(iz). Schon in meiner Schulzeit musste ich mich ständig für meinen Glauben und vor allem für das Kopftuch rechtfertigen. Diese für mich immer sehr anstrengenden Diskussionen wurden nicht von Mitschülern initiiert, sondern von Nichtmuslimischen Lehrern oder Lehrerinnen.
Es erstaunt mich immer wieder, von jungen muslimischen Schülerinnen und Schüler zu hören, wie sie ständig von Lehrern herausgefordert werden, zu komplexen und schwierigen politischen Ereignissen Stellung zu beziehen. Das Tragische dabei ist, dass sich diese Lehrer keineswegs neutral gegenüber den Schülerinnen und Schülern verhalten. Sie verachten den Islam im Klassenzimmer und muslimische Schülerinnen und Schüler sind diesen Lehrern vor der gesamten Schulklasse hilflos ausgesetzt.
Muslimischen Lehrerinnen mit Kopfbedeckung wurde stets vorgeworfen, dass sie dadurch die Neutralität des Staates gefährden würden. Wer bitte gefährdet diese Neutralität? Gewiss nicht die selbstbewussten kopftuchtragenden junge Lehrerinnen. Gerade sie sind sich sehr bewusst, dass sie eine Haltung der Neutralität des Staates vertreten müssen.
Ganz Deutschland schaut auf diese Lehrerinnen. Doch wer schaut eigentlich auf die Lehrer und Lehrerinnen ohne Kopftuch? Wird durch ein Nichttragen die Neutralität automatisch gewährt? Immer wieder erzählen mir Schülerinnen und Schüler, wie atheistische Lehrer sie vom Atheismus überzeugen möchten oder wie Islamkritiker muslimische Schülerinnen und Schüler ständig im Klassenzimmer schikanieren.
Die Aufhebung des Kopftuchverbots für Lehrerinnen in Klassenzimmer ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Die deutsche Gesellschaft, die kulturell, ethnisch und religiös vielfältig ist, muss lernen, in Vielfalt in allen Bereichen zu leben. Alle müssen lernen, dies zu akzeptieren und anzuerkennen. Unsere Gesellschaft ist vielfältig und bunt.
Daher muss dies auch außerhalb der Schülerschaft überall vertreten sein. Ob das Kollegium in der Schule oder das Personal in den Behörden, überall muss der Staat dafür sorgen, dass es nicht zu beruflichen Diskriminierungen kommt. Es kann nicht sein, dass die betroffenen Frauen einerseits als Reinigungskräfte an Schulen und sonst überall akzeptiert werden und andererseits als kompetente Lehrkräfte vom Dienst ausgeschlossen werden.
Unterstellungen und Diskriminierungen müssen aufhören. Stattdessen muss der Staat darauf achten, dass alle Lehrkräfte sich an das Neutralitätsgebot halten, um alle Schülerinnen und Schüler zu schützen. Denn schließlich vertrauen auch muslimische Eltern ihre Kinder dem deutschen Schulsystem an. Der Staat muss muslimische Lehrerinnen mit Kopftuch vor islamfeindlichen Lehrkräften und Eltern schützen. Auch muss darauf geachtet werden, dass in der Praxis muslimische Lehrerinnen nicht nur auf das Fach islamische Religionslehre beschränkt werden.
Religion in der Schule und im Kollegium ist auch ohne Kopftuch sichtbar. Wie selbstverständlich ist es für die meisten muslimischen Schülerinnen und Schüler, dass sie zur Weihnachts- und Osterzeit fleißig in der Klasse mitbasteln, mitsingen und mitfeiern. Muslime haben vor allem im Bereich Schule schon längst gelernt, mit religiöser Vielfalt umzugehen. Auch der muslimische Glaube muss gleichermaßen von allen Lehrkräften geachtet und geschätzt werden.
Nur durch gegenseitige Achtung und Wertschätzung kann ein friedliches Miteinander in allen Bereichen gelingen. Vorurteile, Unterstellungen und Diskriminierung gefährden den Schulfrieden und nicht die freundliche muslimische Lehrerin mit Kopfbedeckung.