Berlin (KNA). In der Debatte um die europäische Flüchtlingspolitik hat die Göttinger Migrationsforscherin Sabine Hess ein Ende von „Abschottung und Abschreckung“ gefordert. „Wir müssen über Arbeitsmigration nachdenken und nicht die Leute in diesen Flüchtlingsbereich abdrängen, wo sie nichts verloren haben“, sagte Hess am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Befürchtungen, dass bei einer völligen Öffnung der EU-Außengrenzen große Flüchtlingsströme aus aller Welt auf Europa zukämen, wies sie zurück. Es handle sich um eine eurozentristische Überschätzung.
Die meisten Migranten gingen schon jetzt in die prosperierenden arabischen Staaten, die USA, Kanada oder nach Lateinamerika. „Ein krisengeschütteltes Europa ist in den globalen Netzwerken nicht mehr die erste Adresse“, sagte Hess. Wie viele Menschen bei einer Öffnung der Grenzen nach Europa kommen würden, darüber könne man nur spekulieren.
Bei den Flüchtlingen handele es sich auch nicht um die „Ärmsten der Armen“, sondern Menschen, „die Mut haben“, über Kontakte und Geld verfügten und damit dem neoliberalen Wunsch nach einem globalisierten Arbeitsmarkt entsprächen. Parteien versuchten mit dem Thema Migration und den Ängsten der Menschen Wahlen zu gewinnen. Arbeitsmigration sei aber schon heute Realität. So werde in der Landwirtschaft oder der Pflege für Billigarbeitskräfte „ein Auge zugedrückt“.