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Die Spalter

Foto: Olaf Kosinsky, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0-de

Sicher, auch parteiinterne Machtfragen dürften beim Rückzug der CDU-Chefin eine Rolle gespielt haben. Fest steht aber auch: Ohne die Spalter von der AfD wäre der Richtungsstreit bei den Christdemokraten nicht so eskaliert.

Berlin (dpa). Mit taktischen Manövern und politischen Angeboten an enttäuschte Konservative kann die AfD auf absehbare Zeit wohl keine Mehrheiten erringen. Auch im Osten nicht, wo sie bei Landtagswahlen zuletzt überall mehr als 20 Prozent geholt und andere Parteien in unbequeme Bündnisse gezwungen hat.

Als Spaltkeil ist die Partei der Rechtspopulisten dagegen überaus erfolgreich. Das hat sich vergangene Woche gezeigt, als mehrere Parteivorsitzende nach Thüringen eilten, um nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten mit Stimmen von CDU und AfD die Scherben aufzukehren. Und jetzt in der CDU, wo Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrer Ansage, als Christdemokrat müsse man sowohl zur AfD als auch zur Linkspartei Abstand halten, bei einigen Parteikollegen auf Widerstand stieß.

Das Markenzeichen von Alexander Gauland ist nicht Fröhlichkeit, sondern eine grün-gelbe Hundekrawatte. Freuen kann sich der 78-jährige Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion aber durchaus. Zum Beispiel wenn in der CDU, der er selbst 40 Jahre lang angehörte, die Hütte brennt. „Offensichtlich tragen wir dazu bei“, kommentiert Gauland die aktuellen Querelen in seiner Ex-Partei, und fügt hinzu: „AfD wirkt.“ Dass Kramp-Karrenbauer jetzt den Parteivorsitz aufgeben will, ist aus seiner Sicht eine gute Nachricht. Gauland legt den Finger in die Wunde. Er sagt, der Konflikt zwischen CDU-Funktionären, die offen seien für eine Unterstützung der Linkspartei, und denjenigen Mitgliedern, für die das ein absolutes Tabu sei, habe sich mit dem Abgang der glücklosen Vorsitzenden keineswegs erledigt.

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Er sei „zufrieden“ mit der aktuellen Entwicklung, sagt Gauland, der das Bild der Partei in der Öffentlichkeit auch nach seinem Rückzug von der Parteispitze noch stark prägt. Dass sich die anderen Parteien in Thüringen „so aufgeführt haben, als ob es einen Putsch gegeben hätte“, sei eine „Torheit“ gewesen, von der die AfD profitiert habe.

Ob sich das für die AfD auch in Wahlerfolge ummünzen lasse, müsse sich allerdings erst noch erweisen, räumt Gauland ein. Hamburg, wo am übernächsten Wochenende gewählt wird, ist für die AfD in jedem Fall ein schwieriges Pflaster – die Zahl der Protestwähler ist dort überschaubar. In den Vierteln des wohlhabenden Bürgertums macht die Partei keinen Stich.

Für die CDU gehe es jetzt auch darum, die AfD „’runterzukämpfen“, sagt CDU-Vorstandsmitglied Henning Otte. Wie das am besten gelingt, darüber besteht allerdings nach wie vor keine Einigkeit. Auch ist die CDU keineswegs die einzige Partei, der die AfD Wähler abjagt. In Sachsen verlor die Linke bei der Landtagswahl im September rund 27.000 Wähler an die AfD. Die einzige Partei, die praktisch keine Anhänger an die Rechtspopulisten verliert, sind die Grünen.

Ihre internen Konflikte hält die AfD momentan weitgehend unter dem Deckel. Zwar fallen immer wieder Mitglieder mit geschichtsrevisionistischen, aggressiven oder ausländerfeindlichen Äußerungen auf. Taktik der Parteiführung ist es, die Verfassungsschutz-Einstufung der Parteijugend und des rechtsnationalen „Flügels“ als Extremismus-Verdachtsfall darzustellen als Akt politischer Willkür – bei einigen verfängt das, zumindest innerhalb der Partei. Auf der Website der AfD gibt es dazu eine Illustration: ein Mann mit Schlapphut, seine Hände formen eine Raute – die typische Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Schade findet man es bei der AfD, dass sich die konservative Werteunion, bei der auch der frühere Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen seine politische Heimat hat, öffentlich so vehement gegen ihre Annäherungs- und Abwerbeversuche wehrt. Unverdrossen bemüht sie sich weiterhin darum, die Unzufriedenen am rechten Rand der Unionsparteien zu umgarnen. Dass der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, von Merkel jetzt wegen seiner Glückwünsche zur Wahl von Kemmerich gedrängt wurde, um seine Entlassung zu bitten, stellt die AfD als „Säuberungsaktion“ gegen „Abweichler“ vom Merkel-Kurs dar.