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Sudan: Woher kommt die erschreckende Gewalt?

Ausgabe 366

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Fotos: SUNA/Sudan Transitional Authority (Collage IZ Medien)

Ethnische Konflikte im Sudankrieg reichen nicht als Erklärung für die Explosion der Gewalt und des Leids der Zivilbevölkerung aus.

(The Conversation). Auf die Eroberung der westsudanesischen Stadt El Faschir durch die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) folgten schreckliche Kriegsverbrechen: Massaker, Plünderungen und Vergewaltigungen. Von Justin Willis & Willow Berridge

Es gibt viele Gründe, die Vorwürfe zu glauben und sie ernstzunehmen. UN-Führungskräfte und Experten, die meisten westlichen Regierungen und der IStGh haben Berichte über die Gräueltaten bestätigt und die Tötung von Zivilisten als Bruch des Völkerrechts verurteilt.

Früher war sie eine von der Führung unterstützte Miliz. Nun befindet sich die RSF seit April 2023 im Krieg mit ihren ehemaligen Verbündeten in den Streitkräften (SAF). Seit ihrer Gründung ist sie für ihre Gewaltbereitschaft berüchtigt. Jeder Erfolg ging mit schweren Menschenrechtsverletzungen einher.

In jüngsten Berichten über schreckliche Missbräuche wurden sie als Teil eines ethnischen Konflikts beschrieben, wobei sie als „arabische Miliz“ dargestellt wurde, die Nichtaraber ermordet. Daran ist viel Wahres. Aber es gibt weitere Ursachen für die anhaltende Brutalität.

Sudan

Foto: luzitanija , Adobe Stock

Diese paramilitärische Truppe ist das grausame Ergebnis einer Geschichte staatlicher Gewalt und Ausgrenzung. Ihre Ursprünge lassen sich auf die berüchtigten Janjaweed zurückführen, eine Miliz aus arabischen Gemeinschaften, die vom damaligen Präsidenten des Sudan al-Bashir, bewaffnet wurde, um Anfang des 21. Jahrhunderts einen Aufstand zu unterdrücken.

Mit ihrer Mobilisierung nutzte sein Regime die Spannungen zwischen den Gruppen in Darfur, einer Region in Westsudan, deren historische Hauptstadt El Faschir ist.

Daher war es für das Publikum in Nordamerika und Europa verlockend, den Konflikt in simplen rassistischen Begriffen zu sehen: Araber gegen Afrikaner. Diese Sichtweise hat der internationalen Kampagne zur Beendigung der Gewalt in Darfur Auftrieb gegeben. Aber sie war immer eine Vereinfachung und erklärt nicht den aktuellen Krieg. Der RSF hat weitere Ursprünge.

Die Miliz nutzte das seit langem bestehende Gefühl der wirtschaftlichen und politischen Ausgrenzung aus, das Menschen in Darfur – Araber wie Nichtaraber – empfanden. Sie wurde durch den Welthandel mit Vieh, Gold und Söldnern finanziert, der am Rande eines Staates florierte.

Und entstand in einem staatlichen System, das jene belohnt, die sich mit Gewalt an die Kontrolle bringen. Das ist zum Teil auf ausländische Einmischung zurückzuführen, die jeweils ihre Verbündeten unterstützte, um politische oder ökonomische Vorteile zu erzielen.

RSF-Chef Hemedti war relativ unbedeutend innerhalb der Janjaweed. Bashir gründete 2013 die RSF als Teil eines komplizierten Gleichgewichts zwischen mehreren Milizen und Sicherheitsbehörden. Diese konkurrierenden Kräfte unterdrückten gewaltsam jede Herausforderung des Regimes und hielten sich gleichzeitig durch ihre Rivalität gegenseitig in Schach.

Im Jahr 2019 brach dieses System angesichts der Unruhen in der Bevölkerung im politischen Kernland der Regierung, im zentralen Flussgebiet des Sudan – dem Gebiet entlang des Nils – zusammen.

Foto: Agence France-Presse, via Wikimedia Commons | Lizenz: Universal Public Domain

El-Bashir wurde durch einen Militärputsch gestürzt, und nach internen Machtkämpfen wurde Generalleutnant Abdel Fattah Burhan zum Anführer ernannt und Hemedti zu seinem Stellvertreter. Beide waren Schlüsselfiguren in der „Übergangsregierung“, die den Sudan zurück zu einer zivilen Regierung führen sollte.

Die ethnische Zugehörigkeit ist nicht die Ursache des Konflikts. Dieser liegt vielmehr in einer tief verwurzelten Kultur politischer Gewalt begründet, die durch ein sich wandelndes Machtgleichgewicht zwischen dem zentralen und dem westlichen Sudan sowie durch internationale Einmischung kompliziert wird. 

Einige arabische Nationen – insbesondere Ägypten und Saudi-Arabien – stützen die Armee. Während die Ermöglichung der RSF-Gewalt durch die VAE weithin bekannt gemacht wurde, haben wichtige afrikanische Regierungen ihre Beziehungen zu Hemedti aufrechterhalten.

Seit den 1950er Jahren haben diejenigen, die die Kontrolle über den sudanesischen Staat an sich reißen wollten, wiederholt Unterstützung unter unzufriedenen Gruppen im Westen des Sudan mobilisiert. Manchmal, indem sie arabische und nichtarabische Gemeinschaften zusammenbrachten, gelegentlich durch gegenseitiges Ausspielen.

Hemedtis Behauptungen, marginalisierte Gruppen vertreten, sind opportunistisch und verlogen, allerdings nicht beispiellos. Dieser Krieg ist kein einfacher arabisch-afrikanischer Konflikt.

Aber seine Brutalität spiegelt die Bereitschaft sowohl der RSF wie der SAF wider, multiple gesellschaftliche Bruchlinien als Instrumente zur Mobilisierung zu nutzen. Sie haben einen Kontext geschaffen, in dem die ethnische Polarisierung durch Kriege um die Kontrolle des Staates vorangetrieben wurde – und nicht umgekehrt.

* Übersetzt und veröffentlicht im Rahmen einer CCL-Lizenz.

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