Damaskus (KNA) Warten auf ein Wort des Papstes: In dem seit Monaten von schweren Kämpfen zwischen Anhängern und Gegnern von Präsident Baschar al-Assad erschütterten Syrien setzen die Menschen auf die Vermittlung von Benedikt XVI. Das sagt am Dienstag der päpstliche Sondergesandte Kardinal Robert Sarah nach Gesprächen mit Kirchenvertretern und syrischen Flüchtlingen im benachbarten Libanon. Und das sagen die Syrer in den Straßen der Hauptstadt Damaskus.
Der Krieg wirft die Menschen mehr und mehr auf sich selbst zurück – die Anteilnahme der Weltöffentlichkeit hält sich derweil in engen Grenzen. Als an einem Morgen Anfang Oktober mehrere Mörsergranaten im 86. Wohnviertel im Westen von Damaskus einschlagen, interessieren sich nur das syrische Fernsehen und einige ausländische Reporter für die drei Toten und die traumatisierten Überlebenden. Stattdessen verbreiten nicht-syrische Medien ungeprüft Berichte, wonach die Granaten im Präsidentenpalast eingeschlagen seien. Das allerdings stellt sich schnell als Falschmeldung heraus. Die Explosion einer Autobombe im gleichen Wohnviertel am Tag zuvor, die elf Menschen das Leben kostet, bleibt da allenfalls eine Randnotiz.
Das 86. Viertel ist nach der früher dort stationierten 86. Panzerschwadron benannt. Als das Militär vor die Tore der Stadt zog, bauten Angehörige von Armee und Sicherheitskräften ohne Genehmigung ihre Häuser auf der Anhöhe. Familien und junge Leute, die sich die Mieten in anderen Teilen der Stadt nicht leisten konnten, zogen hierher. Die Mehrheit von ihnen seien Alawiten wie Assad, sagt George Jabbour, Präsident der Syrischen Gesellschaft für die Vereinten Nationen.
Die Besiedlung des 86. Viertels steht stellvertretend für die bewegte Geschichte des Landes, wie Jabbour ausführt. «Die Omajjaden brachten die arabischen Muslime nach Damaskus, die Fatimiden die Schiiten aus dem Maghreb, der Herrscher Saladin die Kurden und die Osmanen die Turkmenen.“ Schließlich folgten seit den 1960er Jahren die aus dem schiitischen Islam stammenden Alawiten. Damaskus wurde zum «melting pot“: Angehörige der verschiedene Religions- und Volksgruppen mischten sich. Doch heute herrschen Misstrauen und Neid. Die Alawiten werden zusammen mit Christen und Ismailiten für die Politik der vergangenen 40 Jahre verantwortlich gemacht. Öl ins Feuer gießen arabische Nachrichtensender aus Saudi-Arabien und Katar. Sie behaupten ebenso wie fundamental-islamische Prediger, der «ungläubige“ Alawit Assad führe «Krieg gegen die Sunniten“.
All das fördere Konflikte, «die wir so nie kannten“, sagt George Jabbour. Die Lage werde zunehmend unübersichtlich: Milizen gingen gegeneinander vor, die Gesellschaft spalte sich. «Alle warten hier darauf, dass Assad endlich geht“, sagt ein Ladenbesitzer, der stolz erzählt, dass er dafür in der Moschee täglich bete. Ein junger Mann, der das Gespräch verfolgt, schüttelt ungläubig den Kopf. «Ich bin Muslim, meine Mutter ist Christin und meine Schwester ist mit einem Alawiten verheiratet“, zählt er auf. «Uns alle haben die Kämpfe aus unseren Wohnungen gezwungen.“ Eine verworrene Lage für ausländische Vermittler. Und keine gute Nachricht für die vom Krieg gebeutelten Menschen.