Berlin (KNA). Die Bundesregierung hat am Sonntagabend der Waffenlieferung an die Kurden im Nordirak zugestimmt. Danach wurde beschlossen, Panzerabwehrraketen und Maschinengewehre für den Kampf gegen die Terrorgruppe «Islamischer Staat» in den Nordirak zu schicken, wie das Bundesverteidigungsministerium in Berlin mitteilte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich mit Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) beraten. Danach stimmten sich Merkel und Gabriel noch mit CSU-Chef Horst Seehofer ab. Am Montag findet die Sondersitzung des Bundestags zur Lage im Irak statt.
Unterdessen fordern Menschenrechtler sowie Vertreter von Hilfsorganisationen und Kirchen einen Ausbau der humanitären Hilfe. Anstatt auf militärische Mittel zu setzen, müsse Deutschland seine humanitären Anstrengungen intensivieren, sagte der Freiburger Rüstungsgegner Jürgen Grässlin am Sonntag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Mit Blick auf die von den Terrormilizen des «Islamischen Staats» (IS) verfolgten Christen und Jesiden im Nordirak sagte Grässlin, der Sprecher der auch von kirchlichen Organisationen unterstützten Kampagne «Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!» ist: «Genozide müssen aktiv verhindert werden – genau deshalb bedarf es der Schaffung von Fluchtwegen und der aktiven Fluchthilfe, verbunden mit massiver humanitärer Unterstützung.»
Auch terre des hommes mahnte mehr Hilfen für Flüchtlinge an. Allein seit Anfang des Jahres seien 700.000 Menschen zusätzlich aus anderen Teilen des Irak in den kurdischen Norden geflohen. «Und da waren vorher schon 200.000 syrische Flüchtlinge», sagte die Vorsitzende Danuta Sacher der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). Nur ein Drittel der Menschen sei in mehr oder weniger gut ausgestatteten Camps untergebracht. Weiter sagte Sacher: «Wir sind grundsätzlich gegen Waffenexporte in Krisengebiete.»
In der «Bild am Sonntag» erinnerte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, an die Tatsache, dass der Bundestag am Weltfriedenstag über Waffenlieferungen an den Irak debattieren wird. Zugleich räumte sie ein, dass es in dieser Frage keine einfachen Lösungen gebe. Es sei gleichwohl «nicht zu fassen, dass wir den Frieden nicht lernen».
Der katholische Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, kommentierte die aktuellen weltweiten Auseinandersetzungen mit Betroffenheit. Angesichts des Gedenkens an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren sagte Fürst: «Es scheint, als ob sich unabwendbar vergangene Ereignisse wiederholen.»