
Berlin (KNA). Der Staatskirchenrechtler Heinrich de Wall wendet sich gegen eine Einschränkung der Religionsfreiheit in Folge des Flüchtlingszuzugs. Die Gerichte müssten an der „religionsfreundlichen Auslegung“ des Grundrechts wie im Falle des muslimischen Kopftuchs festhalten, forderte de Wall am Mittwoch in Berlin. Die Aufnahme der zumeist muslimischen Asylbewerber dürfe kein Grund sein, die Religion aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, so der Professor der Universität Erlangen-Nürnberg bei einer kirchenrechtlichen Tagung.
Eine großzügige Interpretation des Grundrechts auf Religionsfreiheit könne vielmehr die Integration fördern, betonte de Wall. Den Zuwanderern müsse deutlich gemacht werden, dass die freie Ausübung einer bestimmten Religion allenfalls zum Schutz der Interessen anderer eingeschränkt werde. Dabei dürfe der Staat die Lehren und Traditionen einer Religion aber „nicht von außen definieren“.
Als Beispiel eine Grenzüberschreitung nannte de Wall die Debatte von 2012 um die rituelle Beschneidung jüdischer Jungen. Er wies das Argument der Gegner zurück, diese Tradition sei nicht religiös, sondern kulturell bedingt. Eine solche Bewertung sei allein Sache der Religionsgemeinschaft selbst, betonte der Staatsrechtler.
De Wall sprach sich auch für mehr Abkommen zwischen Staat und muslimischen Vereinigungen aus. Die Kritik an deren mangelndem Organisationsgrad wies er zurück. Auch die Staatsverträge mit den beiden großen Kirchen seien von „unterschiedlicher Rechtsnatur“. Dies schaffe in der Praxis aber keine Probleme.
Zudem könne der Staat bei der Selbstorganisation der Muslime eine „helfende Rolle“ spielen, so der Juraprofessor. Als Beispiel nannte er die vom Bundesinnenministerium angestoßene Deutsche Islamkonferenz. De Wall sprach bei einer Tagung zum Thema „Religiöse Vielfalt – Herausforderung für das Recht“ in der Katholischen Akademie.