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Chaos-Studie: Muslimische Lehrer fordern einen Stopp

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Dokumentation: Pressemitteilung des Verbands Muslimischer Lehrkräfte zum Stopp einer aktuellen Studie. (VML). „Als Verband Muslimischer Lehrkräfte (VML) halten wir aufgrund der zahlreichen Mängel der Studie über den Islamischen Religionsunterricht (IRU) […]

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Umstrittene „Chaos“-Studie: Antimuslimische Vorurteile, Suggestivfragen, methodische Fehler

Zuwanderungsgeschichte studie religiös

Muslimische Verbände, Lehrerverband und Eltern Netzwerk fordern sofortigen Stopp – trotz massiver Kritik soll bedenkliche Khorchide-Studie offenbar noch weiterlaufen. Fachkritik auch von der „Deutschen Gesellschaft für Islamisch-Theologische Studien (DEGITS)“ zu ähnlicher Studie aus Münster über Studierende der Islamischen Theologie

(iz). Das NRW Bildungsministerium hat zur Evaluation des Islamischen Religionsunterrichts (IRU) eine Studie in Auftrag gegeben. Die laut Ministerium geplante Verlängerung des seit dem Schuljahr 2012/2013 etablierten Erfolgs- und Vorzeigeprojekts IRU um zehn Jahre stehe bald an. Dazu gehöre für die politischen Entscheider eine Auswertung der bisherigen Arbeit. Seit Beginn der unangekündigten Studie hagelt es aber massive inhaltliche und methodische Kritik. 

Und die Forderung nach einem umgehenden Stopp werden von Elternseite, Lehrerverband und muslimischen Organisationen immer lauter. 

Die fehlende Einbindung und Information der relevanten Gruppen und Organisationen im Vorfeld wird inzwischen auch in Düsseldorf offenbar als Fehler angesehen. Insbesondere die bedenklich unwissenschaftlichen Ausarbeitung der Umfrage für muslimische Schüler und IRU-Lehrer, stellt aber den Hauptkritikpunkt u.a. für muslimische Verbände (siehe unten), das bekannte NRW Elternnetzwerk und den größten muslimischen Lehrerverband Deutschlands, den Verband Muslimischer Lehrkräfte (VML) dar.

Die Studie unter Leitung von Professor Khorchide vom Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster sei ein fragwürdiges Sammelsurium an altbekannten antimuslimischen Vorurteilen, Stereotypen und Rassismen über den Islam und Muslime, welche zum Beispiel durch Suggestivfragen („Stimmst du zu, dass…“) und höchst bedenkliche Antwortmöglichkeiten („Homosexualität ist eine Krankheit, die geheilt werden kann“) unter die muslimischen Schülerinnen und Schüler gebracht werden.

Die wenigsten Fragen beschäftigen sich mit dem eigentlich vom NRW Bildungsministerium vorgesehenen Untersuchungsgegenstand, dem Islamischen Religionsunterricht (IRU). Teilweise wirken die Fragen wie ein Gesinnungstest zur Überprüfung von bedenklichen Vorstellungen aus dem Bereich der antimuslimischen Hetze.

Studie birgt massive methodische Fehler

Eklatante methodische Fehler tun ihr übriges die zukünftigen Ergebnisse der Khorchide-Studie – wenn sie überhaupt angesichts solcher Mängel weiter läuft – jetzt schon anzuzweifeln. Da zum Beispiel die bei Umfragen übliche Antwortoption „keine Angaben“ fehlt, mussten bisher auch Jungen und Männer die Frage zur persönlichen Diskriminierung wegen „ihres Kopftuches“ beantworten. Die logische Antwort „nein“ verzerrt allein hier massiv den tatsächlichen Wert von Islamfeindlichkeit gegen Frauen mit Kopftuch, die bereits an der Studie teilgenommen haben.

Zu der mittlerweile als „Chaos“-Studie bezeichneten laufenden Evaluierung des IRU äußerten sich bereits in der vergangenen Woche eine Reihe von Beteiligten und Fachexperten vertraulich mit vernichtenden Worten: „unwissenschaftlicher Blödsinn“, „peinlich für die Auftraggeber, die dafür Geld ausgeben“, „antimuslimische Vorurteile im Deckmantel einer Studie“ etc. Das Festhalten an ihrem Fortgang würde ein „Armutszeugnis für das Bildungsland NRW“ sein und dessen Umgang mit dem seit Jahren anerkannten und qualitativ hochwertigen Islamischen Religionsunterricht (IRU).

Krisensitzung: Bildungsministerium lud IRU-Lehrer zum Dialog über die Studie

In einer wegen des großen Gegenwinds von Lehrkräften, Experten und Verbänden eilig vom Ministerium anberaumten Videokonferenz für IRU-Lehrer am vergangenen Donnerstag (02.05.2024) versuchte man erfolglos, mit Prof. Khorchide die zahlreichen inhaltlichen, methodischen und formalen Kritikpunkte zu entkräften.

Denn welchen Wert hätten beispielsweise die bisherigen Umfrage-Rückläufe, wenn erst jetzt im laufenden Prozess Anpassungen zur methodischen Fehlerbeseitigung vorgenommen werden und die bisherigen Rückläufe damit hinfällig, weil nicht mehr vergleichbar seien. Von den großen inhaltlichen Mängeln ganz zu schweigen.

Die angebliche Beantwortungsquote von bis zu einem Drittel seitens der IRU-Lehrer vaporisierte sich noch während der laufenden Sitzung und ließ Khorchide konsterniert zurück, als verschiedene Teilnehmer angaben, den Fragebogen zur Analyse der Methodik und zur Sichtung der Fragen mehrmals (teilweise bis fast zu einem Dutzend Mal) ausgefüllt zu haben.

Unabhängig davon stellt sich die wichtige Frage, wie eine Umfrage mit einem frei auf WhatsApp, Email & Co. zirkulierenden Link überhaupt gesicherte Ergebnisse einer bestimmten Zielgruppe liefern soll. Die erhofften Umfrage-Ergebnisse bei rund 300 IRU-Lehrkräften in NRW können so willkürlich von jedem übel Gesinnten anti-muslimisch beeinflusst werden. Abgesehen vom grundsätzlichen Problem, dass die inhaltlichen Fragen und Antwortmöglichkeiten dieser Studie an sich schon ein negatives Framing in Bezug auf den Islam transportieren und keineswegs wissenschaftlichen Standards genügen.

Für großes Stirnrunzeln – da die Studie noch läuft – sorgte offenbar die Ankündigung, des anscheinend die Zukunft vorwegnehmenden Professors, dass die Ergebnisse der Studie gut sein werden. Oder die Taktik bestand lediglich darin, die vielfältige berechtigte Kritik an dieser unwissenschaftlichen Studie zu beruhigen, was offenkundig nicht gelang.

Einstellung der Studie von Eltern, Lehrern und Verbänden gefordert

Das Elternnetzwerk NRW bemängelte bereits Anfang letzter Woche (30.04.2024) in einer vielbeachteten Stellungnahme mit dem Verband Muslimischer Lehrkräfte (VML) zusätzlich die fehlende Einholung einer elterlichen Einverständniserklärung zur Umfrage, die bei anderen Studien üblich seien oder zumindest eine Vorab-Information. Warum werden außerdem den Schulkindern persönliche Fragen gestellt wie zu deren muslimischen oder nicht-muslimischen Freundeskreis? Was habe dies mit einer Auswertung zur Qualität des Islamischen Religionsunterrichts zu tun?

Interessant übrigens, dass der dritte Unterzeichner der Stellungnahme (aktualisierte Ursprungsmeldung in der Presse), das Netzwerk Lehrer mit Zuwanderungsgeschichte (LMZ) – initiiert 2007 vom Schul- und Integrationsministerium – nach der Veröffentlichung aufgrund politischen Drucks seine Unterschrift zurückziehen musste, wie kolportiert wird.

Was bleibt: Aufgrund der Vielzahl an gravierenden methodischen und inhaltlichen Fehlern, die keine validen wissenschaftlichen Ergebnisse ermöglichen, müsse die Studie in jedem Fall dringend eingestellt und eine geeignetere Stelle für eine wirklich wissenschaftliche Evaluation gefunden werden, bei frühzeitiger Einbindung aller Stake-Holder (muslimische Lehrer, Eltern, Verbände) in die Erstellung einer neuen Studie.

Die Einstellung der laufenden Studie fordern laut Pressemeldung auch die Islamischen Religionsgemeinschaften in NRW (IRG NRW), die Landesreligionsgemeinschaften der DITIB, der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD) sowie der Union der Islamisch-Albanischen Zentren in Deutschland (UIAZD) in einer gemeinsamen Stellungnahme an das NRW Schulministerium.

Überraschend kündigte Münster aber vielmehr eine zweite Studienrunde mit qualitativen Interviews an, welche ab September 2024 durchgeführt werden sollen. Auch in Düsseldorf mag jedoch die Frage aufkommen, welche IRU-Lehrkraft sich angesichts einer derart katastrophalen quantitativen Untersuchung ernsthaft bereit erklären würde, bei einer folgenden empirischen Untersuchung aus demselben Haus als Interviewpartner teilzunehmen.

Verwirrung an den NRW Schulen

Dass die Studie gänzlich freiwillig sei, werde – so verschiedene Rückmeldungen von Lehrern in den Sozialen Medien – seitens der Schulleitungen nicht immer kommuniziert. Und viele IRU-Lehrer sind von ihren Schulleitungen bis heute weder über die Studie, noch über den Video-Konferenztermin mit dem Ministerium in der letzten Woche informiert worden.

Die uneinheitlichen Anschreiben der Studienersteller und des Ministeriums machen den Schulen, Lehrern und Schülern außerdem schwierig deutlich, für welche Altersgruppe die Umfrage überhaupt vorgesehen sei. So gebe es zum Beispiel sogar eine Rückmeldung von einer Grundschule, wo die Studie mit Schülern durchgeführt wurde.

Auf der anderen Seite ließen laut Informationen eine Reihe von Lehrern und Schulleitungen die Beantwortung der mangelhaften Studie aufgrund der zahlreichen offensichtlichen Fehler abbrechen. Ein mit der Umfrage vertrauter Studienrat fand deutliche Worte: „Jeder Oberstufenschüler würde für so ein Studiendesign eine Sechs bekommen. Und einem Professor lässt man so etwas für Steuergeld durchgehen? Unfassbar.“

Den Bock zum Gärtner gemacht?

Die NRW-Politik und das Bildungsministerium betonten bisher stets stolz, dass der bekenntnisorientierte Islamische Religionsunterricht mit seinen hochqualifizierten IRU-Lehrern ein NRW Erfolgsmodell, Vorbild für andere Bundesländer und unabhängig davon, ein verbürgtes Recht der deutschen Muslime sei.

Warum das Bildungsministerium in Düsseldorf sich für eine so wichtige Aufgabe wie die Evaluierung des Islamischen Religionsunterrichts in NRW ausgerechnet, den bereits in der Vergangenheit umstrittenen Lehrstuhlinhaber Khorchide ausgesucht hat, bleibt daher offen. Er war schon in Österreich während seiner viel kritisierten und wegen mutmaßlicher Mängel monierten Doktorarbeit über österreichische Islam-Lehrer mehr als negativ aufgefallen.

Der Österreichische Rundfunk titelte und schrieb Anfang 2009: „Bildungsforscher: Islam-Lehrer-Studie ‘wissenschaftlich unhaltbar’ und (…) ‘Massive Kritik an der Islam-Lehrer-Studie (….).“ In der Studie des Soziologen würden „in einer Art und Weise Aussagen über Einstellungen und Haltungen konstruiert, die wissenschaftlich unhaltbar sind“.

Ein Abklatsch seines damaligen Vorgehens in Österreich findet aktuell medialen Widerhall in der Präsentation von fragwürdigen Umfrage-Ergebnissen über angehende Islamwissenschaftler – die absolute Mehrheit davon aus seinem Institut, wo auch diese Studie herstammt.

Dabei scheint Khorchide zu übersehen, dass er als Kollateralschaden eigentlich auch die vermeintliche Qualität seiner eigenen Lehrerausbildung massiv in Frage stellt. Denn wenn solche Einstellungen tatsächlich auch an der Universität Münster nach seinen Seminaren und seinen Vorlesungen bei seinen Studenten und angehenden Staatsdienern, am Lehrstuhl unter seiner Führung, vorhanden seien, wäre eigentlich der logische Schluss, von seiner staatlich finanzierten Stelle als Leiter des Lehrstuhls der Universität Münster zurückzutreten.

Nach einem vernichtenden wissenschaftlichen Gutachten des Koordinationsrates der Muslime (KRM) über seine Arbeit war es eigentlich Ende 2013 fast schon so weit.

Die renommierte „Deutsche Gesellschaft für Islamisch-Theologische Studien (DEGITS)“ äußerte heute (5. Mai 2024) in einer seltenen Stellungnahme „große Bedenken“ und „Zweifel hinsichtlich der Belastbarkeit Ihrer Daten“ in Bezug auf die Münsteraner Studie über Studierende der Islamischen Theologie und Religionslehrer.

Für den DEGITS-Vorstand sehen Prof. Dr. Mira Sievers, Prof. Dr. Idris Nassery, Prof. Dr. Rana Alsoufi, Dr. Betül Karakoç-Kafkas und Dr. Mark Chalîl Bodenstein in der Studie „Schwarz-weiß Formulierungen der Fragen und Vorannahmen“, indem z.B. dichotome Gegensätze dargestellt würden, während islamische Traditionen der Meinungsvielfalt und Ambiguitätstoleranz keine Verwendung finden. Außerdem sei unter forschungsethischen Gesichtspunkten die Diskrepanz zwischen der ursprünglichen Anfrage an die Studierenden und der tatsächlichen Forschungsfrage bedenklich.

Versuch, den IRU vom Erfolgs- zum Auslaufmodell zu machen?

Bei der mangelhaften laufenden Umfrage an Schulen mit IRU-Lehrern und muslimischen Schülern befürchten Insider, werde möglicherweise versucht, mit den invaliden Daten der Studie, basierend auf den erwähnten unwissenschaftlichen Suggestivfragen und erschreckenden vorgegebenen Antwortmöglichkeiten, den Islamischen Religionsunterricht (IRU) zu diskreditieren und mittelfristig abzuschaffen.

Die Idee, statt des grundgesetzlich verbürgten Religionsunterrichts einen allgemeinen Ethikunterricht einzuführen, wurde nicht zuletzt auch von Prof. Khorchide in der Vergangenheit selbst in den Raum geworfen. 

Der Leiter der „Chaos“-Studie darf – so erscheint es neutralen Beobachtern – dank seiner Dauerfans aus der Politik mitentscheiden, wie lange es noch mit dem IRU weiter geht. Die Religionsfreiheit in Deutschland oder redliche Wissenschaft im Dienste der Forschung scheinen dabei keine entscheidenden Variablen zu sein. 

Vielleicht nehmen die Entscheider in Düsseldorf aber den Marshallstab endlich wieder selbst in die Hand, indem sie die berechtigte konstruktive Kritik der unzähligen Experten ernstnehmen und sich an die weisen Worte aus Österreich erinnern. Die Empfehlung für die Politik bezüglich Khorchides Arbeit war dort ziemlich eindeutig: Wer auf dieser Grundlage handeln wolle, „macht aus schlechter Wissenschaft schlechte Politik“.

Fast eine halbe Millionen muslimische Schulkinder in NRW, deren Eltern und Hunderte muslimische IRU-Lehrinnen und Lehrer haben Besseres verdient und erwarten Verlässlichkeit sowie die Einhaltung ihrer staatsbürgerlichen Rechte seitens der Politik, gerade auch in Anbetracht der im Land um sich greifenden Islamfeindlichkeit.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre, die „Chaos“-Studie endgültig zu stoppen.

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NRW-Schulministerin Feller: „Islamischer Religionsunterricht an unseren Schulen ist wichtig“

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Düsseldorf (KNA). Vor zehn Jahren hat Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland in Deutschland islamischen Religionsunterricht eingeführt. NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) spricht im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) über ihr Ziel, Islamunterricht auszubauen, über den Einfluss des umstrittenen Moscheeverbands DİTİB auf Unterrichtsinhalte und über eine Klage des Zentralrats der Muslime gegen das Land NRW, über die am 14. Dezember verhandelt wird.

Frage: Frau Feller, zehn Jahre nach der Einführung steht Islamunterricht in NRW etwa 5 Prozent der muslimischen Schülerinnen und Schülern zur Verfügung. Wie bewerten Sie diese Zahl?

Dorothee Feller: Erst einmal bin ich froh, dass wir islamischen Religionsunterricht haben. Aber das Angebot reicht natürlich noch nicht aus, weshalb wir es weiter ausbauen wollen. Derzeit haben wir rund 370 Lehrerinnen und Lehrer für das Fach. Ein offizieller islamischer Religionsunterricht an unseren Schulen ist wichtig – auch für unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Frage: Woran hakt es, dass der Anteil immer noch so gering ist?

Dorothee Feller: Wir brauchen gut ausgebildete und interessierte Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht. Da befinden wir uns in der Aufbauphase. Ich freue mich sehr, dass nach der Universität Münster nun auch die Universität Paderborn in die Lehrerausbildung einsteigt. Das zeigt, dass wir nach vorne gehen.

Frage: Welche politische Maßnahme wollen Sie hier ergreifen?

Dorothee Feller: Wir müssen ganz grundsätzlich für den Lehrerberuf werben, da wir insgesamt zu wenig Lehrerinnen und Lehrer haben. Wir haben bereits in den Sommerferien eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die bis Ende des Jahres Maßnahmen erarbeiten wird. Aber immerhin: Die Zahlen für den islamischen Religionsunterricht steigen bereits. So haben wir an der Universität Münster heute etwa 60 Master-Absolventinnen und Absolventen.

Frage: Laut Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide, der an der Uni Münster künftige Lehrkräfte ausbildet, bräuchte es pro Jahr geschätzt 800 bis 1.200 Absolventinnen und Absolventen, um flächendeckend Islamunterricht anbieten zu können. Da tut sich doch eine sehr große Lücke auf.

Dorothee Feller: Ja, es gibt noch eine Menge zu tun, aber immerhin sind die ersten Schritte eingeleitet. Ich bin stolz, dass wir in Münster eine Universität mit einem guten Ruf in diesem Bereich haben. Dass wir jetzt in Paderborn eine zweite Universität als Ausbildungsort gewonnen haben, zeigt doch, dass wir auf dem Weg des Ausbaus sind.

Frage: Seit etwa anderthalb Jahren gibt es in NRW eine Kommission für den Islamunterricht, die unter anderem über Lehrinhalte mitentscheidet. Darin sitzen überwiegend konservative Islamverbände. Ist das ein Problem?

Dorothee Feller: Die Kommission für den islamischen Religionsunterricht vertritt die Anliegen und Interessen der islamischen Organisationen bei der Durchführung des islamischen Religionsunterrichts. Ohne diese Kommission könnten wir den Ausbau des islamischen Religionsunterrichts nicht voranbringen. Wir haben mit allen Verbänden in der Kommission Verträge geschlossen, in denen sie erklären, eigenständig und staatsunabhängig zu sein und die Verfassungsprinzipien des Grundgesetzes zu achten. Die Kommission ist offen für weitere Mitglieder. Jeder Verband, der die Voraussetzungen erfüllt, kann in die Kommission aufgenommen werden. Solange wir keine anerkannte islamische Religionsgemeinschaft haben, ist das der richtige Weg.

Frage: Wie läuft die Zusammenarbeit Ihres Ministeriums mit der Kommission?

Dorothee Feller: Die Kommission arbeitet unabhängig vom Land, so wie übrigens und selbstverständlich auch das evangelische und katholische Büro. Die Zusammenarbeit ist geprägt von Vertrauen. Es findet ein regelmäßiger Austausch statt.

Frage: Auch der Moscheeverband DİTİB ist Mitglied in der Kommission. Ihm wird vorgeworfen, der verlängerte Arm des türkischen Staats zu sein.

Dorothee Feller: Die DİTİB ist einer der größten Verbände in Nordrhein-Westfalen. Es gibt viele türkisch-stämmige Musliminnen und Muslime in unserem Land, die von der DİTİB vertreten werden. Auch der nordrhein-westfälische Landesverband der DİTİB hat unterschrieben, dass er staatsfern und auf dem Boden des Grundgesetzes handelt.

Frage: Vereinbarungen sind gut, aber bräuchte es nicht noch mehr Kontrolle, dass diese Vereinbarungen eingehalten werden?

Dorothee Feller: Der Unterricht wird in deutscher Sprache von in Deutschland ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern nach staatlichen Lehrplänen erteilt. Für einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht sind wir auf die Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften angewiesen. Ich finde, wir sollten die Religionen gleichbehandeln und ihnen nicht mit Vorurteilen begegnen. Sollten sich konkrete Hinweise ergeben, dass eine islamische Organisation gegen die vertraglichen Vereinbarungen verstößt, so wäre eine Kündigung durch die Landesregierung die absehbare Folge. Das haben wir im Blick. Bislang haben wir die Erfahrung gemacht, dass es gut läuft.

Frage: Nicht in die Kommission geschafft hat es der Zentralrat der Muslime. Warum?

Dorothee Feller: Über laufende Klageverfahren kann ich nichts sagen.

Frage: Sie erwähnen es: Der Zentralrat versucht, sich in das Gremium einzuklagen. Am 14. Dezember wird vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf verhandelt. Beschädigt das Verfahren die Kommission?

Dorothee Feller: Nein, wir leben in einem Rechtsstaat. Da kann man gegen Entscheidungen klagen, egal welcher Art. Wir tun gut daran, nicht außerhalb eines laufenden Verfahrens Dinge zu erörtern, die Gegenstand des Verfahrens sind.

Frage: Ab dem Schuljahr 2023/24 wird es in NRW flächendeckend die Möglichkeit für gemeinsamen katholisch-evangelischen Religionsunterricht geben, wenn es an Teilnehmenden für eigenständige Fächer mangelt. Gleichzeitig wollen Sie Islamunterricht weiter ausbauen. Ist das ein gutes Zeichen?

Dorothee Feller: Das dürfen wir nicht gegeneinander aufwiegen. Ich halte es für wichtig, dass wir sowohl Kindern katholischen und evangelischen Glaubens als auch islamischen Glaubens Unterricht an den Schulen anbieten. Ich persönlich finde es zwar bedauerlich, wenn immer weniger Menschen am katholischen oder evangelischen Religionsunterricht teilnehmen. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir auf islamischer Seite nichts mehr anbieten sollten. Im Koalitionsvertrag haben wir uns darüber hinaus dazu bekannt, den interreligiösen Dialog zu stärken. Das geht nur, wenn Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Glaubensrichtung Kompetenzen in ihrem eigenen Glauben erwerben.

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