Aufstrebende Märkte sind erneut gefährdet

Ausgabe 270

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(IPS). Die Regierungen vieler Entwicklungsländer wollen häufig aus vorangegangen Finanzkrisen lernen, um ihre Wiederholung zu verhindern. Zumindest behaupten sie das. Mehrheitlich sind diese Maßnahmen jedoch darauf ausgerichtet, die Ursachen der letzten Krise anzusprechen. So können einige der Schritte ungewollt zu Ursachen für neue Instabilitäten und Zwangslagen werden.
Sehr selten geht man die eigentlichen Ursachen von Problemen und Anfälligkeiten an. In ihrem Bemühen zur Optimierung neigen viele Wachstumsmärkte dazu, aktiv auf den fahrenden Zug der finanziellen Globalisierung zu springen. Aber eine voreilige monetäre Lockerung – inklusive einer hastigen Integration in das internationale Geldsystem und normalerweise ohne angemessene Mechanismen zur Beilegung von Liquiditäts- und Schuldenkrisen – kann sehr gefährlich und kostspielig werden.
Viele Regierungen beanspruchen, ihre Lektionen aus der asiatischen (1997-8) und der globalen Finanzkrise (2007-9) gelernt zu haben. Aber während umgesetzte Maßnahmen effektiv gegen eine Rückkehr helfen mögen, können sie unangemessen, unzureichend oder – schlimmer – sogar widersinnig im Rahmen der sich wandelnden, vertiefenden monetären Integration sein.
Ab Mitte 1997 beendeten südostasiatische Regierungen die informelle Anbindung ihrer Währungen. Deren vorangegangene Verteidigung verursachte damals enorme Kosten. Der Übergang zu beweglichen Wechselkursen beendete die „Einbahn-Wetten“ einiger Spekulanten, während sie aber zu zerstörerischen Geldentwertungen führten. Auf den Märkten der Entwicklungsländer wurden die Bestimmungen für ausländische Direktinvestitionen weiter gelockert. Eine auswärtige Teilnahme an den Kapitalmärkten wurde ermutigt – in der Annahme, inländische Verbindlichkeiten seien weniger riskant als Auslandsschulden. So erreichen internationale Anteile an der Börsenkapitalisierung bisher nicht gekannte Ausmaße. Bei empfänglicheren Entwicklungsländern können relativ geringe Auslandsinvestitionen zu großen Preisschwankungen führen.
Ostasiatische Regierungen haben Währungsungleichgewichte in ihren Bilanzen und Risiken für die Wechselkurse verringert. Sie öffneten einheimische Anlagemärkte für das Ausland und liehen in ihren eigenen Währungen. Als Folge sind die Staatsschulden vielmehr dem Einfluss ausländischer Kreditgeber ausgesetzt als in Ländern mit hohen Devisenreserven.
In Entwicklungsländern werden Staatsanleihen in viel größerem Maße von Ausländern gehalten. Üblicherweise sind dies eher private Investoren als Zentralbanken. Japan ist ein Gegenmodell. Hier wird ein sehr hoher Anteil der Staatsschulden von einheimischen Gläubigern kontrolliert. In den USA gehört hingegen ein Drittel dieser Papiere Ausländern. Die Einladung zur Auslandsbeteiligung an den Anleihemärkten hat die Währungsrisiken den Gläubigern aufgeladen. Sie hat aber auch die Autonomie der langfristigen Kurse reduziert. Und sie hat die Zinsraten abrupten, internationalen Einflüssen ausgesetzt – beispielsweise, wenn die US-Notenbank wieder ihre Zinssätze erhöht. Als Folge sind die Landeswährungen gerade sensibel, wenn die Kapitalmengen offen sind und die ausländische Kontrolle einheimischer Finanzmittel groß ist. Wie die Erfahrung belegt, kann eine monetäre Volatilität plötzlich massive Abflüsse auslösen.
Trotz der Krisen in den letzten beiden Jahrzehnten sind die Kapitalmärkte viel freier als damals. Kapitalmärkte und Währungen in allen asiatischen Entwicklungsländern mit aus „ausreichenden“ Devisenreserven wurden in den letzten zehn Jahren trotzdem mehrfach erschüttert. Solche kurzlebigen Phasen der Unruhe führten nicht zu schwerwiegenden Schäden, da es sich hier nur um zeitweilige Verschiebungen der Stimmung handelte. Nichtsdestotrotz verweisen sie auf wahrscheinliche Drohungen, wenn die Politik der unbegrenzten Geldvermehrung im Norden in absehbarer Zeit umgekehrt werden sollte.
Diese „Selbst-Versicherung“ reicht wahrscheinlich im Umgang mit einer massiven Kapitalflucht nicht aus. Die übliche Option ist hierfür, „Hilfe“ vom Internationalen Währungsfonds und devisenreichen Ländern zu erbeten. Ein anderes Mittel beinhaltet die Einbeziehung (bailing-in) internationaler Gläubiger und Investoren durch Währungskontrollen, zeitweise „Schuldeneinfrierung“ und andere Maßnahmen zum Schutz von Arbeitsplätzen und der Wirtschaft. Aber solche einseitigen Maßnahmen sind schwierig und kostspielig. Das liegt üblicherweise am Widerstand von Gläubigerregierungen, die im Sinne von einflussreichen Investoren agieren.