Anmerkungen zur Lage „islamischer“ und „migrantischer“ Medien in Deutschland. Von Morad Bouras

Ausgabe 200

(iz). Dass „Terrorismus“, „Integration“, „Islam“, „Muslime“ und andere zusammengewürfelt werden, ist das Ergeb­nis einer jahrelangen Offensive in der bundesdeutschen Medienlandschaft. Die Frequentierung dieser Begriffe, die scheinbar zusammengehören wie der Deckel und sein Topf, war und ist unglaublich hoch. Wie nun schafft man es, dieses Wirrwarr von Zuschreibungen und Stereotypi­sierungen zu dekonstruieren? Die Schaffung eines medialen Gegengewichts als Ergebnis vielerlei Gedankenspiele, scheint ein Weg zu sein, seine Meinung zu vertreten und gleichzeitig aufklärerisch zu wirken. Wer oder was sind die Muslime und der Islam/sind die Zugewanderten Menschen und ihre Kultur wirklich? Welche politische Meinung vertreten sie und nach welchen moralisch-ethischen Grundsätzen leben sie? Welchen gesellschaftlichen Beitrag leisten sie, oder haben sie zu leisten?

All diese zu betrachtenden Aspekte und deren Aufgreifen in medialen Vehikeln scheinen stets aus einer andere Perspektive behandelt worden zu sein. Politisch korrekte – Inkorrekte Berichterstattung, um mit den Ausnahmen auf die Regel zu verweisen. Doch im Zuge der späteren Generationen (muslimischer) Zuwanderer und ihr erworbenes Verständnis von gesellschaftlicher Partizipation, ließ diese erkennen, dass ein mediales Gegengewicht nicht nur Theorie bleiben darf.

Der Status Quo medialer Errungenschaften aus der Perspektive der Deutschen Muslime/der zugewanderten Menschen ist bemerkenswert überschaubar und dennoch qualitativ. Die Islamische Zeitung feiert ihre 200. Ausgabe im 17. Jahr ihres Bestehens. Sachlich, intelligent, aktu­ell – mit ihren Mitteln schafft sie es, eine andere Perspektive auf die zeitgenössische Politik aufzuzeigen.

In den Kinderschuhen steckt dagegen das Cube Mag. Ganze fünf Ausga­ben zählt bisher das Magazin, das von jungen Erwachsenen gestaltet wird, sich an die muslimische Jugend richtet und für sie ein Sprachrohr sein will.

Die Zeitschrift „Horizonte – Zeitschrift für muslimische Debattenkultur“ will eine Plattform für den Diskurs über, mit und für Muslime sein und will den fachlichen und theoretisch hohen Ansprüchen genügen. Welch Impuls diese junge Zeitschrift im Stande sein wird zu leisten, wird uns die nahe Zukunft zeigen.

Oft und gerne wird auch die Plattform islam.de besucht. Sie beinhaltet einen Querschnitt der deutsch-muslimischen Bedürfnisse an Informationen bezüglich neuster Dialog-Arbeit und aktuellen Nachrichten und bietet allerlei Links zu Diensten, die für Muslime in Frage kommen können.

Ein etwas anderes Projekt ist die Webseite Qantara.de. Vom Auswärtigen Amt gefördert und von der Deutschen Welle, dem Institut für Auslands­beziehungen, dem Goethe ­Institut und der Bundeszentrale für politische Bildung betrieben, will sie den Dialog mit der „islamischen Welt“ fördern. Wie neutral und objektiv Qantara.de ist und welche Autoren sie ran lässt, davon sollte sich jeder selbst ein Bild machen. Das „Migazin“ dagegen, stellt den „Migranten“ an sich in den Vordergrund. Thematisiert wird was über Ihn, für Ihn und gegen Ihn gesagt, geschrieben und entschieden wird.

Nicht weniger wichtig sind die „Deutsch Türkische(n) Nachrichten“ – stellt doch die Gruppe der türkisch Stämmigen die größte Anzahl der Zugewanderten dar.

Auch verschiedene Blogs lassen sich finden und verheißen großes Potenzial, einen Beitrag in der „anderen“ Medienlandschaft zu leisten. Auf aggromigrant.com, melden sich mit einer Mischung aus politischen Kabarett und Satire a la „Titanic“, „Aggromigranten“ mal ernst, mal lustig zu Wort. Es werden aktuelle Themen angesprochen; Aktuelles Statement: „Wulff: Aggromigrant habe ich nicht angerufen!“

„Unabhängig“ von diesen Medien, sind einzelne Autoren und Journalisten zu verzeichnen, die innerhalb der Mainstreammedien Nischen fanden und quasi als „Quoten-Migranten“ oder als „Quoten-Muslim(a)“ agieren. Nicht selten dienten sie in der Vergan­genheit als Kronzeugen anti-islamischer/anti-„Integrationsunwilliger“ Meinungsmache. Die „großen“ Redakteure ließen viel zu, bis es zum halben Paradigmenwechsel kam und Anders Behring Breivik sein Werk der Missachtung durchführte, seine Moti­vation gleich mitlieferte und in jüngster Vergangenheit der NSU aufgeflogen ist.

Welche Erwartungshaltung hat man gegenüber jemanden, der erst auf wenige Familien-Generationen innerhalb Deutschlands verweisen kann und aus Gründen der Schichtzugehörigkeit unter Umständen noch über kein großes Kapital (im soziologischen Sinne) verfügt? Für diese Ausgangsposition ist die bisherige Bilanz der oben genannten Medien angemessen. Doch ist sie noch lange nicht ausreichend.

Die jüngsten Generationen der zugewanderten Gesellschaft, brauchen auf der Ebene des „Sprachrohrs“ gut ausgebildete Journalisten, Medienwissenschaftler, sowie Geistes- und Sozialwissenschaftler. Nur mit einer quantitativen und stark qualitativen Anzahl von Medien und Medienleuten, deren Beruf es ist, Journalis­mus zu betreiben – kann ein Gegengewicht zum Mainstream funktionieren. Ziel ist es nicht, die Macht zu haben einen Präsidenten zu stürzen, sondern die Macht zu haben, seiner Meinung Gehör zu verschaffen, um der Bevölkerung gekonnt die helle Seite der Medaille zeigen zu können.

Anders scheint eine Dekons­truktion des konstruierten Bildes ­unmöglich.