Interview mit Yasmina Adams über eine Kampagne der muslimischen Studentengruppe Kaiserslautern

„Wir waren verwundert darüber, wie schnell sich ein Bild mit den ‘richtigen Worten’ ausbreiten kann.“

(iz). Im sozialen Medium Facebook macht derzeit ein Foto von einer jungen Muslimin die Runde, die aufgrund ihres Kopftuches keine Krankenschwester werden durfte und deswegen Ärztin wurde. Die Muslimische Studentengruppe Kaiserslautern steckt hinter dem Foto. Die IZ sprach mit Yasmina Adams über die Aktion und ihre Absichten.

Islamische Zeitung: As-Salaamu ‘alaikum, liebe Yasmina Adams, wie kam es zu dem Foto?

Yasmina Adams: Wa ‘alaikum Salaam, Ursprünglich wollten wir selbst eine Kampagne ins Leben rufen, die den Fokus auf gebildete Musliminnen mit Hidschab legen sollte. Wir wollten das Bild einer „unterdrückten Muslima“ durch das einer erfolgreichen ersetzen. Ein Mitglied unserer Studentengruppe ist zufällig auf den Artikel über die #AuchIchBinDeutschland-Kampagne der Deutschlandstiftung aufmerksam geworden, also haben wir beschlossen uns ihr anzuschließen, da sie unser Ziel unterstützt.

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Bei der Frau auf dem Bild handelt es sich um meine Mutter. Sie hat eigentlich noch viel mehr zu sagen, denn ihr Weg begann in der Hauptschule und bereits dort versuchten ihr Lehrer einzureden, aus ihr würde nichts werden. Aber sie kämpfte sich weiter durch. Und als sie auf der Berufsfachschule keine Empfehlung für das Abitur bekommen sollte, wollte sie die Schule schmeißen. In der Zeit kannte sie glücklicherweise bereits meinen Vater, der sie ermutigte, weiter zu machen. Er sagte ihr sie solle ihr Abitur abschließen und all diesen Menschen beweisen, wie viel in ihr steckt und sie könne danach machen was sie möchte.

Nachdem sie die Hochschulreife erlangt hatte, wollte sie Hausfrau werden und erneut nahm er sie an der Hand und überzeugte sie davon, Medizin zu studieren, denn sie habe ihr Abitur ja „nicht umsonst“ gemacht. Und so kam es dazu. Mein Vater hat sie schon immer sehr unterstützt. Er arbeitete nachts, um tagsüber auf mich aufzupassen. Meine Mutter hat ihr Studium erfolgreich mit fünf Kindern beendet – und das mit der Unterstützung meines bärtigen Vaters.

Islamische Zeitung: Habt ihr mit einem so großen Erfolg gerechnet?

Yasmina Adams: Überhaupt nicht! Da Kaiserslautern eine recht kleine Stadt ist, hält sich auch die Zahl der Muslime in Grenzen. Es gibt nur zwei Moscheen, eine türkische und eine nicht-türkische. Deshalb ist die Zahl der Fans der Muslimischen Studentengruppe auf Facebook klein. Wir haben das Bild Mittwoch Nacht hochgeladen, und hatten am nächsten Morgen bereits 40 Seiten-Likes mehr.

Im Laufe des Tages haben mich Leute unter dem Bild markiert und ich habe es auf allen möglichen Seiten und Gruppen entdeckt, teilweise mit über 25.000 Likes. Die Menschen haben es scheinbar sehr motivierend aufgenommen. Wir waren verwundert darüber, wie schnell sich ein Bild mit den „richtigen Worten“ ausbreiten kann. Dieser Erfolg hat uns noch mehr angetrieben. Wir sammeln bereits weitere Ideen für Social Media-Aktionen in der Zukunft.

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Islamische Zeitung: Einige Seiten weigerten sich, euch als Initiatoren zu verlinken. Freut ihr euch über die Verbreitung der Botschaft trotzdem oder zieht so etwas einen runter?

Yasmina Adams: Wie gesagt im ersten Augenblick waren wir sehr erfreut über die rasche Verbreitung. Wir stellten aber schnell fest, dass Logo und Kopf herausgeschnitten wurden. Als ich die Seiten anschrieb war ich sehr enttäuscht, da viele unverschämt antworteten. Andere wiederum ignorierten mich.

Natürlich hat es uns heruntergezogen, aber nicht primär, weil wir als Gruppe ausgeblendet wurden, sondern weil dies zum einen kein islamisches Verhalten ist und zum anderen es leider auch zu Diskussionen und Streit unter dem Bild kam, da es aus dem Kontext gerissen wurde. Ich weiß, dass so etwas auf Facebook nicht zu vermeiden ist, aber würde man uns verlinken, hätten zumindest einige verstanden, dass wir mit dem Bild keine provokative Absicht verfolgt haben, sondern eher den Blick aus einem anderen Winkel vorschlagen wollten.

Dafür gab es später auch sehr entgegenkommende Seiten, die sich für den Hinweis bedankt und unsere Seite sofort als Quelle verlinkt haben.

Und im Endeffekt hat die Freude über die Verbreitung der Botschaft überwogen, da das ja unser ursprüngliches Ziel war und ist. Besonders meine Mutter war sehr erfreut darüber, all den Mädchen Mut machen zu können, die befürchten ihr Hidschab könnte ihre berufliche Karriere (negativ) beeinflussen.

Islamische Zeitung: Beteiligt ihr euch – abgesehen von den Fotos – auch noch anderweitig an dem Projekt?

Yasmina Adams: Das Projekt wird ausschließlich von Fotos getragen. Es gibt Fotoaktionen auf Tour von den Trägern der Kampagne, allerdings agieren wir hier vor Ort in der Uni selbstständig, da es hier sehr viele „anders aussehende Deutsche“ gibt. Auch außerhalb der Uni möchten wir das Projekt ausweiten.

Der Vorteil dieser Kampagne gegenüber unserer Ursprungsidee ist, dass diese sich nicht nur auf Muslime fokussiert. Und somit hilft uns das den gesellschaftlichen Dialog zu fördern und unter dem Motto #AuchIchBinDeutschland Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu vereinen.

Islamische Zeitung: Ich danke für das Gespräch und wünsche viel Erfolg!

Link:
https://www.facebook.com/msgkl