Hannover (KNA) Der Zürcher Kriminalforscher Dirk Baier ist nach eigenen Angaben nicht überrascht über Prügeleien in Flüchtlingsunterkünften. Wenn hauptsächlich männliche Flüchtlinge auf engem Raum lebten und es viel zu wenig Beschäftigungsmöglichkeiten gebe, «dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zu aggressiven Auseinandersetzungen kommt», sagte der Leiter des Zürcher Instituts für Kriminalprävention der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» (Dienstag). «Zwischen Kurden und Muslimen, Orthodoxen und Muslimen, aber auch zwischen anderen Gruppen existieren verschiedene Konflikte, die in den Aufnahmeeinrichtungen aufbrechen können», so Baier. Dabei sei die Dauer der Unterbringung das Problem. «Je länger die Flüchtlinge in solch einer Einrichtung verbleiben, umso eher wird es zu Aggressionen kommen.»
Er bezeichnete es als «unrealistisch», die verschiedenen Gruppen getrennt unterzubringen. Ziel müsse stattdessen sein, dass die Flüchtlinge schnell die großen Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen und über die Städte und Gemeinden verteilt werden. Mentoren sollten sich um die sprachliche und soziale Integration kümmern. Außerdem brauchten die Flüchtlinge Beschäftigungsangebote. «Bei vielen Flüchtlingen handelt es sich um gut ausgebildete, engagierte Menschen. Dieses Potenzial sollte genutzt werden.»
Die hohe Zahl von Flüchtlingen bedeute «nicht automatisch ein Kriminalitätsproblem», so Baier weiter. Die «erste Generation der Zuwanderer» sei in der Regel sehr interessiert. Auf längere Sicht könnten eher die Kinder der Einwanderer Probleme bereiten, «wenn wir es nicht schaffen, sie schnell in gute Bildung und Arbeit und Brot zu bringen».