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Muslime und Community: Wer spricht eigentlich für uns?

Ausgabe 358

Muslime
Foto: Aaron Amat, Shutterstock

Schwerpunkt Muslime und Gemeinschaft. Bisher kann niemand voll beanspruchen, für die deutschen Muslimen zu sprechen.

(iz). Am 20. März veröffentlicht die CLAIM Allianz eine gute Pressemitteilung zum Umgang mit „antimuslimischen Rassismus“. Darin formulierte das aus 50 muslimischen und nichtmuslimischen Mitgliedern bestehende Netzwerk einen klugen Maßnahmenkatalog. Dieser richtete sich an Politik und Exekutive, um dieses anhaltende Problem lösen zu können.

Dem Katalog wurde folgende Formulierung vorangestellt: „Im Namen von mehr als 5,6 Millionen Muslim*innen und als solche gelesenen Menschen fordert CLAIM (…).“ Das klingt erstmal gut, aktiv und energetisch an die Adressaten gerichtet. Beim erneuten Lesen setzte Kopfschütteln ein.

bischöfe krm

Foto: KRM | X

Keine Instanz – weder Über-Baskan, noch Schaikh Al-Islam

Es gibt derzeit in der Bundesrepublik nirgends eine Instanz – ob Über-Baskan oder Schaikh Al-Islam –, die für die deutschen Muslime sprechen könnte. Wäre es da ein Problem, wenn sich ein NGO das Recht nimmt, „in unserem Namen“ zu agieren? Es bleibt der simple Fakt: Nicht ein Muslim und keine Gemeinschaft haben sie dazu autorisiert. Sie hat schlicht bisher null Mandat, andere zu repräsentieren.

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Das schmälert nichts an der jahrelangen, unermüdlichen Arbeit im Kampf gegen Muslimfeindlichkeit und Diskriminierung. Nur: Eine aktivistische verfasste Einrichtung hat keine repräsentativen Fähigkeiten. Das sind unterschiedliche Aufgaben. Damit würde sie ihren Zweck verfehlen.

Um Muslime – gerade die praktizierenden – vertreten zu können, müsste das Netzwerk selbst Religionsgemeinschaft werden. Denn die Verortung in Allahs Din und der religiöse Kernbestand sind – jenseits aller gesellschaftlich richtigen Vorstellungen – weiterhin das Kernelement islamischer Existenz.

Eine grundsätzliche Frage

Die Frage nach Vertretung und dem Recht, Muslime vertreten zu können, geht hingegen weit über die Begrenztheit dieser konkreten NGO hinaus. Es ist zwar kein originär islamischer Satz, aber „wer herrschen will, muss dienen können“ beschreibt eine Grundvoraussetzung für echte Repräsentanz.

Wer Muslime vertreten will, muss ihnen dienen, ihre Interessen wahrnehmen, und zugleich in der Lage sein, einen Mindestkonsens bei relevanten Fragen formulieren zu können.

Ich will niemandem auf die Füße treten, aber an dem Punkt sind wir in Deutschland noch nicht. Weder sind wir auf Bundesebene ein politisches Subjekt, noch haben wir eine Führung etabliert, die dieses Vorrecht für sich beanspruchen könnte. Ja, es gibt einen halbjährlich wechselnden Sprecher des KRM.

Foto: Drazen Zigic, Shutterstock

Dieses Gremium macht seine Arbeit im Rahmen der vorgegebenen Parameter. Einen Mindestaustausch größerer muslimischer Dachverbände zu koordinieren und nach Möglichkeit geschlossen gegenüber der Politik zu agieren. Das ist in diesen unruhigen Tagen schon Herausforderung genug. Das merkt man insbesondere, wenn man mit den Menschen spricht, die in seinem Rahmen ehrenamtlich aktiv sind.

Obwohl solche Gremien einen höheren Anspruch auf die Repräsentanz von Muslimen erheben können als gesellschaftlich aktive NGOs, sind sie derzeit ebenfalls nicht in der Position, uns im tatsächlichen Sinne vertreten zu können. Dafür fehlt es alleine schon an der Möglichkeit, unseren Vertretern ein Mandat erteilen und wieder entziehen zu können.