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Allahs Freunde in der Löwenstadt – zum muslimischen Erbe von Singapur

Ausgabe 322

Foto: Autorin

(iz). Singapur, aus dem Sanskrit übersetzt Löwenstadt, ist der kleinste Staat in Südostasien. Gelegen im Süden der Malaysischen Halbinsel, ist der Stadtstaat das Zuhause für ungefähr fünfeinhalb Millionen Einwohner. Circa 15 Prozent davon identifizieren sich als Muslime. Mehr als 30 Prozent sind Buddhisten, insgesamt fast 20 Prozent fühlen sich verschiedenen Formen des Christentums zugehörig, und fünf Prozent sind Hindus. Das derzeitige Staatsoberhaupt ist muslimischen Glaubens. Halimah Yacob heißt die Präsidentin und sie trägt ein Kopftuch.

Eine ihrer ersten Aktivitäten nach Amtsantritt war der Besuch des Grabes von Habib Nuh, um Segen durch diesen Besuch zu erlangen. Habib Nuh, der 1866 in Singapur verstorben ist, gilt unter den lokalen Muslimen als großer Gottesfreund (wali). An seinem Grab auf dem Mount Palmer Hügel wurde bereits 1890 sein Mausoleum fertiggestellt. Seitdem pilgern nicht nur Muslime aus Singapur zu seinem Grab, sondern auch Muslime aus den anliegenden Ländern Malaysia und Indonesien. 1903 wurde eine Moschee in der Nähe gebaut.

Neben dieser muslimischen Pilgerstätte gibt es weitere Moscheen in Singapur. Eine davon ist die sehr bekannte und architektonisch beeindruckende Sultan Moschee, die 1928 eröffnet wurde. Das heutige Bauwerk geht auf eine fast hundert Jahre früher erbaute Moschee zurück, die von dem damaligen Herrscher von Johor im heutigen Süd-Malaysia, Sultan Hussain Shah, gegründet wurde.

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war Singapur zu einem Zentrum für islamischen Handel, Kunst und Kultur geworden und die muslimische Gemeinschaft zu groß für die alte Moschee. Schon im 19. Jahrhundert war Singapur für die Muslime der Region ein wichtiges Zentrum zur Verbreitung von ersten gedruckten religiösen Handbüchern und Schriften und später auch Zeitschriften. Auch die Hajjah Fatimah Moschee wurde schon im 19. Jahrhundert, 1846, fertiggestellt und nach ihrer Wohltäterin benannt. 

Neben der Pilgerstätte von Habib Nuh gibt es in Singapur noch eine andere, weit weniger bekannte Grabstätte. Diese soll Habib Nuh zu Lebzeiten oft besucht und sogar gepflegt haben. Es ist die Grabstätte einer jungen Frau, die, bei dem Versuch ihren Vater vor einem tödlichen Angriff zu schützen, selbst zur Märtyrerin geworden war. Radin Mas Ayu war angeblich eine javanische Prinzessin aus einem Königreich auf der Insel Java. Ihr Name kann wörtlich als schöne, goldene Prinzessin übersetzt werden. Allerdings sind sowohl der Begriff “Radin“, als auch „Mas“, javanische aristokratische Titel.

Es wird in den malayischen Annalen berichtet, dass sie im 16. Jahrhundert lebte. Doch gibt es auch Vermutungen, dass ihr Grab viel älter ist und sie möglicherweise schon im 11. Jahrhundert lebte.

Die Grabstätte von Radin Mas Ayu ist um einiges bescheidener als die von Habib Nuh. Heute ist sie in einem Wohngebiet auf dem Hügel Mount Faber gelegen. Wenige Treppen führen zu einem überdachten Grab, wo ein wenig Platz ist, um zu verweilen und Gebete für sie zu sprechen oder Qur’an zu lesen. Am Fuß der Treppe liegt zu linker Seite ein weiteres Grab, das vermutlich das Grab ihres Vaters ist, der einige Jahre nach ihr verstorben war. 1959 wurde ein Film über ihr Leben und ihren tragischen Tod gedreht. Sowohl das Grab von Radin Mas Ayu, als auch die Grabstätte von Habib Nuh sind offiziell als muslimisches Erbe Singapurs vom islamisch-religiösen Rat Singapurs anerkannt. 

Sowohl die Grabstätten, als auch die historischen Moscheen zeigen, dass Singapur eine reiche islamische Geschichte hat. Auf den großen Einfluss der Muslime deutet auch die Flagge Singapurs hin, die einen Mond und fünf Sterne auf weiß-roten Grund zeigt. Die fünf Sterne, so lokale Muslime in Singapur, symbolisieren die fünf Säulen der islamischen Religion: das Glaubensbekenntnis, das fünfmalige tägliche Gebet, die Zakat, das Fasten im Monat Ramadan und die Pilgerfahrt.