Die UN-Juristen diskutieren, ob Drohnenangriffe Kriegsverbrechen sind

Ausgabe 205

(Russia Today). „Die Gebrauch der Drohnenangriffe durch die Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terrorismus missachtet das Völkerrecht und kann andere Nationen zur Nachahmung verleiten“, sagte der UN-Berichterstatter Christof Heynes über außerrechtliche Tötungen auf einer UN-Konferenz in Genf. Er betonte, dass diese Angriffe ein Kriegsverbrechen darstellen könnten. Die USA müssten für den Einsatz der bewaffneten Flugkörper rechtlich zur Verantwortung ­gezogen werden.

„Akzeptieren wir die Veränderungen des Völkerrechtssystems einfach so, das seit dem Zweiten Weltkrieg besteht und die nukleare Abschreckung überlebte?“, fragte Heynes. Er rief außerdem dazu auf, dass die Obama-Regierung Statistiken veröffentlicht, wie viele Zivilisten bei ­Angriffen gegen mutmaßliche Terrorführer in Afghanistan, Pakistan und ­Jemen ums Leben gekommen sind. „Ich glaube nicht, dass wir eine befriedigende Antwort im rechtlichen Rahmenwerk haben. Wir haben sicherlich keine Antwort in Sachen Rechenschaft“, meinte Heynes vor Reportern bei dem Treffen.

Der UN-Sonderberichterstatter unterstrich die Tatsache, dass die heutigen Droh­neneinsätze der USA die Wirksam­keit des Völkerrechts gefährden, dass es „viele gezielte Tötungen in Gebieten gibt, die weit entfernt von den Konfliktzonen sind“. Drohnenangriffe könnten in den Kriegsgebieten Afghanistans gerechtfertigt sein. Kommt es jedoch, so Heynes, zu „sekundären Drohnenangriffen auf Retter, die den Verletzten nach einem ers­ten Angriff helfen wollen“, so seien diese weiteren Attacken „ein Kriegsverbrechen“. Die US-Menschenrechtsorganisation ACLU veröffentlichte Zahlen, wonach seit 2002 in Jemen, Pakistan und Somalia rund 4.000 Menschen Opfer der Drohneneinsätze wurde.

Christof Heynes ging auf die Position der US-Regierung ein, wonach die gezielten Tötungen eine rechtmäßige Antwort auf die Angriffe vom 11. September 2001 seien: „Es ist schwierig zu sehen, wie irgendeine Tötung, die 2012 erfolgt, eine Antwort auf die Ereignisse von 2001 sein könnte. Einige Staaten scheinen neue Gesetze erfinden zu wollen, um neue Praktiken rechtfertigen zu wollen.“

Die Vereinigten Staaten sind der Ansicht, dass die Angriffe dieser unbemannten Flugkörper eine sehr effektive Weise ­seien, Aufstände im Ausland zu bekämp­fen und nicht das internationale Recht verletzen würden. In jüngster Zeit wurde jedoch zunehmend Kritik an Washington laut, nachdem Drohnenangriffe zur Tötung von Zivilisten in Afghanistan und Pakistan führten. Sowohl ­China als auch Russland gaben Stellungnahmen vor dem UN-Menschenrechtsrat ab, in denen die Drohneneinsätze der USA verurteilt wurden.

Christof Heynes sprach auf dem zweitägigen Meeting vielen anderen aus dem Herzen, als er seiner Befürchtung Ausdruck verlieh, die Strategie der Amerikaner könnte andere Staaten zur Nachahmung verleiten. „Meine Sorge ist, dass wir hier eine Situation schaffen, die Präzedenzfälle in aller Welt hervorbringt“, sagte Heynes.