. Viele Vertreter plädieren stattdessen für Dialog und für Maßnahmen, die Selbstbestimmung und Gleichberechtigung fördern.

Ümit Vural, Präsident der IGGÖ kritisierte das Vorhaben deutlich: „Wer Mädchen pauschal die religiöse Selbstbestimmung abspricht, verfehlt den Kern des Kinderschutzes.“ Er warnte zudem vor einer Instrumentalisierung des Kindeswohls und betonte, dass solche Verbote Grundrechte verletzen und junge Musliminnen verunsichern.

Farid Hafez ist österreichischer Politologe, der derzeit in den USA lehrt und forscht. Er ist aber langjähriger Kommentator der Islampolitik seiner Heimat. „Das Kopftuchverbot ist ein Non-Issue, da das Tragen einer Kopfbedeckung in dem Alter nicht die Realität widerspiegelt.“

Er warnte vor einer desintegrativen Wirkung auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und sieht das Verbot als Ablenkung von dringend nötigen sozialen Reformen.

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