
Bei allen Gemeinsamkeiten haben sich unterschiedliche Traditionen entwickelt, das Ende des Ramadan zu feiern
(iz). An den drei Tagen des ‘Id Al-Fitr feiern Muslime auf der ganzen Welt das Ende des Fastenmonats Ramadan, danken ihrem Herrn und freuen sich. Die Kernaspekte des zweithöchsten Festes im Islam sind für alle gleich
Sie bestehen aus dem Id-Gebet am Morgen, das idealerweise im Freien verrichtet wird. Davor ist die Zakat Al-Fitr in Form von Lebensmitteln an arme oder bedürftige Muslime zu entrichten. Sie wird für alle Mitglieder eines Haushaltes fällig und dient dazu, Versäumnisse während des Ramadans auszugleichen.
Dieses Gemeinschaftsgebet ist eine bestätigte Sunna. Obwohl es am besten an einem dafür vorgesehenen Ort im Freien verrichtet wird, kann es auch in einer Moschee stattfinden. Alle sollten daran teilnehmen – Männer und Frauen, Junge und Alte.
Umm Atija überliefert: „Der Gesandte Allahs ermutigte junge, unverheiratete Frauen, ältere Damen, solche, die sich in ihre Häuser zurückgezogen hatten, und sogar Menstruierende, zum Festtagsgebet zu kommen.“
Vor dem Gebet vollzieht man eine Ganzkörperwaschung (arab. ghusl), bricht das morgendliche Fasten und zieht sich fein an. Am besten ist es, früh am Ort zu sein, um am Takbirat, dem lauten Dhikr, teilzunehmen. Es ist eine der großen Manifestationen der Kraft und Vitalität des Islam.
Hinzu kommen die Grußworte, die an den ‘Id-Tagen gesprochen werden, sowie die verschiedenen regionalen Mahlzeiten und Süßspeisen. In vielen Teilen der muslimischen Welt stehen auch Besuche bei Verwandten und Nachbarn auf der Tagesordnung. Id Al-Fitr ist außerdem ein Anlass, an dem viele ihre besten Kleider tragen.
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In Deutschland entwickelt sich eine Tradition
So sieht für viele deutsche Muslime der typische Ablauf des Feiertages aus: Sie begehen den Tag als Familienfest und nehmen sich nach Möglichkeit frei. Auch Schulkinder bekommen oft problemlos schulfrei. Nach dem Gebet trifft man sich zu einem festlichen Frühstück, denn ‘Id Al-Fitr ist der erste Tag nach dem Fastenmonat, an dem wieder normal gegessen und getrunken werden darf.
Die ‘Id-Tage sind Tage der Einheit und Gemeinschaft der Muslime. Es ist eine Sitte, an den Tagen des ‘Id die Friedhöfe zu besuchen und für die Verstorbenen zu beten und Qur’an zu rezitieren. So werden sie an diesem Tag einbezogen und nicht vergessen.
Viele Moscheegemeinden organisieren große öffentliche Feiern. So können z.B. Studenten, die das Fest ohne die Familie verbringen, oder neue Muslime ein Gefühl von Feierlichkeit haben. Aber auch nichtmuslimische Gäste haben so die Möglichkeit, die Freude der Festtage mitzuerleben.
Es ist wichtig, an den Festtagen einen positiven Bruch mit dem Alltag zu vollziehen. Man sollte sich fröhlichen Aktivitäten widmen und die Zeit in bester Gesellschaft verbringen.
Das süße Marokko
Das nordafrikanische Land ist neben der Türkei berühmt für seine Backwaren und Süßspeisen, die beim Iftar und an Feiertagen serviert werden. Die marokkanische Küche bietet eine große Vielfalt an köstlichen Süßspeisen, die in Marokko unter dem Oberbegriff „Halawijat“ (von „Halwa“, Süßigkeit) bekannt sind.
Zu den bekanntesten Süßspeisen gehören Kaab El Ghazal (Gazellenhörner), Schbakija, Briouat, M’hanscha (ähnlich wie Briouat, aber in anderer Form), Slilu oder Sfuf und Fkas. Beliebt sind auch verschiedene Arten von Gebäck mit Dattelfüllung. Natürlich gibt es noch viel mehr Sorten und Variationen, aber hier sollen nur einige der bekanntesten vorgestellt werden.
Bei festlichen Anlässen dürfen die Briouats nicht fehlen. Sie bestehen aus einem knusprigen Blätterteig, der eine weiche Füllung aus Mandeln, Zimt und Orangenblütenwasser umschließt. Es gibt verschiedene Formen und Sorten, am häufigsten sind kleine, dreieckige Kekse.
Zur Zubereitung werden die gefüllten Teigröllchen kurz in Öl ausgebacken und anschließend in Honig getaucht. Als Variante können sie auch mit einer Mischung von Früchten gefüllt werden, die in der Pfanne gebraten wurden. Sie schmecken eher locker, leicht und saftig, sind weder schwer noch trocken und daher sehr angenehm zu essen.
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Auf dem Balkan
In Regionen wie dem heutigen Bosnien, Albanien, Mazedonien oder Bulgarien findet man zum Ende des Ramadan viele osmanische Elemente. So wird in Bosnien mit dem Gruß „Bajram Šerif Mubarek“ eine fröhliche Stimmung verbreitet.
Überhaupt hat sich auf dem Balkan die Bezeichnung des Feiertags als „Bajram“ durchgesetzt. Hier versammeln sich die Familien zu ausgiebigen Mahlzeiten, bei denen bosnische Spezialitäten von herzhaften Pasteten bis zu Süßspeisen angeboten werden.
Insgesamt ist dieses Fest in Bosnien eine schöne Mischung aus religiöser Verehrung, kulturellen Traditionen und Gemeinschaftsgeist. Als Nationalfeiertag eines europäischen Landes ermöglicht er es den Menschen, die Feierlichkeiten mit anderen zu genießen. Es herrscht ein Geist der Großzügigkeit und Gastfreundschaft mit offenen Häusern.
Kinder werden von ihren Familien und Freunden mit Liebe und kleinen Geschenken überhäuft. Selbst in den bosnischen Moscheen in Deutschland kann man nach dem Gebet beobachten, wie die Erwachsenen den Kleinen Münzen geben.
Zu den albanischen Spezialitäten gehören das einheimische „Byrek“ (herzhafter Blätterteig, ähnlich dem türkischen Börek) oder das Süßgebäck „Baklava“. In diesen Teigspeisen verbinden sich auf dem Balkan osmanische und mitteleuropäische Traditionen.
Anders als in Bosnien ist dieses Fest kein offizieller Feiertag. Dennoch wird er mit Verwandten, Nachbarn und Freunden gefeiert.
Am Schwarzmeerrand und im Kaukasus
Natürlich wird weiter östlich – in der Ukraine, in Russland und im Kaukasus – das Ende des Ramadan von den Muslimen ebenso ausgelassen gefeiert.
Hier ähneln sich die religiösen Rituale, die Bedeutung der Familie und die Liebe zu Süßigkeiten. Je nach Land oder Gruppe gibt es aber auch andere Traditionen.
Ukrainische Muslime genießen die traditionellen Süßigkeiten zum Zuckerfest. Aber es gibt auch Alternativen. Neben Klassikern wie Baklava werden oft Kuchen gebacken, was die (von den Habsburgern geerbte) Vorliebe für Gebäck widerspiegelt.
In den wärmeren Monaten können die Feierlichkeiten auch ein Picknick im Park mit Gegrilltem, Obst und Gemüse aus der Region beinhalten. In einigen Familien ist es Tradition, dass die Ehemänner ihren Frauen besondere Süßigkeiten schenken.
Leider hat sich der anhaltende Krieg auf die Feierlichkeiten ausgewirkt. Viele Muslime konnten wegen der Vertreibung nicht mehr zu Hause feiern. Trotz der Schwierigkeiten finden sie Wege, zusammenzukommen und ihren Glauben zu feiern, und passen sich dabei den Umständen an.
In Teilen des Kaukasus finden während des Zuckerfestes traditionelle Pferderennen statt, bei denen die Fähigkeiten der Pferde auf die Probe gestellt werden und die für Spannung sorgen. Musik- und Tanzaufführungen können zu Feierlichkeiten gehören und spiegeln das reiche Erbe der Region wider.
Dieser Tag ist im Kaukasus ein fröhliches Ereignis, das die spirituelle Erneuerung feiert, die Familienbande stärkt und den Menschen die Möglichkeit gibt, köstliche Speisen und einzigartige kulturelle Ausdrucksformen zu genießen.
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Feiern im Land der tausend Inseln
Die Feiern zum Ende des Ramadan (in Indonesien „Lebaran“ genannt) beginnen in der Nacht vor dem ‘Id Al-Fitr, wenn die Menschen ihre letzten Einkäufe erledigen, während die Menge mit Trommeln und Feuerwerkskörpern feiert.
In einigen Teilen des Landes werden Fackeln angezündet und durch die Straßen getragen. Wie in Pakistan kehren die meisten Leute, die in anderen Städten arbeiten, in ihre Heimat zurück – eine Tradition, die Mudik oder „Heimkehr“ heißt.
Gekochter Bambusreis (der im Land als Lemang bekannt ist) und Lapis Leg (ein Kuchen mit tausend Schichten) sind zwei Gerichte, die an jenem Tag zubereitet werden. Andere Speisen sind Ketupat, Opor Ayam und Kekse mit Butter und Ananasmarmelade.
Nach dem morgendlichen Zuckerfestgebet begrüßen sich die Menschen mit den Worten „Selamat Idul Fitri“, was so viel bedeutet wie „Eid Mubarak“ oder „Frohes Zuckerfest“. Muslime bitten am Zuckerfest ihre Familie, Freunde und Nachbarn um Vergebung – eine Tradition, die hier „Halal Bihalal“ heißt.
Kinder erhalten von ihren Eltern bunte Umschläge mit Geld, wenn sie zu Besuch kommen. Die meisten tragen am ‘Id Al-Fitr traditionelle Kleidung, die sich für Männer und Frauen unterscheidet. Verwandte machen dann Station an den Gräbern ihrer Angehörigen.
Am anderen Ende der muslimischen Welt
Westafrika ist bekannt für seine farbenfrohen Textilien, die während des Zuckerfestes zur Schau gestellt werden. Zu den Gebeten und Feierlichkeiten tragen die Menschen ihre farbenfrohen und kunstvoll verzierten Gewänder.
Rhythmische Trommelklänge und lebhafte Musik erfüllen die Luft und schaffen eine festliche Atmosphäre. Traditionelle westafrikanische Instrumente wie Djembe und Dundun spielen dabei eine wichtige Rolle. Nach den Gebeten versammeln sich die Familien zu üppigen Mahlzeiten mit regionalen Spezialitäten. Dazu gehören Jollof-Reis, Kochbananen, Eintöpfe und verschiedene Fleischsorten vom Grill.
Im Senegal zum Beispiel kann es vorkommen, dass die Menschen religiöse Führer (Marabouts) aufsuchen, um sich segnen zu lassen. Und in Nigeria kann man in einigen Landesteilen farbenfrohe Reiterparaden und Umzüge beobachten.