Umstrittenes Gutachten jetzt einsehbar

Berlin (KNA). Der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, drängt auf eine Änderung des Berliner Neutralitätsgesetzes. In seiner jetzigen Form verwechsele es „weltanschauliche Neutralität des Staates mit der Verbannung des Religiösen aus dem öffentlichen oder staatlichen Raum“, erklärte Beck am 22. Dezember in Berlin. Somit genüge es „nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes“.
Das Berliner Neutralitätsgesetz verbietet Staatsbediensteten das Tragen religiöser Symbole. Dagegen hatte Ende November eine muslimische Lehrerin eine Klage vor dem Arbeitsgericht eingereicht, die im April verhandelt werden soll.
Beck bezieht sich in seiner Erklärung auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienst (WPD) im Auftrag der SPD-Fraktion. Diese hatte das Gutachten in Teilen bereits im Sommer vorgestellt, aber laut Berliner „Tagesspiegel“ (Dienstag) mit einem Sperrvermerk versehen lassen, was als ungewöhnlich gilt. An Heiligabend läuft die Sperrfrist aus, und das 28-seitige Gutachten ist offiziell einsehbar. Der „Tagesspiegel“ veröffentlichte auf seiner Homepage jetzt bereits eine Kopie des Papiers.
Demnach ist das Berliner Neutralitätsgesetz in seiner jetzigen Form verfassungswidrig. Zur Begründung führt der WPD das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von März an, bei dem ein pauschales Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen an öffentlichen Schulen für unzulässig erklärt worden war. Derartige Verbote könnten nur in Einzelfällen erlassen werden, wenn konkrete Gefahren für den Schulfrieden bestünden, so die Richter.
Im Berliner Gesetz müsse deshalb zumindest eine Ausnahmeregelung verankert werden, wonach künftig religiöse Kleidung erlaubt werden kann, wenn das Tragen „keine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die weltanschaulich-religiöse Neutraltät des Landes Berlin darstellt“, heißt es im WPD. Ergänzend könne der Senat eine Ermächtigung zum Erlass von Verbots-Verordnungen schaffen, wenn in bestimmten Schulbezirken besondere Konfliktlagen bestünden.
Beck betonte, „das Tragen einer Kippa oder eines Kopftuches im Dienst zu untersagen, verletzt die Religionsfreiheit derjenigen, die diese Kleidungsvorschriften für einen verbindlichen Teil ihres Glaubens halten, und schließt sie von der freien Berufsausübung aus“.