Berlin (KNA). Am 11. Dezember tritt Klaus Wowereit als Berlins Regierender Bürgermeister zurück. In seiner 13-jährigen Amtszeit spielte der Dialog der Kulturen und Religionen eine wichtige Rolle. Zugleich blieben strittige Fragen mit den Kirchen – etwa zum Religionsunterricht – offen, wie der SPD-Politiker am Freitag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) einräumte. Der Katholik Wowereit äußerte sich auch zu jüngsten Entwicklungen in seiner Kirche und zu Papst Franziskus.
KNA: Herr Wowereit, in kaum einer anderen Stadt Deutschlands leben so viele unterschiedliche Religionen relativ friedlich zusammen wie in Berlin. Aber es gibt auch Anschläge auf Synagogen, Kirchen und Moscheen. Macht Ihnen das Sorgen?
Wowereit: Es ist für diese Stadt lebenswichtig, dass Menschen mit unterschiedlichen Religionen, Kulturen und auch Lebensweisen friedlich miteinander zusammenleben. Das hat bislang weitgehend geklappt, trotz der Übergriffe, die es leider auch gegeben hat. Aber internationale Konflikte wie die Auseinandersetzungen in der arabischen Welt werden auch nach Berlin getragen. Es ist Aufgabe der Mehrheitsgesellschaft, dass sie sich von solchen Attacken klar distanziert und aktiv um Akzeptanz und Verständnis für die gesellschaftliche Vielfalt wirbt.
KNA: Sie haben selbst durch den Berliner „Dialog der Religionen“ einen Beitrag geleistet. Wie ist Ihre Bilanz?
Wowereit: Bislang ist es ein Erfolg, aber am Anfang war das sehr kompliziert. Wir haben gesagt, dass wir diesen Dialog nicht vorgeben wollen, sondern nur den Rahmen. Den Dialog müssen die Religionsgemeinschaften selber führen. Wir sind da noch nicht am Ende des Prozesses. Ich wünsche mir besonders, dass die großen Kirchen sich noch mehr beteiligen, auch vor Ort in den Gemeinden.
KNA: Wie in vielen deutschen Städten ist derzeit auch in Berlin der Zustrom von Flüchtlingen ein Problem. Wie sollte die Hauptstadt langfristig darauf reagieren?
Wowereit: Ich kann mich noch gut an die Jahre erinnern, als wir Turnhallen zur Verfügung stellen mussten, weil so viele Flüchtlinge kamen. Selbst das hat diese Stadt bewältigt. Deshalb glaube ich nicht, dass man hier von objektiven Kapazitätsgrenzen reden sollte. Aber die Herausforderung ist da, die Unterbringung muss menschenwürdig sein und wir müssen den Flüchtlingen zeigen, dass sie willkommen sind. Die Haltung der Kirchen ist da eindeutig, aber in der Praxis ist vieles nicht immer leicht umsetzbar. Insofern brauchen wir die Kirchen als verlässliche Partner – auch für Konflikte, die es immer wieder gab und die es vielleicht sogar verstärkt geben wird.
KNA: Ein strittiges Thema ist aber der Religionsunterricht. Die Kirchen beklagen, dass die staatliche Förderung dafür seit über zehn Jahren nicht erhöht wurde und sie immer mehr aus Eigenmitteln zuschießen müssen …
Wowereit: Wir finanzieren den Religionsunterricht, wie es ja auch in anderen Bundesländern der Fall ist. Es ist richtig, dass der katholische Religionsunterricht in bestimmten Teilen der Stadt wegen der geringen Teilnehmerzahl in einer schwierigen Situation ist. Dort müssen die Kinder teilweise schulübergreifend zusammengefasst werden, und das ist dann teuer und schwer zu organisieren. Aber da muss die katholische Kirche auch selbst einen Schwerpunkt setzen. Zu den vertraglichen Grundlagen des Religionsunterrichts gibt es die Bereitschaft zu reden. In welchem Umfang sich da etwas verändern kann, wird gerade mit beiden Kirchen verhandelt.