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In Astana läuft der Kongress der Weltreligionen

Astana
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In Kasachstans Hauptstadt Astana kommen alle zusammen: Christen, Muslime, Juden, Hindus, Buddhisten und Taoisten. Sie hoffen, dass Dialog die Welt besser machen kann.

Astana (KNA/iz). In der kasachischen Hauptstadt Astana sind Hunderte führende Religionsvertreter zum VIII. Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen zusammengekommen.

Unter dem Motto „Dialog der Religionen: Synergie für die Zukunft“ stehen bis morgen Diskussionen über globale Herausforderungen wie Kriege, Armut und Klimawandel sowie die Rolle des interreligiösen Gesprächs im Mittelpunkt.

Auf Einladung der kasachischen Regierung sind mehr als 100 Delegationen aus rund 60 Ländern in das zentralasiatische Land gereist. Darunter sind hochrangige Repräsentanten von Christentum, Islam, Buddhismus, Judentum, Hinduismus, Taoismus, Zoroastrismus und Shintoismus.

Am Dienstag fand vorab eine Tagung zum Schutz religiöser Stätten der Welt statt. Schirmherrin ist die Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen. Führende Persönlichkeiten sowie Vertreter internationaler Organisationen sprachen dort über Gefahren für Kultstätten, Schreine und andere Orte religiöser Verehrung.

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Astana: Verstorbener Papst als Brückenbauer gewürdigt

In seiner Begrüßungsrede würdigte Präsident Kassym-Schomart Tokajew den kürzlich gestorbenen Papst Franziskus als großen Brückenbauer zwischen den Religionen. „Man kann nicht vom interreligiösen Dialog sprechen, ohne an Papst Franziskus zu erinnern“, sagte Tokajew.

Er setze große Hoffnungen in die vom Vorgänger von Papst Leo XIV. angestoßenen Initiativen. Franziskus hatte als Oberhaupt der katholischen Kirche vor allem den Dialog mit dem Islam vorangebracht. 2022 war er persönlich zu dem alle drei Jahre stattfindenden Religionskongress nach Astana gereist.

Die Teilnehmer eine der Wunsch, „unserer zerbrochenen und verwundeten Welt Heilung zu bringen“, führte Leo aus. „Dieses Thema ist besonders aktuell, da es die zentrale Rolle des interreligiösen Dialogs in einem von gewaltsamen Konflikten geprägten Zeitalter unterstreicht.“

Glaubensgemeinschaften arbeiteten oft Seite an Seite, um den Bedürftigsten Hilfe und Hoffnung zu bringen. „Eine solche Zusammenarbeit ist kein Aufruf, Unterschiede auszulöschen, sondern vielmehr eine Einladung, Vielfalt als Quelle gegenseitiger Bereicherung anzunehmen“, so der Papst.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres wandte sich mit einer Videobotschaft an die Teilnehmer der diesjährigen Konferenz. Die Zusammenarbeit der Religionen sei angesichts zahlreicher globaler Krisen heute wichtiger denn je, sagte er. „Religiöse und spirituelle Führer sind unverzichtbar“, so Guterres.

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Gaza blieb nicht ausgespart

Beim Eröffnungsplenum an einem riesigen runden Tisch im Unabhängigkeitspalast in Astana gingen mehrere Redner auch auf den Gaza-Krieg ein. Der Generalsekretär der Muslimischen Weltliga, Mohammed Abdulkarim al-Issa, verurteilte Israels Kriegführung als Völkermord:

„Genozid und systematischer Hunger sind eine große Schande für die Weltgemeinschaft“, so der sunnitische Religionsführer aus Saudi-Arabien. Religiöse Werte, die sich nicht in konkreten Handlungen zeigten, seien keine Werte.

Der Präsident des israelischen Oberrabbinatsrates, Kalman Meir Ber, betonte: „Dieser Krieg ist kein religiöser Krieg.“ Das Judentum wolle keine Feindschaft mit anderen Religionen, und die Liebe zu den Nachbarn sei eine zentrale Lehre der jüdischen Thora.

Israel kämpfe gegen Terroristen, die Gräueltaten begangen hätten, so der Oberrabbiner mit Blick auf den Terrorüberfall am 7. Oktober 2023. Er appellierte an die versammelten Religionsführer, sich für die Freilassung der verbliebenen Geiseln aus den Händen der Hamas einzusetzen.

Zur Konferenz in Astana ist auch der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. angereist, der den Angriff von Russlands Präsident Wladimir Putin auf die Ukraine von Anfang an unterstützte. In seiner Rede ging er nicht näher auf den Konflikt ein. Er betonte stattdessen die Verantwortung religiöser Vertreter, bei globalen Herausforderungen mit einer Stimme zu sprechen.

Der Leiter der Vatikan-Delegation und Chef der vatikanischen Dialog-Behörde, Kardinal George Jacob Koovakad, verlas eine Botschaft von Papst Leo XIV. an die Konferenzteilnehmer. Darin erinnert dieser an das Konzilsdokument „Nostra aetate“ von 1965, mit dem die katholische Kirche den Wert anderer Religionen anerkannte und ihnen die Hand reichte.

„Eine solche Zusammenarbeit ist kein Aufruf, Unterschiede auszulöschen, sondern vielmehr eine Einladung, Vielfalt als Quelle gegenseitiger Bereicherung anzunehmen“, hob der Papst hervor. Er appellierte: „Lasst uns Seite an Seite beten, Schulter an Schulter dienen und mit einer Stimme sprechen, wo immer die Menschenwürde in Gefahr ist.“

Der langjährige autoritäre Staatschef Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, hatte 2003 erstmals zu einem Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen eingeladen.

Nach den extremistischen Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA wollte er damit laut eigener Aussage zu Frieden und Eintracht in der Welt beitragen. Der Kongress findet alle drei Jahre statt. Rund 70 % der ca. 20 Mio. Einwohner Kasachstans bekennen sich zum Islam. Etwa ein Viertel sind Christen, die meisten russisch-orthodox.

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Eingeführtes Gesprächsformat auch in der Kritik

Die Staatsführung sieht sich als Vorreiterin des interreligiösen Dialogs. Das Konzept der religiösen Eintracht stammt aus den 1990er Jahren, entstanden nach der Unabhängigkeit von der ehemaligen Sowjetrepublik. Der weltweite Anspruch ist dabei typisch für Kasachstan. Das Land will wahrgenommen werden und globale Verantwortung übernehmen. 2022 besuchte Papst Franziskus das Religionstreffen in Astana.

Kritiker warfen der Staatsführung immer wieder vor, sie wolle mit dem Kongress Kasachstan international als Land ethnischer und religiöser Toleranz darstellen, aber keine echte Religionsfreiheit gewähren.

Die Erklärungen der bisherigen Kongresse seien an Allgemeinheit und Phrasen kaum zu übertreffen und hätten sich nicht auf aktuelle Konflikte mit religiöser Komponente ausgewirkt. Betont wurden etwa traditionelle Familienwerte und moralische Orientierungen, die gegen den Liberalismus verteidigt werden müssten.

Es wird bemängelt, dass die Konferenz primär symbolische Dialoge produziert, aber wenig konkrete, nachhaltige Fortschritte für den interreligiösen Frieden oder die Lösung globaler Probleme erzielt.

Teilnehmer und Beobachter beklagen, dass Debatten oft an den schwierigen Kernfragen wie Konfliktregionen oder tatsächlicher religiöser Diskriminierung vorbeigehen und keine bindenden Verpflichtungen entstehen.

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