(Eurasianews). In einer Kolumne für die traditionell eher Erdoğan- und AKP-kritische US-Zeitung „New York Times“ wirbt der Politikberater für die „Tony Blair Faith Stiftung“ und Analyst der renommierten Denkfabrik „Council on Foreign Relations“, Ed Husein, für mehr Verständnis und der Akzeptanz eines neuen Typs der Demokratie in der Türkei.
Unmissverständlich fordert Ed Husein, dass der Westen von Ankara nicht erwarten könne, dass es zwingend eine liberale Demokratie werden müsse. Sollte der Westen aber genau das erwarten, dann drängt es das Land in ein „erhöhtes innenpolitisches Chaos“.
Die Türkei sei immerhin ein sich erfolgreich im Demokratisierungsprozess befindliches Land, keine unbedingte Demokratie aus so manch westlicher Brille, so Husein, was allerdings keine negative Erscheinung sein müsse. Immerhin ist die Türkei ein mehrheitlich muslimisches Land innerhalb der weltweit religiösesten Region, dem Nahen Osten. Stattdessen findet der Politikberater, dass der Westen der Türkei mit mehr Respekt hinsichtlich ihrer reichen Geschichte, Religion, Kultur und ihrem Potenzial, ein „unübertroffener Verbündeter“ des Westens im Nahen Osten zu sein, begegnen sollte.
Die Türkei und ihre größte Partei, die religiös-konservative AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung), gehen seit Jahren neue Wege und entwickelten ein neues Demokratiemodell inmitten des von politisch und religiös motivierten Bürgerkriegen übersäten Nahen Ostens.
Das Modell stehe in einer Tradition einiger christlich geprägter Demokratien Europas und der Sozialkonservativen in den USA, glaubt Husein. Damit seien die AKP-Anhänger weder liberal noch links im westlichen Sinne. Husein fragt: „Wieso sollten sie es auch?“ Nur wenn die USA und Europa hinter der AKP keine „Islamisten“, die geradezu neurotisch nach einem Kalifat streben, sehen, sondern „muslimische Konservative“, die sich als Teil eines demokratischen Spektrums verstehen, werde der Westen die internen Spannungen in der Türkei auch besser einordnen können.
Die sich in Linke, Nationalisten und Kurden aufgesplitterte Opposition habe die AKP zwar nicht unbedingt grundlos die parlamentarische Mehrheit abgejagt. Doch der wahre Test war nicht, warum die AKP scheiterte, sondern wie sie dies tat und dass sie den Volkswillen akzeptiert hat. Zudem gab es im Zusammenhang mit den Wahlen und bisher im Anschluss keine nennenswerten Gewaltübergriffe, geschweige denn ein Militärputsch oder Forderungen nach Neuauszählungen. Stattdessen winken die Aussichten nach einer Regierungskoalition oder Neuwahlen. Der Gewinner in der Türkei sei damit letzten Endes die Demokratie.
Schließlich forderte Ed Husein, dass die westlichen Staaten aufhören müssten, von der Türkei zu erwarten, dass diese sich ein Vorbild an Frankreich, Großbritannien oder den Vereinigten Staaten nehmen müsse. Er schrieb, „genauso wie in den USA oder Großbritannien der französische Laizismus als zu extrem betrachtet wird, sehen es auch die Türken.“
Für gebürtige US-Amerikaner sei es oftmals bereits schwer zu verstehen, dass das staatliche Oberhaupt Großbritanniens, die Queen, in Personalunion das Oberhaupt der anglikanischen Kirche ist. Ein ebensolches Verständnis bedarf es aber auch mit Blick auf die Türkei und im weiteren Sinne im Nahen Osten.
„Wir müssen den nahöstlichen Regierungen den nötigen Freiraum geben, damit diese neue Demokratien, die ihre Religion und Kultur reflektieren, entwickeln können. Die Türkei führt diesen Weg an und verdient unsere Unterstützung“, hielt Ed Husein fest.
Dieser Artikel wurde am 12. Juni dem Fachportal Eurasianews entnommen. Das Portal widmet sich ökonomischen, geostrategischen und politischen Fragen aus dem eurasischen Raum und darüber hinaus. Die Redaktion bedankt sich für die Genehmigung zur Veröffentlichung.
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