
Als zivilgesellschaftliche Akteure spielen Muslime in vielen Kommunen kaum eine Rolle: Traditionell bringen sich Muslime fast ausschließlich für „muslimische Belange“ ein und werden so in der Gesellschaft häufig nicht als positiver Faktor wahrgenommen. Auch städtebaulich sind sie in vielen Kommunen noch nicht „in der Mitte der Gesellschaft“ angekommen: Moscheen finden sich allzu oft in Hinterhöfen und Industriegebieten wieder.
Wie kann das in Zukunft anders und besser werden? Diese Frage will die Initiative Teilseiend e. V. bei einer internationalen Fachtagung am 15. und 16. Juli mit Unterstützung der IBA Heidelberg und der Stadt Heidelberg thematisieren. Zu der Tagung reisen Expertinnen und Experten unter anderem aus der Türkei, Australien und den USA an.
Große Herausforderungen im Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen
Das gesellschaftliche Miteinander von Muslimen und Nichtmuslimen steht vor immer größeren Herausforderungen: Der Diskurs über Geflüchtete und Überfremdung, religiös begründete Terror- und Gewaltakte gegen unschuldige Menschen , Parteiprogramme mit eindeutigen Stellungnahmen zum Islam und nicht zuletzt politische Bewegungen, welche die Religion der Muslime als klares Feindbild definieren – das sind nur wenige Beispiele aus dem öffentlich geführten Diskurs zum Themenfeld Islam und muslimisches Leben in Deutschland. Wie sehen Muslime in Deutschland eigentlich ihre Rolle in diesem Diskurs? Wo und inwiefern übernehmen sie dabei Verantwortung?
Internationale Fachtagung sucht nach Antworten
Die Heidelberger Initiative Teilseiend möchte sich gemeinsam mit einem interdisziplinären Fachpublikum und interessierten Bürgerinnen und Bürgern bei der Tagung in Heidelberg auf die Suche nach Antworten zu diesen Fragen begeben. Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, wird gemeinsam mit Wolfgang Erichson, Bürgermeister für Umwelt und Integration in Heidelberg, und Michael Braum, Geschäftsführender Direktor der Internationalen Bauausstellung Heidelberg, die Konferenz eröffnen. Internationale Persönlichkeiten mit herausragendem wissenschaftlichem und persönlichem Engagement geben Impulse und diskutieren mit den Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmern.
Experten geben Impulse für muslimisches Engagement
Shahram Akbarzadeh, Professor an der Deakin University Melbourne (Australien), wird zum Thema „Bürgerschaftliches Engagement von Muslimen in westlichen Gesellschaften“ sprechen. Akbarzadehs Forschungsgebiet ist das politische Geschehen im Nahen Osten und der Islam im Westen. Er leitet Projekte zur Integration von Muslimen in Australien und ist Herausgeber zahlreicher Publikationen zu diesem Thema. Sumaya Abubaker von der University of Southern California (USA) hält einen Impulsvortrag zum Thema „Empowerment für muslimische Exzellenz in westlichen Gesellschaften“. Abubaker ist Mitglied von NewGround, einem Programm, das muslimische und jüdische Bürger von Los Angeles in einen innovativen, gemeinschaftsbildenden Prozess einbindet, der aus interreligiöser Bildung, Leadership-Training und bürgerschaftlichem Engagement besteht.
Ziel: Perspektiven für Muslime in der Kommune schaffen
Ziel der Konferenz ist es, Perspektiven dafür zu entwickeln, wie Muslime in Deutschland und vor Ort künftig als verantwortungsvoller und integraler Teil der Zivilgesellschaft wirken können. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Rolle von Muslimen in der Kommune zu legen, wo die Menschen beheimatet sind. Städtebauliche Manifestationen muslimischer Beteiligung sollen genauso Aufmerksamkeit bekommen wie das Bemühen, eine Strategie des Empowerments für Muslime zu entwerfen. Auftakt der Konferenz ist die Stadtführung „Muslimisches Leben in Heidelberg in Vergangenheit und Gegenwart“.
Teilseiend e. V. ist eine Initiative Heidelberger Muslime, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Anstoß zu geben für eine Entmarginalisierung von Muslimen im kommunalen Miteinander. Es soll gelingen, dass sich Muslime als selbstverständlicher Teil der Zivilgesellschaft verstehen und entsprechend gesamtgesellschaftlich Verantwortung übernehmen. Gegenseitig vorhandenen Vorbehalten und Feindbildern soll im Sinne der Offenen Gesellschaft durch Netzwerkarbeit und innovative Kommunikationsformate proaktiv begegnet werden.