
Nachdem die Terrorgruppe Isis die nordirakische Stadt Mossul gestürmt hat, rückt sie weiter gen Bagdad vor. Auf dem Weg erobert sie nun wichtige Orte. Ein Land stürzt ins Chaos.
Bagdad (dpa). Die Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und Syrien (Isis) bewegt sich auf die irakische Hauptstadt Bagdad zu. Die Kämpfer der Isis brachten große Teile der Regionen Ninive, Anbar und Salah ad-Din nordöstlich von Bagdad unter ihre Kontrolle, berichtete der Nachrichtensender Al-Dschasira. Am Mittwoch drangen die Kämpfer weiter auf Tikrit vor. Als strategisch wichtigen Ort eroberten die Extremisten Baidschi rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad, wie Medien berichteten. Dort wollten sie die Ölraffinerie und das Elektrizitätswerk unter ihre Kontrolle bringen, das auch die Hauptstadt mit Strom versorgt.
Die Aufständischen «sind über Nacht aufmarschiert und haben das Gerichtsgebäude sowie eine Polizeiwache im Stadtzentrum in Brand gesteckt», berichtete ein Sicherheitsmann in Baidschi dem unabhängigen Nachrichtenportal «Al-Sumaria News». Stammesführer hätten die Islamisten jedoch vom Elektrizitätswerk vertreiben können. Der für Notstandsmaßnahmen zuständige Direktor bei Human Rights Watch, Peter Bouckaert, sagte, die Isis habe auf ihrem Feldzug große Waffenarsenale der irakischen Armee erbeutet. Die Waffen könne Isis nun in das Bürgerkriegsland Syrien einschleusen.
Bereits am Dienstag hatte Isis mit Mossul die zweitgrößte Stadt des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Während des Angriffs sind nach Angaben internationaler Helfer rund 500 000 Menschen der 3-Millionen-Einwohner-Stadt geflohen. Sie hätten ihre Wohnhäuser aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen verlassen, berichtete die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Mittwoch in Genf.
Am Donnerstag soll das irakische Parlament über die Forderung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki beraten, den Notstand zu verhängen. Damit hätte der umstrittene schiitische Regierungschef mehr Befugnisse, um in den Konflikt mit den sunnitischen Aufständischen einzugreifen. Viele Sunniten fühlen sich benachteiligt durch die schiitisch dominierte Regierung. Die Terrorgruppe Isis macht sich diesen Machtkampf zwischen Sunniten und Schiiten im Irak zunutze. Die Umgebung von Mossul gehört seit langer Zeit zu den Hochburgen der Isis. Einen Rückzugsort findet sie aber auch jenseits der Grenze in den syrischen Nordprovinzen.
Nach dem Sturm auf Mossul durch die Militanten ist der türkische Konsul dort als Geisel genommen worden. Insgesamt seien 48 Menschen in der Gewalt von Terroristen, berichteten türkische Medien am Mittwoch. Unter den Geiseln seien auch Kinder und Konsulatsmitarbeiter. Der türkische Außenminister Ahmed Davutoglu brach wegen der Geiselnahme seine USA-Reise ab, wie das türkische Staatsfernsehen TRT berichtete. Er sei auf dem Weg zurück in die Türkei.
Die Zahl der entführten türkischen Lkw-Fahrer in Mossul erhöhte sich indessen auf über 30. Die Fahrer waren am Dienstag von Isis-Kämpfern verschleppt worden. Sie waren auf dem Weg von der südtürkischen Stadt Iskenderum in den Nordirak, um Diesel-Kraftstoff zu liefern.