Studie: Drei Viertel der Araber in Jerusalem leben in Armut

Jerusalem (KNA) Hauszerstörungen, fehlende Grundversorgung, wachsende Gewalt: Die israelische Menschenrechtsorganisation Association for Civil Rights in Israel (ACRI) zeichnet ein düsteres Bild von Ostjerusalem. Laut ihrem am Dienstagabend veröffentlichten Bericht «Ostjerusalem: Fakten und Zahlen 2015» leben drei Viertel der arabischen Bewohner Jerusalems unterhalb der Armutsgrenze. Die Zahl der in Armut lebenden palästinensischen Kinder in Jerusalem liegt mit 83,9 Prozent noch höher. Damit habe die Armutsrate der Palästinenser in Jerusalem «alarmierende Ausmaße» angenommen. 36,8 Prozent der Bewohner Jerusalems sind Palästinenser.

Im gleichen Zeitraum lag die Armutsrate für ganz Israel bei 21,8 Prozent, jene der in Armut lebenden Kinder bei 30,8 Prozent. Während 37 Prozent der Wohlfahrtsempfänger Palästinenser seien, seien nur 22 Prozent der Sozialarbeiter auf palästinensischer Seite im Einsatz. Der Bericht beruht laut ACRI auf den offiziellen Zahlen staatlicher Stellen und der Stadtverwaltung.

In dem Bericht weist ACRI auf eine deutliche Vernachlässigung der arabischen Seite bei Bildung, Gesundheitsversorgung, Dienstleistungen und Infrastruktur hin. Die Organisation fordert die israelischen Behörden zu einem «fundamentalen Umdenken» auf. «Sie müssen die palästinensischen Bewohner Jerusalems als Menschen sehen, deren Würde es zu erhalten gilt, deren Leben es zu schützen gilt und deren Rechte verteidigt werden müssen», mahnt ACRI. Zu diesem Zweck seien unter anderem umfassende Investitionen in Ostjerusalem erforderlich, um die über Jahrzehnte entstandenen Lücken zu schließen.

Demnach sind etwa nur 41 Prozent der palästinensischen Kinder in städtischen Schulen untergebracht; es gebe einen Mangel an rund 1.000 Klassenräumen. 42 Prozent der bestehenden Räume seien als ungeeignet zu betrachten. Die Rate der Schulabbrecher liege mit 26 Prozent im 11. Schuljahr und 33 Prozent im 12. Schuljahr deutlich über dem nationalen Durchschnitt.

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Kritik äußerte die Organisation auch an einem fehlenden Planungs- und Entwicklungsplan für Ostjerusalem. So seien rund 20.000 Häuser (39 Prozent) ohne Baubewilligung errichtet worden. 302 Hauszerstörungen in den Jahren 2011 bis 2014, Strafen für illegale Bauten sowie fehlende Infrastruktur wie Kanalisationsanschlüsse führten zu einem massiven Mangel an Wohnraum. Besonders dramatisch stelle sich die Lage in Stadtteilen jenseits der israelischen Sperrmauer dar. Den dort lebenden Arabern, rund ein Viertel der arabischen Bevölkerung der Stadt, fehle es massiv an Grundversorgung und Infrastruktur.

Besonders im zweiten Halbjahr 2014 hat sich nach Angaben von ACRI die Sicherheitslage in Ostjerusalem verschärft. Demnach kam es seitdem zu knapp 1.200 Festnahmen; darunter seien 406 Minderjährige. Immer wieder sei es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und palästinensischen Jugendlichen gekommen. Oft wende die Polizei «exzessiv» Gewalt an.