Europas Islam-Debatte(n) und die Instrumentalisierung von Geschichte

„Zwei mal drei macht vier,
widewidewitt und drei macht neune,
ich mach mir die Welt,
widewide wie sie mir gefällt.“

(Titelsong von Pippi-Langstrumpf)

(iz). Meine Generation ist mit „Pippi Langstrumpf“ aufgewachsen. Auch wenn ich den erzieherischen Wert des Kinder­buch- und -filmklassikers heute für des­truktiv halte, spielte das freche ­Mädchen eine Rolle für die meisten von uns. Und weil wir heute – hoffentlich – zu Erwachsenen geworden sind, ist es wahrscheinlich, dass sich diese Geisteshaltung der kontrafaktischen Weltsicht und -gestaltung fortsetzt. Die Neigung, sich die Dinge passend zu machen, wird auch in der europäischen Grundsatzde­batte über den Islam deutlich. Relevant ist dies insbesondere in der Rückbetrachtung auf Geschichte und ihrer ideologischen Ausschlachtung für das Heute.

Die Revision der Geschichte gehört dazu
Jede Generation und jedes neue Weltbild lesen und verstehen Geschichte neu. Das mag keine anthropologische Kons­tante sein, aber es gehört zum Normalfall von „Kultur“, dass kommende Generationen zumeist „revisionistisch“ sind. Heute aber – wie in Zeiten des mittelalterlichen Stillstands – herrscht im akademischen Betrieb und in den Medien oft eine Orthodoxie, die die Re-Vision – laut Duden.de die „prüfen­de Wiederdurchsicht“ – von Geschichte zum intellektuellen Verbrechen erklärt hat.

Wenn das eine nicht stark genug ist, um das andere abzulösen, kann es zu heftigen Debatten kommen. In Deutschland gab es in den 1980er ­Jahren – kurz nach dem 40. Jahrestag des Kriegsendes – den Historikerstreit. „Der Histo­rikerstreit von 1986/87 war eine zeitge­schichtliche Debatte um die Singulari­tät des Holocaust und die Frage, ­welche Rolle dieser für ein identitätsstiftendes Geschichtsbild der Bundesrepublik Deutschland spielen soll. Auslöser war Ernst Noltes als Frage formulierte Darstellung des Holocaust als Reaktion der Nationalsozialisten auf frühere Ausrottungsmaßnahmen und Gulags in der Sowjetunion. (…) Daraus entwickelte sich eine (…) Debatte, an der ­zahlreiche deutsche Historiker, Journalisten und andere interessierte Autoren teilnahmen“, findet sich hierzu auf Wikipedia. Diese Beschreibung deckt sich mit meiner Erinnerung der Debatte.

Auch wenn wir als junge Menschen sie ­damals eindeutig auf Seiten der Gegner Noltes verfolgten, unterscheidet sie sich eindeutig von europäischen ­Islam-Debatten unserer Tage. Die Differenz zwischen dem deutschen Monumental-Streit und heute ist, dass er im Kern – mit Ausnahme der Klärung einer deutschen „Identität“ – nicht mit utilitaristischen Zielen geführt wurde.

Nutzung von Geschichte
Was man weltweit bereits vor dem 11. September 2001 und der folgenden Strategie – mit dem ungenauen Begriff eines „War on Terror“ etikettiert – erle­ben durfte, war die vorwärtsgewandte Um-Deutung von Geschichte zur Nutzung für aktuelle oder künftige Ziele.

Diese Tendenz betrifft beileibe nicht nur Islam-Debatten. So ging Götz Aly 2005 („Wie die Nazis ihr Volk ­kauften“, „DIE ZEIT“, Nr. 15) in deutschen Publikationen wie „ZEIT“, taz oder das online-Portal „Perlentaucher“ damit hausieren, dass der bundesrepublikanische Sozialstaat bis zur Agenda 2010 ein Fortsetzung der Nazi-Sozialpolitik ge­wesen sei.

Stefan Steinberg setzte sich am 2010 auf wsws.org mit der zeitlich zurückblickenden Denunziation des einstigen bundesrepublikanischen Sozialstaates auseinander: „Wer über Götz Alys Versuch, seine Kritik am deutschen Rentensystem mit Anspielungen auf die Politik der Nazis zu rechtfertigen, schockiert ist, der ist nicht mit seiner Arbeit vertraut. (…). So äußerte er gegenüber der Zeitung ‘Die Welt’: ‘Weil ich es besser wusste, störte mich von Anfang an das einseitige Abschieben der Schuld auf die deutsche Industrie, auf Banken, usw.’

Dass Hitler in der Lage war, Unterstützung für sein Tausendjährig ­Reiches zu gewinnen, hatte Aly zufolge weniger mit der Zerschlagung aller demokratischen Rechte und der Errichtung einer unterdrückerischen ­Diktatur zu tun, sondern in Hitlers gefährlichem Streben nach einem Wohlfahrtsstaat zum Nutzen aller Deutschen. Aly schreibt ‘Wer den zerstörerischen Erfolg des Nationalsozialismus verstehen will, muss auch die Kehrseite der Politik der Zerstörung untersuchen, (…) die moderne, sozialpolitische Wohlfühldiktatur, die sich auf Gefälligkeiten stützt.’“

Keine Frage: Die alt-marxistische Faschismus-Theorie wurde in die Besenkammer verbannt, und andere Erklärungsmodelle setzten sich durch. ­Hätte Aly sich auf „Bewältigung“ unserer Geschichte beschränkt, wäre das Echo leiser ausgefallen. Da aber sein ­Thesenmix zum Ende der rot-grünen Koalition mit deren Politik von Sozialabbau (Agenda 2010) und Abriss der letzten Beschrän­kungen für die Finanzmärkte (Deregu­lierung) zusammenfiel, kann seine Thesenbildung als historiographische Absi­cherung neoliberaler Politik verstanden werden. Mit Sätzen wie „die Regierung Schröder/Fischer steht vor der historischen Aufgabe des langen Abschieds von der Volksgemeinschaft“ entkräftete der Autor diesen Verdacht nicht.

Die Denunzierung
Polemische Angriffe durch Umdeutungen von Geschichte in Islam-Debat­ten lassen sich anhand von Beispielen belegen. Deshalb greife ich hier nur einige willkürlich heraus: die Behauptung eines, dem Islam immanenten Antisemitismus, die unsägliche „Islam-Faschismus“-Theorie sowie die Umdeutung der Geschichte Andalusiens. Geraume Zeit vor dem 11. ­September – beginnend mit der „2. Intifada“ und vielen Selbstmordattentaten in Israel – wurde medial erfolgreich die These propa­giert, der Islam sei per se antisemi­tisch. Da nach den Erfahrungen des 20. Jahrhundert dieser Vorwurf ein enormer ist, schlug die folgende Theoriebildung Wellen. Nüchternen Geistes – der dank des „War on Terror“ in Redaktionen oft aussetze – hätte man diesen Vorwurf widerlegen können. Wären die ­Muslime in ihrer Geschichte solche ­Antisemiten wie behauptet gewesen, wie hätten sich dann die vielen jüdischen Gemeinden in der muslimischen Welt bis in die Neuzeit halten können? Dabei haben klügere Köpfe nachgewiesen, dass es oft muslimische Gemeinwesen waren, die verfolgten jüdischen Gemeinden eine sichere und bleibende Heimstätte ­boten.

David J. Wasserstein schrieb am 5.12.2012 in einem Essay für „The Jewish Chronicle“ auch von einer generel­len Rettungstat des Islam für das Juden­tum. „Islam rettete das Judentum. Dies ist eine unbeliebte und unbequeme Behauptung in der modernen Welt. Aber es ist eine historische Wahrheit“, ­leitete Wasserstein seinen lesenswerten Aufsatz ein. Ohne den Islam wären die ­Juden früher oder später von einem ­triumphalen Christentum aufgesogen worden.

Viele vertriebene Juden Spaniens gingen nach 1492 beziehungsweise zu Beginn des 17. Jahrhunderts (nach der letzten Vertreibungswelle) nicht in den Norden, sondern nach Nordafrika oder ins osmanische Reich. Diese grundsätzliche Hilfsbereitschaft von Muslimen gegenüber Europas Juden setzte sich – in einer noch viel zu wenig erforschten Episode – auch in den dunklen Jahren des Nationalsozialismus fort.

In Albanien, Kosovo und ­Nordafrika versteckten Muslime Juden oder verhalfen ihnen zur Flucht in sicherere Gebiete. Bekannt ist das Beispiel eines türkischen Konsularbeamten, der direkt bis zu seinem tödlichen Herzanfall sehr viele Einreisepapiere für griechische Juden ausstellte, damit diese vor der Vernichtung fliehen konnten. Das gleiche gilt für unzählige muslimische ­Soldaten auf Seiten der Sowjetunion, Frankreichs und Großbritanniens, die halfen Hitler-Deutschland zu besiegen. Manche von ihnen endeten als ­Kriegsgefangene in deutschen Konzentrationslagern.

Was aber tut die deutsche ­Publizistik? Sie benutzte den tatsächlich unrühmli­chen Fall des so genannten „Großmuftis von Jerusalem“, Amin Al-Hussaini, um den Muslimen dieser Zeit insgesamt eine Sympathie mit Hitler-Deutschland und damit eine Mitschuld an den braunen Untaten anzudichten. Ein Blick in René Wildangels Monografie „Zwischen Achse und Mandatsmacht“ (Klaus Schwarz Verlag, Berlin) setzt dieses Bild in den richtigen Kontext. So war selbst den Arabern in Palästina, wenn sie auch an Auseinandersetzungen mit jüdischen Siedlern beteiligt waren, der rassistisch – und damit eliminatorische – Antisemitismus der Nazis fremd. Es bleibt der Verdacht, dass es sich hier um die Fortsetzung von Islamkritik mit ­militanten Mitteln handelt: der Behauptung, an der industriellen Massenvernichtung mitschuldig zu sein.

Dieser These angeschlossen ist das, von neokonservativen Beratern George W. Bushs geprägte Schlagwort eines so genannten „Islamo-Faschismus“. ­Diese falsche Begriffsbildung – ihr huldigt die rabiate Islamkritik von Links bis Rechts – stellt die allerschlimmsten Assoziationen her. Sie gab auch dem „Diskurs“ alle Freiheiten, für so genannte „Islamo-Faschisten“ das gleiche zu fordern, was man mit Hitler-Deutschland tat; die Führung eines unbeschränkten, weil totalen Krieges. Sicherlich unbeab­sichtigt führt diese These vom islamischen Dunkelmann zu einer kruden Relativierung der erschreckendsten Aspek­te unserer Geschichte.

Auch das muslimische Spanien, Al-An­dalus, ist zum Schlachtfeld europäischer Kulturkrieger der letzten Jahre geworden. Mehrheitlich ein rechter und christ-nationaler Topos wird das faszinierende Beispiel dieser muslimischen Hochkultur auf europäischen Boden so zu einem Schreckensbild. Und das, obwohl die zeitgenössische Forschung ­dieser negativen Geschichtsverzerrung durchaus widerspricht.

Angetrieben von der Angst vor dem kommenden „Eurabien“ sehen sie sich als Opfer der muslimischen Eroberung ihres christlichen Abendlandes. Und so müssen mehr als 700 Jahre muslimischer Hochzivilisation geleugnet beziehungsweise die siegreiche Barbarei der katholischen Majestäten Isabella und Ferdinand zelebriert werden. Vor einigen Tagen stieß ich auf einen Text ­(derer es leider viele gibt) von Jan von Flocken, in dem – in Unkenntnis der Regeln – von einer „feurigen Woge der Islamisierung“ durch die „arabischen Besatzer“ fantasiert wurde. Der Autor hätte mit Google herausfinden ­können, dass im Islam eine erzwungene Annah­me des Islam gar nicht erlaubt ist.

Dass die Mehrheit der damaligen Muslime Spaniens Keltiberer, Nachkommen der Römer und Westgoten waren – und die Minderheit von Arabern und Berbern niemals ein so ­großes Gebiet hätte erobern, geschweige denn kontrollieren können –, fiel dem ­Autor nicht ein. Und um das Heile-Welt-Bild der katholischen Majestäten nicht durch die Realität von Zwangsbekehrungen, Vertreibungen und religiös ­motiviertem Massenmord zu trüben, wird Königin Isabella auch noch flugs in eine ­Königin umgedeutet, „die einem neuen europä­ischen Zeitalter der Renaissance den Weg bahnte“. Die Realität ist, dass Spanien dank der Eroberung von ­Granada und Amerika zwar Jahrzehnte lang die dominante Militärmacht Europas werden konnte, danach aber mehrere Jahrhunderte lang – auch, weil es das Know-how der Muslime und Juden verlor – auf das Niveau eines Dritte-Welt-Land abglitt. Erst 1834 (!) wurde hier die Inquisition abgeschafft.

Der Philosoph Friedrich Nietzsche sah die Geschichtswissenschaft und die Philologie als probates Mittel gegen den historischen Mythos und die Lüge. Die europäischen Muslime sollten dies verinnerlichen und der galoppierenden Geschichtslüge(n) in Europas Islamdebat­ten den Spiegel der Wahrheit ­vorhalten. Sie braucht – wie es im deutschen Boulevard heißt – einen Mutigen, der sie ausspricht.

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Alltag der Muslime: Wie funktioniert gerechter Handel?

„Wehe denen, die das Maß kürzen; die, wenn sie sich von den Menschen zumessen lassen, sich volles Maß geben lassen, wenn sie ihnen aber zumessen oder wägen, Verlust zufügen. Glauben […]

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NSU-Mörderkartell: Der Koordinationsrat der Muslime lädt zur Presseeinladung und stellt sein neues Pressedossier vor

(KRM). Die Aufdeckung des Rechtsterrorismus durch den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) hat in schockierender Weise vor Augen geführt, wie es stellenweise um die Sicherheitslage von Minderheiten bestellt ist. Über ein Jahrzehnt konnten Rechtsterroristen eine breite Blutspur durch die gesamte Republik ziehen, zehn Menschen kaltblütig erschießen.

Der Fall ist auch ein Jahr nach Bekanntwerden der Täter und Taten nicht aufgeklärt. Es bleibt unklar, wie weit staatliche Behörden versagt haben und welche Unterstützer diese Gruppe über ihre Mitglieder hinaus hatten. Die Aufklärung verläuft schleppend und bringt immer wieder Unfassbares zu Tage.

Die Chronik der NSU-Morde, die Reaktionen von Seiten des Koordinationsrates der Muslime (KRM), des Staates und seiner Sicherheitsdienste sollen in dem NSU-Dossier zusammengefasst und aus Sicht der im KRM organisierten Religionsgemeinschaften erläutert werden.

Dabei wird nicht nur ein Blick auf die im unmittelbaren Zusammenhang mit den NSU- Morden stehenden Aspekte geworfen, sondern auch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung anhand von aktuellen Studien betrachtet. Beispielhaft wird dargelegt, wie sich das Bild des Islam bzw. der Muslime innerhalb der Gesamtgesellschaft generiert und nährt. Den Abschluss dieser Analyse bildet ein Forderungskatalog des KRM, worin sie Erwartungen und Forderungen der KRM im Zusammenhang mit dem NSU-Terror formuliert.

Der Koordinationsrat der Muslime wurde im März 2007 von den vier großen Dachverbänden DITIB, VIKZ, Islamrat und ZMD gegründet. Er organisiert die Vertretung der Muslime in Deutschland und ist Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft.

Webseite: www.koordinationsrat.de

Amerikanische Muslime sind beim sozialen Unternehmertum weiter

(CGNews). Das so genannte „soziale Unternehmertum“ ist zu einem Schlagwort bei ehrenamtlichen Helfern in den Vereinigten Staaten und darüber hinaus geworden. Daher ist es für mich als amerikanische Bloggerin eine Frage des Ehre hervorzuheben, wie zwei Modelle auf diesem Gebiet soziale Probleme mit Hilfe inno­vativer Konzepte lösen wollen. Diese Idee muslimischer Amerikaner hat auch auf nationaler Ebene breites Interesse erzeugt. Ihr Engagement hat neue Räume für die gemeinschaftliche Arbeit ­geschaffen.
Die beiden Projekte sind Busboys and Poets in Washington und das Inner-City Muslim Action Network (IMAN) aus Chicago. Hier handelt es sich nicht um die bekannten Strukturen des inter­religiösen Dialogs, sondern sie widmen sich dem Aufbau von Nachbarschaften. Indem sie das aber tun, schaffen sie tatsächlich Orte, an denen sich Menschen mit unterschiedlichen Überzeugungen und diversen Hintergründen austauschen können.
Die Mission von Busboys and Poets ist es, ein Treffpunkt für die Nachbarschaft und das lokale Engagement zu sein. Das Projekt betreibt ein ­Restaurant und einen Buchladen. IMAN bietet vielfältige konkrete Dienstleistungen und kultiviert die Künste in städtischen Nachbarschaften, um die „menschliche Würde jenseits der Grenzen von Religion, Ethnizität und Nationalität“ zu fördern.
Zuerst wurde das Nachbarschaftscafé von IMAN durch Rami Nashashibi gegründet, um der heranwachsenden Jugend Möglichkeiten der Karriereförderung zu geben. Später wuchs es zu einer Gemeinschaftseinrichtung heran, in der verschiedene Dinge angebo­ten werden. Unterstützung erhielt das Projekt von Stadtverordneten, Mitglie­dern der überwiegend afroamerikanischen Kommune und vom Mitglied des Repräsentantenhauses Keith Ellison, dem ersten Muslim im US-Kongress. Heute betreibt IMAN ein Gesundheits­zentrum mit einem Arzt, mehreren Mitarbeitern und 25 freiwilligen Medizinern, die kostenlose Untersuchungen und Gesundheitserziehung anbieten.
Jede der Aktivitäten, wie sie von IMAN in Chicago angeboten werden, demonstriert, wie man seiner Nachbarschaft etwas zurückgeben kann. ­Daher war es auch keine allzu große Überraschung, dass der Gouverneur des Bundesstaates Illinois Rami Nashashibi eingeladen hatte, um in der Kommis­sion für die Eliminierung der Armut zu arbeiten.
Busboys and Poets verfolgt ähnliche Ziele. Auch hier hat man die Gemeinschaft im Sinn. Anas Shallal hat sich ganz bewusst einen Washingtoner Stadt­teil ausgesucht, der 1968 bei den Unruhen nach der Ermordung von Martin Luther King schwer beschädigt wurde. Shallal will, dass seine lokale, vielfältige amerikanische Gemeinschaft den Wert der Bewusstwerdung durch die Formel „Essen, Aktivismus und Kunst“ erkennt. Genau wie bei IMAN zielt das Projekt nicht auf den oftmals bemühten „Dialog“ ab. Durch die Begegnung miteinander lernt man automatisch voneinander.

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„IZ-Begegnung“ mit dem Londoner Vertreter der Rohingya

(iz). In den Augen der UNO gehören sie zu den am meisten verfolgten Minderheiten: die Rohingya. Ihr Leid erregte – mit Ausnahme der massiven Übergriffe vom Sommer des Jahres, bei der bis zu mehrere tausend Muslime ermordet wurden – bisher kaum oder gar kein Interesse. Auch nicht in der muslimischen Welt. Diese hat seit Jahrzehnten wie gebannt auf den Nahen Osten geblickt, während die Entrechtung dieser burmesischen Volksgruppe ein Maß erreichte, dass ihr auch in der offiziellen Ver­­fassung nicht viel mehr Rechte als von klassischen Sklaven zugestanden wurde.

Die vermeintliche Demokratiebewegung Burmas, allen voran die in Sachen Arakan erschreckend passive „Demokratie-Ikone“ und Nobelpreisträgerin Aung San Kyi, schweigt entweder zum langsamen Genozid oder nimmt aktiv teil an der kompletten Vertreibung. Sämtliche Strukturen des Staates – bis zum amtierenden Präsidenten Thein Sein – schauen dem brutalen Rassismus nicht nur zu, sondern sind aktiv daran beteiligt. Einer der handfesten Gründe für die versuchte Auslöschung der Rohingya sind die erheblichen natürlichen Ressourcen ihrer Heimatprovinz; allen voran Erdöl und -gas.

Über das Thema dieser verfolgten Minderheit sprachen wir mit Tun Khin Zia ul-Gaffar. ­Er lebt in England und ist Vorsitzender der Burma Rohingya Organisation in the UK (BROUK), die sich für die Belange der Rohingya einsetzt. Tun Khin selbst trat mehrfach vor dem britischen Unterhaus, im US-Kongress und in Brüssel auf, um über die Lage der Rohing­ya zu informieren.

Islamische Zeitung: Lieber Tun Khin, wie sieht die Lage der Muslime in Ihrer Heimat, der burmesischen Provinz Arakan momen­tan aus?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Im Augenblick müssen 140.000 Menschen ohne Hilfe und Unterkunft überleben. Sie haben keinen ausreichenden Zugang zu Hilfsmitteln, Zelten, Lebensmitteln und medizinischer Hilfe. Dieser wird ihnen von gewalttätigen Banden, aber auch genauso von staatlichen Strukturen wie der Polizei verweigert.

Islamische Zeitung: Wie ist die Sicherheit der muslimischen Gemeinschaften? Ist sie besser – im Vergleich zu den Gewaltausbrüchen Mitte des Jahres?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Offenkundig haben diese heftigen Übergriffe nach einigen Tagen nachgelassen. Aber lassen Sie sich von dem vermeintlichen Bild der Ruhe nicht täuschen: Es gibt in Arakan keine Sicherheit für die Rohingya, weil die Regierung, gemeinsam mit Sicherheitskräften, hinter der Gewalt steht. In dem Fall kann es für uns keine Sicherheit geben. Die Gewalt kann jederzeit – ohne irgendwelche Beschränkungen – wieder aufflammen.

Insgesamt sitzen in Burma 200-300.000 Rohingya in einer Art Falle. Sie können nicht auf die Märkte gehen, um Lebensmittel einzukaufen, sie können sich nicht frei bewegen und nicht in die Schule gehen. Es kann passieren, dass jemand aus dem Haus geht, um etwas zu kaufen, und danach verprügelt oder getötet wird.

Islamische Zeitung: Es gab Berichte, wonach Muslime in einigen Gebie­ten von ihrem Land und aus ihren Häusern vertrieben wurden…

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Genau. Dies geschieht gerade in Kyaukphyu. Viele Rohingya müssen ihre Dörfer und Städte verlassen. Die lokalen Behörden ­wollen uns loswerden und das freiwerdende Land an sich nehmen.

Islamische Zeitung: Lassen sich die Verhältnisse in Ihrer Heimat als „ethnische Säuberungen“ bezeichnen?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Nein, das sind keine „ethnische Säuberungen“. Es ist mehr als das, es ist ein Genozid. Die Absicht dafür ist vorhanden. Der ­jetzige Präsident von Burma [Thein Sein] erklär­te gegenüber dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR vor Zeugen: „Die Rohingya sind keine Bürger von Burma/­Myanmar. Sie sind illegal ­eingewanderte Bengalis, die in unser Land eingesickert sind. Wir müssen sie alle in Lagern konzentrieren und dann aus unserem Land werfen. Das ist die einzige Lösung.“ Das ist es, was sie in Wirklichkeit wolle! ­Diese Aussagen sind bei einem Treffen mit UN-Vertretern am 11. Juli 2012 ­gefallen!

Islamische Zeitung: Wie verhält sich die demokratische Opposition?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Unglücklicherweise hat die Ikone dieser Bewegung [die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi] vollkommen und total zu der, an den Rohingya begangenen Gewalt geschwiegen. Und das, obwohl sie die moralische Autorität gehabt hätte, ihre Stimme zu erheben. Aber sie schweigt. Wir sind alle sehr geschockt von ihrem mora­lischen Versagen.

Islamische Zeitung: Das heißt, es gibt in Ihrem Land eine einheitliche Front gegen die Muslime?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Ja, leider. Momentan wird das ganze Land von einer rassistischen, anti-muslimischen Kam­pagne gegen die Rohingya dominiert. Trotz einer vorherigen Absichtserklärung blockiert der Präsident die Eröffnung eines Büros der OIC [Organisation für Isla­mische Zusammenarbeit] in Burma. Die Behörden haben sogar die Öffentlichkeit zu Unmutsbekundungen bezüglich dieses Vorhabens angehalten. Und so gab es öffentliche Demonstrationen gegen die Eröffnung eines Büros der OIC.

Islamische Zeitung: Betrifft die Gewalt gegen die Rohingya auch andere muslimische Volksgruppen in anderen Teilen Burmas?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Ja, es sind auch die andere Muslime betroffen. Stellenweise hat sich die Gewalt auf andere Landesteile ausgebreitet.

Islamische Zeitung: Gelten die, von den diversen Militärregierungen beschlossenen Gesetze, die Ihr Volk zu einer rechtlosen Klasse Menschen erklärt hat, auch noch unter dem demo­kratischen Regime?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Nach der Befreiung Burmas von der japanischen Besatzung [am Ende des 2. Weltkriegs] und der Unabhängigkeit von den Briten 1948 wurden die Rohingya als gleichbe­rechtigte Volksgruppe des Landes durch die Verfassung anerkannt. 1962 riss das Militär die Macht das erste Mal an sich. Damals begann die anti-muslimische Kampagne gegen die Rohingya in Arakan. Diese Politik wurde fortgeführt. Als es 1988 nach einem Massenaufstand erneut ein Militärregime gab, wurde die Lage der Rohingya noch schlimmer. Die freie Bewegung der Muslime wurde unterbunden. Sie konnten nicht mehr ungehindert heiraten. Bereits diese Militär­regierungen forcierten eine Vertreibungs­politik, mit der sie die Rohingya aus ihrer Heimat zwingen wollten. Diese Situation hat sich bis heute fortgesetzt.

Islamische Zeitung: Für Außenstehende aus dem westlichen Ausland besteht der Eindruck, dass Nachbarländer wie Bangladesch Ihr Volk ebenfalls schlecht behandeln und nicht als Flüchtlinge anerkennen. Sind sie auch enttäuscht angesichts der muslimischen Länder in Südostasien?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Ja, das ist frustrierend für uns. Die Regierung von Bangladesch trägt dabei die Hauptschuld. Sie müsste der Behauptung entgegentre­ten, dass die Rohingya illegale Einwanderer aus ihrem Land sind. Andere Elemente der internationalen Gemeinschaft wie die UN, die EU oder die USA müssen sich ebenfalls für die Rohingya einsetzen und den Burmesen klar machen, dass wir ihre Landsleute sind. Momentan erzeugt Bangladesch den Eindruck, als wären die Rohingya tatsächlich aus diesem Land nach Burma eingewandert.

Islamische Zeitung: Wie ist die Lage der Flüchtlinge?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Herzzerreißend; sie leben stellenweise unter den elendigsten Bedingungen und manche haben nur alle zwei Tage eine Mahlzeit. Die individuelle Lage hängt von dem einzelnen Land ab. In Malaysia werden sie deutlich besser behandelt als in Bangladesch. Dort ist die Lage am ­schlechtesten.

Islamische Zeitung: Wie viele Rohingya sind in die benachbarten Länder geflohen?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Entsprechend unserer Informationen gibt es insgesamt 3,5 Millionen Rohingya. 1,5 sind wegen der anhaltenden Verfolgung geflo­hen. Wir gehen von zwei Millionen Rohingya aus, die noch in Burma ­verblieben sind, während die Regierung von höchstens 800.000 spricht.

Sie dürfen nicht vergessen, dass Statis­tik und Demographie selbst Mittel der Auseinandersetzung sind. So können wir davon ausgehen, dass bei den jüngsten Gewaltausbrüchen mehrere Tausend Menschen ermordet wurden. Diese Zahl beinhaltet auch Vermisste, die bei ihrer Flucht ums Leben kamen. In den Regie­rungsstatistiken werden immer nur die aufgefundenen Leichname erwähnt, aber es sind sehr viele Menschen verschwunden. Großfamilien wurden auf ein oder zwei Menschen reduziert. Oftmals rannten ganze Dörfer weg, weil der Mob oder Sicherheitskräfte kamen und die Ortschaften niederbrannten. Viele starben bei der Überquerung von Flüssen und wurden später tot aufgefunden.

Islamische Zeitung: Wie stehen Sie zur aktiven Beteiligung an der anti-muslimischen Gewalt durch buddhistische Würdenträger und Mönche?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Das ist ­leider eine traurige Tatsache. Die Regierung hat die buddhistischen Klöster als ein Mittel für die Gewalt gegen die ­Rohingya benutzt. Für viele Aktionen bedient sich die Regierung der willigen Elemente in der Öffentlichkeit, um nicht selbst als verantwortlich dazustehen.

Islamische Zeitung: Lässt sich ein strategischer und wirtschaftlicher Zusammenhang zu der Gewalt gegen die Rohingya herstellen? Manche sprechen von großen Erdölvorkommen in Ihrer Heimat…

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Exakt, ­genau deshalb will man uns von unserem Land vertreiben. Der Hass auf die Rohingya und die Muslime wird durch die natürlichen Ressourcen noch weiter angeheizt. Nachdem China lange Jahre die Mili­tärregierung unterstützt hat, entdecken die USA jetzt – wegen der angeblichen Demokratisierung – Burma als potenziel­len Partner. Hinzu kommen Russland und Indien, die ebenfalls Interessen haben. Und Israel bildet Angehörige des Militärs und des Sicherheitsapparates aus.

Islamische Zeitung: Bis vor Kurzem nahm die Mehrheit der muslimischen Welt kaum oder keine Kenntnis von der Lage Ihres Volkes. Haben Sie das Gefühl, dass die Rohingya – im Vergleich zum Nahen Osten – alleine gelassen werden?

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Ja, schon… Wir fühlen schon des Öfteren, dass der Sache der Rohingya nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das macht uns natürlich traurig. In diesen Tagen ist es ein bisschen besser geworden, aber wir vermissen immer noch Aktionen von Seiten der muslimischen Welt und dass diese ihre Stimme für die Rohingya erhebt. Wenn in Gaza etwas mehr als hundert Leute getötet werden, dann wissen alle Medien der Welt darüber Bescheid, aber wenn in Arakan 4-5.000 Menschen ermordet werden, dann wird diese Information nicht verbreitet.

Die internationale Gemeinschaft muss wesentlich mehr tun. Sie legt so viel Wert auf die jetzigen Reformen und den demokratischen Prozess. Aber sie muss verstehen, dass es keine Reformen geben wird, wenn der Mord an den Rohingya andauert. Wenn ein Land Stabilität und Sicherheit will, muss es sich von Hass und Rassismus freimachen. Dazu gehört die komplette Abschaffung des Staatsbürgerschaftsgesetze von 1982. Das ist das schlimmste und diskriminierendste Gesetz der ganzen Welt. Obwohl wir seit Jahrhunderten in Burma leben, werden wir nicht als Bürger anerkannt.

Es gibt keine Freiheit in Burma, wenn nicht alle ethnischen Gruppen ebenso frei sind. Die internationale Gemeinschaft muss solange Druck auf die Regierung ausüben, sodass die Rohingya wieder volle Rechte erhalten. Wir brauchen humani­täre Hilfe und UN-Friedenstruppen, die die Menschen vor gewalttätigen Übergriffen schützen. Die Verantwortlichen dürfen ihrer gerechten Strafe nicht entgehen. Man müsste auch etwas dazu beitragen, dass es zu einer Versöhnungen beider Gemeinschaften – der buddhistischen und der muslimischen – kommt.

Islamische Zeitung: Es ist bemerkenswert, dass die Rohingya trotz der enormen Verfolgung, der sie ausgesetzt sind, niemals zu terroristischen Mitteln gegriffen haben…

Tun Khin ­Zia ul-Gaffar: Wir haben über Generationen friedlich mit unseren Nachbarn zusammengelebt. Was wir wollen, ist die volle Rückkehr unserer Staatsbürgerrechte und der Rechte als ethnische Gruppe. Wir sind ein friedlie­bendes Volk und haben niemals zum Mittel des Terrorismus gegriffen. Unglücklicherweise sind wir diesem Hass und diesem Rassismus ausgesetzt.

Die internationale Gemeinschaft muss so schnell wie möglich handeln. Andernfalls wird das gesamte Volk der Rohing­ya in Burma ausgelöscht werden. Die ethnischen Säuberungen laufen seit 1962 und sind heute fester Bestandteil der offiziellen Politik, solange die Welt dazu schweigt.

Islamischen Zeitung: Wir bedanken uns für dieses Gespräch!

Webseite:
bwww.bro-uk.org

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Ein neues Fach entsteht. Vom Spektakel der ­politischen Theologie

(iz). Kritik ist einfach. Kritik ist oft billig. Sie geht auch allzuleicht von der Zunge. Und wie kann man ein Phänomen in Bausch und Bogen ablehnen, wenn man einen Teil des beteiligten Personals kennt, es schätzt und auch eine gute Meinung von seiner Arbeit hat? Dieses ­Dilemma stellt sich mir, wenn die „­Islamische Theologie“, wie das Konstrukt heißt, betroffen ist.

So haben viele frische Talente der deutschen Community in den fünf neu kreierten Standor­ten, an denen die neue Lehre unterrichtet wird, eine universitäre Stelle gefunden. Hier unterrich­ten, forschen und publizieren sie über ­eines der Themen, das seit Jahren die Öffentlichkeit der Republik beschäftigt. Bei einer Aufstellung vieler Mitarbeiter und Dozenten war ich bass überrascht, wie viele von ihnen im Laufe ihrer Karriere das eine oder andere Mal auch hier veröffentlicht haben. Ihr Wille, am Aufbau eines akademischen Diskurses und einer intellektuellen Elite mitzuarbeiten, ist offenkundig und muss als solcher hoch eingeschätzt ­werden.

Es gibt leider auch eine andere Seite: So ­machen öffentliche ­Verlautbarungen, personelle Entschei­dungen und Gespräche mit Insidern deutlich, dass die so genannte „Islamische Theologie“ eben nicht – wie sich das vielleicht viele muslimische Verbände gewünscht hätten – nur begrenzt ein Ort der freien Lehre sein kann. Zu ­offenkundig ist der politische Zugriff. Und wohl auch die Gewilltheit so mancher Professoren, die politische Gestaltung islamischer Lehre ­mitzuformulieren.

Sie halten das für übertrieben? Das Buch des Münsteraner Lehrstuhlinhabers Mouhanad Khorchide „Islam ist Barmzerigkeit“ beispielsweise liest sich an vielen Stellen wie eine „theolo­gische“ Formulierung der Deklarationen so genannter „liberaler Muslime“. Und das ist durchaus bedauernswert, weil die Grundfrage ­Khorchides, die nach der Barmherzigkeit Allahs ­tat­sächlich zu oft unterschlagen wird.

Dass es einen gezielten Willen der Politik gibt, hier zu ideologisch genehmen Neudeutung zu kommen, wird wahrlich nicht unwahrscheinlicher. Jüngst wurde der Fall eines Beiratsmitglie­des bekannt, den der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland bestimmte und in das Gremium entsenden wollte. Obwohl das Land Nordrhein-Westfalen keine ­Einwände hatte, intervenierte die Bundespolitik und der Betroffene wurde wieder ausgeladen.

Die muslimische Community wartet bisher noch auf den Beweis, dass das neue Fach am Ende mehr ist als nur eine politische Theologie.

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Zur Debatte über den Islam in Deutschland: Das neue Studienfach zwischen Freiheit der Lehre und beabsichtigter Einflussnahme

(iz). Am 30. Oktober eröffnet Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) das neue Zentrum für islamische Theologie feierlich in Münster. Das Institut für Islamische Theologie (IIT) in Osnabrück und das Zentrum für […]

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