Ein Perspektivenwechsel von Samira Hasnaoui

(iz). Gemeinschaft ist im Islam von großer Bedeutung. Viele Muslime kommen aus Kulturen, in denen Geselligkeit und Gemeinschaft noch heute von großer Bedeutung sind. Dennoch glauben viele, Muslime seien nicht gesellig.

Sinniert man einen Augenblick über die Assoziationen, die der deutsche Begriff „Geselligkeit“ bei vielen hervorruft, denkt man fast zwangsläufig an Spaß, Feierlichkeiten und nicht zu vergessen: an Alkohol. Da gläubige Muslime auf Grund des Alkoholverbots  logischerweise selten auf Veranstaltungen zu finden sind, auf denen zügellos getrunken und gefeiert wird, gewinnt mancher den Eindruck, dass Muslime per se nicht gesellig seien. Getreu dem Motto: „Wenn ‘ihr’ nicht die Feste feiert, die ich feiere, kann es mit ‘eurer’ Geselligkeit ja nicht weit her sein.“

Dass Geselligkeit nicht bei feuchtfröhlichen Gelagen endet, entgeht hierbei vielen. Sie geht noch viel weiter. Man müsste vielmehr die Frage stellen: Ist unsere Gesellschaft wirklich so gesellig, wie sie sich gibt? Ist es nicht vielmehr so, dass die überdurchschnittlich hohe Anzahl an Singlehaushalten (die vor allem der Wirtschaft zu Gute kommen) oder auch die vielen Alten, die im Pflegeheim selten oder gar nicht besucht werden, ein krasser Gegenbeweis zu der These sind? 

Auf einer Rundreise durch die Türkei fuhr ich an einem Altersheim vorbei, das unmittelbar neben einem Waisenhaus gebaut wurde. Der Reiseführer erklärte uns, dass sich die Alten und die Jungen gegenseitig besuchen und Zeit miteinander verbringen. Ich war beeindruckt. Welch einfache Idee, diesen Menschen das Leben abwechslungsreicher und weniger einsam zu machen. Wie schön wäre es, wenn man dieses Konzept auch hierzulande aufgreifen könnte.

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Als Muslime sind wir dazu angehalten, aufmerksam gegenüber unseren Mitmenschen zu sein. Ein Leben in Isolation und Einsamkeit ist abzulehnen. Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, ist hierin ein großartiges Beispiel gewesen: Er hat den Kontakt zu Muslimen, Nichtmuslimen, Familienangehörigen, Armen, Jungen, Reichen und Alten gepflegt. Er war in höchstem Maße gesellig, denn er war für seine Gesellschaft da.

Der Islam bereichert uns mit Werten, die eine wirkliche Geselligkeit fördern. So soll man Rücksicht auf seinen Nachbarn nehmen. Nachbar ist hierbei aber nicht nur der Bewohner des Hauses nebenan, sondern jede/r, dem man begegnet. Es sollen keine drei Tage vergehen, bis man sich nach dem Wohlbefinden des Anderen erkundigt. Die Armen in der Gesellschaft sollen mit Spenden bedacht werden. Der Friedensgruß soll verbreitet werden und man könnte noch unzählige Beispiele heranführen, die unsere Gesellschaft wahrlich geselliger machen könnten, wenn diese in unserem Alltag mehr Berücksichtigung finden würden.