Zwei Wochen nach der Feuerpause ist in Gaza keine Entspannung spürbar

Der Krieg im Gazastreifen ist vorerst zu Ende. Doch ein dauerhafter Waffenstillstand zeichnet sich noch nicht ab. Die Menschen befürchten, dass der Nicht-Frieden zum Dauerzustand wird – und damit Wirtschaftsblockade und Elend unbegrenzt verlängert werden.

Gaza/Tel Aviv (dpa). Nach dem 50-tägigen Krieg ist in Gaza scheinbar wieder Normalität eingekehrt. Die Märkte bieten erneut lokale Waren feil. Aus jenen Werkstätten, die nicht zerstört sind, dringt Arbeitslärm. Die ersten Kommissionen schwärmen aus, um die massiven Schäden der israelischen Bombardements zu erfassen. Der Staub hat sich gesetzt. Die Menschen reiben sich die Augen, als wären sie aus einem Alptraum aufgewacht.

An diesem Dienstag vor zwei Wochen hat eine unbefristete Waffenruhe den jüngsten Waffengang zwischen Israel und den militanten Palästinensern vorläufig beendet. Bis Ende September – so wurde es bei Abschluss der Feuerpause vereinbart – soll in Kairo über einen dauerhaften Waffenstillstand verhandelt werden. Dessen wichtigstes Ergebnis wäre für die Menschen im Gazastreifen die Aufhebung der erstickenden Blockade ihres Gebietes durch Israel und Ägypten. Doch ob es dazu kommt, ist ungewiss. Nicht einmal ein Termin für den Beginn der Gespräche steht bislang fest.

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Kurban Tuisa

Mehr als 2.100 Menschen wurden nach UN-Angaben im jüngsten Krieg getötet, mindestens zwei Drittel von ihnen waren Zivilisten. Mindestens 108.000 Palästinenser verloren ihr Heim. „Es gibt kaum jemanden, der nicht einen Angehörigen hat, der getötet, verletzt oder obdachlos wurde“, sagt der Politikwissenschaftler Usama Antar. „Fast jedem ist die Trauer ins Gesicht geschrieben. Die Jüngeren wiederum reden immer wieder vom Auswandern.“

Im jüngsten Schlagabtausch habe es keinen Sieger gegeben, so Antar. „Nichts wurde erreicht.“ Beide Seiten hätten lediglich ihre Drohpotenziale vorgeführt. Die Hamas zeigte, dass sie mit ihren Raketen nun ganz Israel erreichen kann. Israel wiederum führte den Palästinensern vor Augen, welche Zerstörungen sein Militär anzurichten imstande ist.

Nach israelischer Einschätzung hat die Hamas zwei Drittel ihrer Raketen eingebüßt, mit denen sie im Konfliktfall Israel beschießen kann. „Ihre Milizen sind jetzt in einem schlechten Zustand und nicht bereit zu einer neuen Eskalation“, erklärt ein hoher Offizier der israelischen Militärabwehr in einem kleinen Kreis ausländischer Journalisten. „Denkbar sind allerdings kleinere, lokalisierte Zusammenstöße“, fügt er hinzu. „Die eine oder andere Rakete könnte abgefeuert werden, aber das ändert nichts am großen Bild.“

Mahmud al-Sahar, der starke Mann der Hamas im Gazastreifen, lässt im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa durchblicken, dass seine Organisation den Kairoer Verhandlungen keine große Bedeutung beimisst, zugleich aber auch nicht unbedingt an eine baldige Rückkehr zum Krieg denkt. „Die Gespräche in Kairo sind rein technischer Natur“, meint er.

Die Führung in Gaza, die von der Hamas gestellt wird, werde nun einen eigenen Flughafen und einen Hafen bauen. „Das steht uns zu, dafür brauchen wir niemanden zu fragen, am wenigsten die Israelis“, fügt er hinzu. Der Kampf gegen Israel werde aber weitergehen. „Israel ist kein legaler Staat, es okkupiert unser Land“, gibt sich das Hamas-Führungsmitglied unnachgiebig. Die islamistische Organisation spricht Israel das Existenzrecht ab, selbst in den international anerkannten Grenzen von 1967.

Viele in Gaza befürchten jetzt, dass die geplanten Kairoer Waffenstillstandsverhandlungen im Sand verlaufen werden oder gar nicht erst in Gang kommen. Alles bliebe dann, wie es vor dem Krieg war, einschließlich der anhaltenden Wirtschaftsblockade des Mittelmeerstreifens. „Diese Aussicht ist schrecklich“, sagt Politikwissenschaftler Antar. „Sie würde für uns hier in Gaza nichts bedeuten als nur Elend, aber auch Israel keine Sicherheit bringen.“