Die Kurzmeldungen aus Deutschland (Nr. 354) reichen von Muslimfeindlichkeit, über Projektförderungen bis zu einem Friedhof.
Ataman: Islamophobie ist alarmierend hoch
BERLIN (KNA). Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, fordert eine „umfassende Strategie gegen religiöse Diskriminierung“. Damit reagierte sie auf eine aktuelle Studie der europäischen Grundrechteagentur FRA zur Muslimfeindlichkeit in der EU. In Deutschland erlebten Menschen nach Österreich am häufigsten antimuslimischen Rassismus, so Ataman. „Muslimfeindlichkeit hat ein derart alarmierendes Ausmaß erreicht, dass wir reagieren müssen“, erklärte die Antidiskriminierungsbeauftragte. Eine Strategie gegen religiöse Diskriminierung müsse demnach Prävention und Sensibilisierung genauso umfassen wie einen verstärkten Diskriminierungsschutz. Schon jetzt sei darüber hinaus wichtig klarzustellen, dass Diskriminierung aufgrund der Religion verboten sei. Ataman sagte: „Ich kann Betroffenen nur raten, sich beraten zu lassen und dagegen vorzugehen.“ Muslime erleben dem Bericht „Being Muslim in the EU“ zufolge Diskriminierung vor allem auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. So sind laut Erhebung beispielsweise rund 40 % der Muslime in der Europäischen Union für ihren Job überqualifiziert, während es im Vergleich allgemein 22 % der Menschen seien.
Spitzentreffen von KRM und EKD
BERLIN (islam.de). Vertreterinnen und Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Koordinationsrates der Muslime (KRM) sind am 5. November zu ihrem jährlichen Austausch zusammengekommen. Im Mittelpunkt des Treffens stand dabei das Thema „Die Rolle der Theologien in einer pluralen Gesellschaft“. In den letzten 10 Jahren sind mehrere Einrichtungen an Universitäten entstanden. Das Berliner Institut ist die vorerst letzte Gründung (2019) in dieser Reihe. Bei ihrer Implementierung spielen Beiräte eine besondere Rolle, die analog zu den Kirchen ein Pendant für die theologischen Fakultäten darstellen. KRM-Sprecher Mohamed El Kaada sagte: „Die islamische Theologie ist ein vielschichtiges System, das eine Vielzahl von Werten und Prinzipien umfasst. Diese richten sich nicht nur auf den persönlichen Glauben, sondern auch auf das Wohl der Gemeinschaft.“
Foto: MuTeS
Finanzierung der Telefonseelsorge noch offen
BERLIN (KNA). Die finanzielle Förderung der Muslimischen Telefonseelsorge in Berlin bleibt weiter offen. „Wir hatten heute ein gutes und offenes Gespräch mit dem Senat“, sagte Geschäftsführer Imran Sagir am 18. November der KNA. Dabei seien alle Punkte angesprochen, jedoch keine Entscheidung getroffen worden. Laut Sagir gibt es aufseiten des Senats Vorbehalte gegenüber dem Träger des Angebots, dem Islamic Relief Deutschland. Diese waren bereits 2021 aufgetreten, damals jedoch ausgeräumt worden. Nun würden offenbar die alten Bedenken nochmals zur Diskussion gestellt. Sagir betonte: „Wir sind auf das Fördergeld angewiesen, um unsere Arbeit verlässlich leisten zu können.“ Bisher werden 40 Prozent der Kosten vom Islamic Relief getragen, 60 Prozent der Gesamtkosten durch Fördermittel, welche die Telefonseelsorge seit 2016 jährlich erhält.
Dialog-Projekte gegen Mittelkürzungen
BERLIN (IZ). In einem gemeinsamen Aufruf vom 14. November haben verschiedene Berliner Kulturprojekte, die sich dem interreligiösen Dialog widmen, gegen geplante Mittelkürzungen des Senats protestiert. Dieser Dialog sei ein unverzichtbarer Bestandteil. Er trage wesentlich zum Miteinander bei. Ohne ihn würden antagonistische Kräfte an Einfluss gewinnen.
Foto: CLAIM Berlin
Zahlen: Muslimfeindlichkeit ist gestiegen
KÖLN (islam.de). Zum dritten Mal veröffentlicht die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) Daten zur Lebenssituation von Muslime der EU. Auf Grundlage einer Umfrage unter knapp 10.000 Personen zwischen 2021 und 2022 erfasst die Studie Erfahrungen in den Bereichen Diskriminierung, Rassismus und Teilhabe. Aus der Befragung geht hervor: Nahezu die Hälfte erlebt rassistische Diskriminierung; 2016 waren es noch 39 %. Der Anteil der Betroffenen von Rassismus war besonders hoch in Österreich (71 %), Deutschland (68 %) und Finnland (63 %). 2023 zählte die Polizei 1.464 islamfeindliche Straftaten. Die Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen und hat sich mehr als verdoppelt (2022: 610 Straftaten, +140 %). Rund 83 % der Straftaten (1.211) waren politisch rechts motiviert. Stark zugenommen haben islamfeindliche Straftaten, die durch eine ausländische Ideologie motiviert waren (2023: 72, +620 %).
EU fördert Dialogprojekt
MÜNCHEN (KNA). Mit zwei Millionen Euro fördert die Europäische Union ein neues Projekt der Eugen-Biser-Stiftung in München. In den kommenden drei Jahren sollen sechs weiterführende Schulen in Bayern und Baden-Württemberg befähigt werden, besser mit religiöser Vielfalt umzugehen. Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, sagte Ende Oktober, er hoffe, dass davon eine Initialzündung für die Schullandschaft in ganz Deutschland ausgehe.
Foto: C. Sahinöz
Eröffnung des muslimischen Friedhofs
RHEDA-WIEDENBRPCK (IZ). Auf dem kommunalen Friedhof in Rheda-Wiedenbrück ist ein muslimisches Begräbnisfeld eröffnet worden. Mitglieder der beiden Moscheen in der Stadt hatten hierzu einen Antrag bei der Stadt eingereicht. Sowohl im Integrationsrat als im Stadtrat wurde er positiv aufgenommen und dann in die Tat umgesetzt. Entstanden ist ein Grabfeld mit ca. 300 Plätzen. An der Eröffnung nahmen viele Besucher teil. Imam Nuri Cennetoglu rezitierte den Qur’an. Übersetzt wurde die Rezitation von Dr. Cemil Sahinöz, der die Eröffnungsfeier moderierte. Bürgermeister Theo Mettenborg sprach ein Grußwort und bezeichnete den muslimischen Friedhof als eine Selbstverständlichkeit in seiner Stadt. Es sei ein Zeichen des Respekts und des gegenseitigen Verständnisses. Nesrin Pür, stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrates, hielt eine emotionale Rede und war gerührt, dass es nun für Muslime auch die Möglichkeit gab, in ihrer Stadt begraben zu werden.