
Mehrere Wochen nach dem tödlichen Terror in Kaschmir beschießt die indische Armee Ziele im Nachbarland. Islamabad reagiert mit Abschüssen.
Delhi/Islamabad (iz, dpa). Nach den tödlichen Angriffen Indiens auf pakistanische Ziele hat das attackierte Land Vergeltung angekündigt. „Pakistan hat jedes Recht, eine angemessene Antwort auf diese von Indien verhängte Kriegshandlung zu geben, und eine angemessene Antwort wird auch gegeben“, sagte Premierminister Shehbaz Sharif.
Zuvor hatte Indien in der Nacht mehrere Ziele in Pakistan und im pakistanisch kontrollierten Teil Kaschmirs angegriffen – als Reaktion auf einen Terroranschlag vor rund zwei Wochen.
Indien machte extremistische Gruppen mit Verbindungen nach Pakistan für den Anschlag verantwortlich und beschuldigt Islamabad, diese zu unterstützen oder zu dulden. Das Nachbarland bestritt eine Verwicklung und forderte – wie internationale Stimmen – Belege für diese Behauptung.
Die indische Operation „Sindoor“
Als Reaktion auf den Anschlag startete Indien am 6. Mai 2025 die „Operation Sindoor“. Angriffsziel waren nach Angaben aus Delhi ausschließlich „terroristische Infrastrukturen“ im Nachbarland und im pakistanischen Teil Kaschmirs. Insgesamt wurden neun Ziele attackiert, darunter Einrichtungen in den Städten Kotli, Muzaffarabad (Kaschmir) und Bahawalpur (Punjab).
Geheimdienstkreise und Armee in Islamabad hatten zuvor berichtet, die Städte Kotli und Muzaffarabad im pakistanischen Teil der Himalaya-Region sowie in Bahawalpur seien Ziel der Angriffe gewesen. In Bahawalpur sei dabei eine Moschee getroffen worden.
Pakistans Militär sprach von Raketenangriffen. Die indische Seite betonte, keine pakistanischen Militäreinrichtungen angegriffen zu haben, und die Operation sei „gezielt, maßvoll und nicht eskalierend“ gewesen.
Das Verteidigungsministerium nannte die eigenen Aktionen „zielgerichtet, maßvoll und nicht eskalierend“. Indien habe bei der Auswahl der Ziele und der Methode der Ausführung beträchtliche Zurückhaltung geübt, hieß es. Der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar schrieb auf der Plattform X: „Die Welt darf dem Terrorismus keine Toleranz zeigen.“
Islamabad bezeichnete die Operation als „unprovozierte Aggression“ und kündigte Vergeltung an. Laut seiner Armee wurden mehrere indische Kampfjets abgeschossen, und der Luftraum über der Region zeitweise gesperrt. Pakistan erklärte, man werde auf die Angriffe „zu einer Zeit und an einem Ort seiner Wahl“ reagieren. Zur Zahl der Opfer gibt es bislang keine gesicherten Angaben. Bisherige Berichte konzentrieren sich auf die politischen und militärischen Reaktionen, nicht auf konkrete Opferzahlen.
Foto: The White House | Lizenz: gemeinfrei
Internationale Gemeinschaft ruft beide Seite zu Zurückhaltung auf
Die internationale Gemeinschaft, darunter die UNO und die USA, riefen beide Seiten zur Zurückhaltung auf, da beide Staaten Atommächte sind und der Konflikt als einer der gefährlichsten der Welt gilt.
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich nach den Angriffen „sehr besorgt“. „Die Welt kann sich eine militärische Konfrontation zwischen Indien und Pakistan nicht leisten“, sagte er laut einer Mitteilung seines Büros am Dienstag (Ortszeit). Er rief beide Atommächte zur militärischen Zurückhaltung auf.
US-Präsident Donald Trump äußerte seine Hoffnung, dass der Konflikt zwischen den beiden Atommächten nicht weiter eskaliert. „Ich hoffe nur, dass es sehr schnell endet“, sagte Trump bei einer Veranstaltung im Weißen Haus mit Blick auf den Angriff. Außenminister Marco Rubio schrieb auf der Plattform X, er werde weiter sowohl die indische als auch die pakistanische Führung auf eine friedliche Lösung hinweisen.
BRICS-Staaten erweisen sich hier als impotent
Die Krise belastet besonders das Verhältnis innerhalb der BRICS-Gruppe. China, traditioneller Partner Pakistans, steht Indiens Vorgehen kritisch gegenüber, während Indien für den Westen – und damit auch für einige BRICS-Staaten – als Gegengewicht zur Volksrepublik immer wichtiger wird.
Ein offener Konflikt zwischen Indien und Pakistan könnte daher den Zusammenhalt der BRICS-Staaten erheblich schwächen, vor allem das Verhältnis zwischen Delhi und Peking. Es gibt bislang keine einheitliche BRICS-Position; vielmehr zeigen sich Differenzen unter den Mitgliedern – insbesondere zwischen China und Indien.
Wie reagiert der Partner Peking?
China ist ein langer und enger Handelspartner Pakistans. Es hatte im Vorfeld angekündigt, schwerwiegende Angriffe auf dessen Souveränität seien nicht hinnehmbar. In einer ersten Reaktion rief es beide Seiten zu „Zurückhaltung“ auf.
Man bedauere die Militäraktion Indiens und sei über die Entwicklung der Lage besorgt, teilte ein Sprecher des Außenamtes in Peking mit. China fordere beide Seiten auf, Frieden und Stabilität Vorrang einzuräumen und weitere Handlungen zu vermeiden, die die Lage verkomplizieren würden.
Während das chinesisch-indische Verhältnis unter anderem wegen Grenzkonflikten im Himalaya-Gebirge als äußerst angespannt gilt, unterhält Peking enge Wirtschaftsbeziehungen zu Pakistan. Über seine Investitions- und Infrastrukturinitiative „Neue Seidenstraße“ baut China Straßen und Schienen in dem südasiatischen Land, um die westchinesische Region Xinjiang mit dem Arabischen Meer im Südwesten Pakistans zu verbinden.
Aufgrund der engen Beziehungen zu Pakistan und der angespannten Lage mit Indien bleibt China zwar aufmerksam, bevorzugt aber diplomatische Kanäle und Stabilität in der Region. Ein direktes Handeln Pekings – etwa militärische Unterstützung oder Sanktionen – ist daher derzeit unwahrscheinlich.