Zu hoch gepokert?

Ausgabe 269

Foto: CENTCOM, Public Domain

(IZ/Agenturen). Obwohl er sogenannte IS/Daesh seinem territorialen Ende entgegengeht, treten neue Konflikte auf die Tagesordnung. Mit der Eroberung von Mossul, Raqqa und anderer, bisheriger IS-Hochburgen wurde die Frage nach dem Status der kurdischen Gebiete im Nordirak wieder aktuell. Längst haben die Nachbarn Türkei, Iran, die irakische Zentralregierung, die im Irak berüchtigten und stärker werdenden schiitischen Milizen sowie Russland ihre Ablehnung bekräftigt.
Keiner von ihnen möchte einen unabhängigen kurdischen Staat. Am 25. September ließ der nicht unumstrittene Chef der Autonomieregierung, Barzani, über eine Sezession abstimmen. Mehr als 78 Prozent der 5,2 Millionen wahlberechtigten Kurden im Nordirak nahmen an der Wahl teil. Nach der Auszählung am 27. September stand fest, dass 92 Prozent von ihnen für eine Loslösung von Bagdad stimmten.
Das Referendum setzte eine Kettenreaktion in Gang, die zum Redaktionsschluss in einer bewaffneten Konfrontation zwischen Erbil, dem Sitz der kurdischen Autonomieregierung, und Bagdad mündete. UN-Generalsekretär Antonio Guterres drückte seine Sorgen über die Auswirkungen dieser Abstimmung aus.
Einen Tag später kündigte der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, Sanktionen an, sollte die kurdische Regionalregierung „nicht ihren Fehler zurücknehmen“. Bereits zuvor kam es zwischen Ankara und Teheran, dem langjährigen geopolitischen Rivalen der Türkei in der Region, zu einer Annäherung. Auslöser war die gemeinsame Ablehnung eines unabhängigen kurdischen Staates an der Grenze beider Länder.
Am Tag der Stimmauszählung wies der irakische Premier Al-Abadi das Referendum als „illegal“ zurück. Verhandlung auf seiner Basis werde es nicht geben. Zur gleichen Zeit verlangte das Parlament die Entsendung von Truppen zur Besetzung der Stadt Kirkuk und ihres erdölreichen Umlands. Ab 14. Oktober kam es dann zum befürchteten Einsatz irakischer Soldaten und der schiitischen Milizen. Zuerst standen sich beide Seiten gegenüber, bis sich die Peschmerga aus ihren Stellungen in und um Kirkuk zurückzogen, die sie 2014 vom IS/Daesh übernommen hatten.
Beobachter befürchten nicht nur einen neuen bewaffneten Konflikt im Nahen Osten. Sie sorgen sich auch um die Aussichten unterlegener Minderheiten wie etwa jener der sunnitischen Araber im Irak.