Facebook-Debatte zur Türkei: Freunde der IZ diskutieren engagiert über die aktuellen Unruhen und ihre Hintergründe

(iz). Über die anhaltenden Krawallen in türkischen Großstädten – und ihre Hintergründe – wird allerorten gestritten. Wenn nicht, dann herrschen – gerade in vielen westlichen Medien – recht eindeutige Meinungen. Auch auf der Facebook-Präsentation der IZ gehört die Türkei zum derzeit am stärksten diskutieren Thema.

Im Gegensatz zu den Massenmedien differenzieren viele FB-Nutzer durchaus und nehmen gelegentlich überraschende Positionen ein. Von einem erheblichen Teil der Stimmen wird das Vorgehen der jetzigen Regierung nicht selten auch kritisch gesehen. Andere, wie Hatice Avci, glauben, dass Europa es nicht möchte, dass ein muslimisches Land einen derartigen Aufstieg erlebe, wie es die heutige Türkei tue.

Eser Altun („selbst als Erdogan-Befürworter“) setzte sich kritisch mit dem Vorgehen der Regierung auseinander: „Erdogan ist es, der gegen diese Regeln verstößt (…) in Hotels und Läden Gasgranaten reinwerfen, Wasserwerfer ins Krankenhaus, zerstören von Denkmälern und Museen zur Schaffung von Shopping-Malls, Niederprügeln von Zivilisten, auch alte Leute und Kinder wurden mit Verletzungen eingeliefert. Weiterhin zu behaupten, es wären nur ein paar zehntausend, die meistens davon sowieso Terroristen, ist infam, undemokratisch und beleidigt den gesunden Menschenverstand. (…) Wenn ihr als Preis für den sog. wirtschaftlichen Wohlstand die Meinungsfreiheit akzeptiert, dann geht zurück in den Geschichtsunterricht. Die Geschichte mahnt, wie sich wirtschaftlich prosperierende Länder entwickeln, wenn demokratische Grundrechte nach und nach abgeschafft werden.“

Aynur Temur war in Istanbul und berichtete auf Facebook, was sie beobachten konnte: „Ich war Rettungshelferin vor Ort. (…) Bei S21 war das nicht anders. Die vermeintliche Staatsmacht braucht nicht wild mit Gas durch die Straßen schießen, um ihre Macht zu zeigen. Diese Politik der Einschüchterung kann man nicht mehr mit gutem Gewissen verteidigen.“

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Apropos Tayyip Erdogan, dem türkischen Ministerpräsident. An ihm scheiden sich auch auf Facebook die Geister. Für die einen ist er eine wichtige politische Führungsgestalt, andere Kommentare auf unserer Seite sehen ihn sehr kritisch. Viele, wie Aslan Be Naja, bemühen sich um ausgewogene Kritik: „Gut reden kann Erdogan wirklich nicht. Und sehr empathisch ist er oft auch nicht. Das Wort ‘Hassprediger’ [anlässlich eines deutschen Zeitungsartikel] zu verwenden, zeigt natürlich, dass der Autor Partei ergreift.“

Yasin Inci interessierte sich (auf unsere Frage nach dem „politischen Islam“ in der Türkei) für den größeren Kontext der regierenden AKP, und wie ihre Politik einzustufen sei: „Erdogans größtes Problem war und ist weiterhin, dass er sich vom politischem Islam entfernt und eine konservative Linie im bestehenden System eingeschlagen hat. Das dabei Kompromisse gemacht werden, ist meines Erachtens die logische Konsequenz. (…) Es gibt einen fundamentalen Denkfehler bei Ihnen. Der ist, dass sie der AKP unterstellen, sie sei islamisch! Islamisch geprägt sein bedeutet nicht, dass man aus islamischer Motivation Politik macht. Es bedeutet lediglich, dass die neoliberale Politik in islamischen Gewändern verpackt wird. (…) Das Militär musste gezähmt werden und die Interessen des ‘freien Markts’ mussten nun von der Politik umgesetzt werden. Erdogan ist nur ein Mittel zum Zweck gewesen.“

Die Türkei-Debatte liefert für unsere Kommentatoren auch Anlass für Kritik. „Die Medien wollen ja Chaos verschaffen und wie immer den Islam schlecht darstellen“, meint Kübra Yi eindeutig. Ein anderer sieht in der medialen Einschätzung Erdogans „ein meisterhaftes Exempel einseitiger und tendenziöser Berichterstattung, wie man sie in dieser Extremform selten in dieser Einhelligkeit“ sehe. Sascha Thon hält die Kritik am obersten Minister für berechtigt: „Vielleicht liegt es nur daran, dass die Kritiker Recht haben.“

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