Einiges gewohnt in Dresden: Pegida „begeht“ einjähriges Bestehen mit Galgen für Politiker. Hintergründe von Martin Fischer

(dpa). #MerktEuchDieNamen – Lutz Bachmann unterschreibt Facebook-Kommentare gern mit diesem Hashtag. Auch den, mit dem er einen Galgen bei einer Pegida-Demo, der für die beiden höchsten Repräsentanten der Bundesregierung reserviert war, als „eine witzige Anekdote“ abtut. Für ihn ist das, was ein Anhänger des von ihm vor einem Jahr gegründeten fremden- und islamfeindlichen Bündnisses am Montagabend durch die Dresdner Altstadt trug, nur Produkt von „lächerlichen Bastelarbeiten mit Schreibfehlern“.

„Siegmar „das Pack“ Gabriel“ und „Angela „Mutti“ Merkel“ stand auf den vom Galgen baumelnden Zetteln geschrieben – Sigmar fälschlicherweise mit „ie“. Auch wenn die Bundeskanzlerin nicht persönlich dagegen vorgehen will, für den Dresdner Staatsanwalt Jan Hille ist es Grund genug, wegen des Verdachts der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten zu ermitteln und wegen der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten.

Von Pegida ist man einiges gewohnt in Dresden. Die Rufe nach „Widerstand“ gegen die „Volksverräter“ in Berlin, die nach Bachmanns Verständnis Europa in den Bürgerkrieg treiben, hallen seit nunmehr fast einem Jahr montäglich durch die Straßen der Dresdner Altstadt. Asylbewerber sind dabei „Invasoren“, die nur faul auf Feldbetten „herumlungern“, wie von Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling beschrieben.

Waren die Demonstrationen nach dem durch Hitler-Selfie und ausländerfeindliche Äußerungen Bachmanns ausgelösten Bruch in der Pegida-Spitze im Januar deutlich kleiner ausgefallen, haben die selbst ernannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ mit der dramatischen Zuspitzung der Flüchtlingskrise seit Wochen wieder Zulauf.

Und der Ton wird schärfer – was für den Berliner Protestforscher Dieter Rucht auch in dem nun zur Schau getragenen Galgen für die Kanzlerin und ihren Vize und Wirtschaftsminister sichtbar wird. „Da gibt es ganz deutlich eine Steigerung der Wut, der Aggressivität und des Attackierens, die sich auch in Bildern ausdrückt.“

Diese Aggressivität zeigt sich auch in den sich häufenden Zwischenfällen auf den Demonstrationen. So wurden in den vergangenen Wochen Migranten, Pegida-kritische Passanten wie etwa die Teilnehmer eines Schüler-Theaterfestivals und Journalisten aus dem Demonstrationszug heraus bepöbelt, angespuckt, geschlagen und getreten.

Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer sieht darin eine Radikalisierung oder „zunehmende Verrohung auf der Straße“. Dort gehe es um die Vorherrschaft. „Es gibt unterschiedliche Gruppierungen, die konkurrieren miteinander, das ist Pegida, das ist AfD, das ist die NPD, das ist die Partei Die Rechte und das ist Widerstand Ost West.“

Die AfD war in Dresden in den vergangen Wochen ebenfalls gegen die Asylpolitik auf die Straße gegangen, hatte dabei aber bei weitem nicht so großen Zulauf erfahren wie Pegida. Mitte September hatte Bachmann die Gründung einer Pegida-Partei angekündigt, die sowohl auf kommunaler wie auch auf Landes- und Bundesebene antreten werde. Gehört hat man seither nichts mehr davon.

Für die Kundgebung zum ersten Pegida-Jahrestag am kommenden Montag hat er viel Besuch auch aus dem europäischen Ausland versprochen, allerdings ohne konkret zu werden. Vor Wochen schon hatte er die Chefin der rechtsextremen französischen Front National, Marine Le Pen, und den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban eingeladen. Le Pen gab Bachmann einen Korb. Ob Orban überhaupt reagierte, ist nicht bekannt.

Zu Hochzeiten brachte Pegida in Dresden über 25.000 Menschen auf die Straße, zuletzt waren es bis zu 9.000. Zur „Geburtstagsfeier“ dürfte es auf dem Theaterplatz vor der Semperoper voller werden, wenn wohl auch nicht so voll wie im Januar. Ein besonderes „Highlight“ hat Bachmann seinen Anhängern angekündigt: die Uraufführung einer eigens komponierten „Pegida-Hymne“. Vielleicht ja schon gedacht als Vorbereitung zu dem von Festerling angeregten „Säxit“ – dem Austritt Sachsens aus Bundesrepublik und EU.

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