Moscheebau in der Bundesrepublik längst kein Exotikum mehr. Seit Beginn der 2000er wurden und werden neue Zweckbauten errichtet.
(iz). Was bis weit in die 1990er Jahre hinein selten war, ist längst gewohnter Anblick im Stadtbild geworden: Moscheebauten, die im städtebaulichen Sinne als Zweckbauten errichtet wurden. Laut abweichenden Angaben sollen von den ca. 2.800-3.000 Moscheegemeinschaften ungefähr 200-300 in neuen Gebäuden in einem Neubau beheimatet sein.
Ein Beispiel ist die Ayasofya-Moschee, die jüngst im schwäbischen Kornwestheim eröffnet wurde. Für die anwesenden Gemeindemitglieder und geladenen Gäste war das ein Tag voller Emotionen. Nach Jahren des Wartens, gemeinsamer Bemühungen und des Wachsens ist ein Traum für die muslimische Gemeinde Wirklichkeit geworden.
Als der Imam Yıldırım Altay die Eröffnungszeremonie mit einer Qur’anrezitation eröffnete, spürte die Gemeinschaft, wie Sehnsucht und Hoffnung sich in diesem Moment manifestierten. Der Vereinsvorsitzende, Suat Özcan, sprach von einem Ort, „wo Respekt, Frieden und gegenseitiges Verständnis“ lebendig werden – geschaffen durch Engagement, Spenden und die Offenheit der Stadtverwaltung und der lokalen Politik.
Landrat Dietmar Allgaier hob hervor, dass Vielfalt ein Reichtum ist, und erinnerte an die lange Geschichte von improvisierten Gebetsräumen, bevor 2014 das eigene Grundstück erworben und 2019 der Grundstein gelegt wurde.
Ein Neubeginn nach 38 bewegten Jahren. Und Oberbürgermeister Nico Laumann bezeichnete den Neubau als ein Symbol für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und rief alle Bürger dazu auf, die Gemeinde kennenzulernen und den Dialog zu suchen.
Auch die anwesenden Bundestagsabgeordneten Macit Karaahmetoğlu (SPD) und Steffen Bilger (CDU) lobten den Neubau als Zeichen von Zugehörigkeit, Integration und Verbundenheit der muslimischen Gemeinde mit Deutschland.

Vor Kurzem wurde in Kornwestheim die Ayasofya-Moschee unter großer Anteilnahme eröffnet.
Es gibt keine Statistik, die präzise angibt, wie viele Moscheen in den letzten 25 Jahren als „Zweckbauten“ (als eigenständige Sakralbauten mit erkennbaren Stilelementen usw.) neu errichtet wurden. Belastbare Quellen sprechen nur von Größenordnungen im niedrigen bis mittleren Hunderterbereich.
In Fachliteratur und Statistik wird oft zwischen „sichtbaren Moscheen“ (freistehende Gebäude mit spezifischer Moscheearchitektur) und Gebetsräumen in Hinterhöfen, Wohn- oder Gewerbebauten unterschieden.
Weder das Statistische Bundesamt noch Länderbehörden führen ein Register, in dem „Moschee-Neubauten“ als eigene Kategorie erfasst würden; rechtlich sind das normale Bauvorhaben von Religionsgemeinschaften ohne besondere Meldepflicht. Forschungsprojekte (z.B. „Muslimisches Leben in Deutschland“ und Arbeiten zu Neubauten) dokumentieren Gemeinden und Gebetsräume, aber nicht lückenlos jede baurechtliche Baugenehmigung der letzten Jahrzehnte nach dem Kriterium „Zweckbau“.
Zu den Vereinfachungen und Verzerrungen der öffentlichen Wahrnehmung von Islam und Muslimen gehört die Vorstellung, die Errichtung eines Neubaus sei per se von Streitigkeiten begleitet. Die Problematisierung von Moscheeneubauten in der Debatte bildet die Realität nur verzerrt ab.
Auffällig sichtbar werden meist Konfliktfälle, während zahlreiche Projekte geräuschlos und kooperativ mit Kommunen und Nachbarschaften laufen. Studien und Praxisberichte zeigen, dass Konflikte eher die mediale Ausnahme im Sinne einer „Skandalisierungslogik“ sind, auch wenn sie – wo sie auftreten – sehr intensiv ausgetragen werden.

Gebäude der Abu Bakr-Moschee im Frankfurter Stadtteil Hausen zählt zu den eigens für die Nutzung konzipierten Bauten. (Foto: Archiv)
Die kommunale Praxis und Projekte wie „Der Bau von Moscheen in NRW“ oder „Moscheen für Integration“ dokumentieren zahlreiche Beispiele, in denen Gemeinden frühzeitig mit Stadtplanung, Kirchen, Vereinen und Anwohnern kooperieren, Informationsabende anbieten und architektonisch anschlussfähige Lösungen wählen.
Solche Verfahren führen häufig zu akzeptierten Moscheebauten, die sich in Stadtteile einfügen und als Orte von Beratung, Jugendarbeit oder Stadtteilarbeit wahrgenommen werden – allerdings ohne medienwirksame „Story“.
In der Summe sprechen Forschung und kommunale Praxis dafür, dass die dominante Problemwahrnehmung von Moscheeneubauten ein Produkt selektiver öffentlicher Aufmerksamkeit ist: Sichtbar werden vor allem jene Fälle, in denen Moscheeprojekte zum Projektionsschirm für größere Identitäts- und Islamdebatten werden.
Die vielen still realisierten oder sogar integrativ wirkenden Neubauten zeigen, dass Moscheen Teil einer normalisierten religiösen Infrastruktur sein können, wenn Planungsprozesse transparent, inklusiv und konfliktsensibel gestaltet werden.