Kontroverse um das betäubungslose Schlachten vor dem kommenden Opferfest in Belgien. Ein Bericht von Alexandra Mayer-Hohdahl

Vor dem muslimischen Opferfest Eid al-Adha streiten in Belgien Tierschützer und praktizierende Muslime: Wie sollen die Opfertiere geschlachtet werden? Ist es noch rituelle Schlachtung, wenn das Tier betäubt ist?

Brüssel (dpa). „Finger weg von meinem Schaf!“: Hunderte Muslime haben am Wochenende in Brüssel für ihr Recht auf rituelle Schlachtung demonstriert. Kurz vor dem Opferfest, Eid al-Adha, kochen in Belgien die Emotionen hoch. Tierschützer ziehen vor Gericht: Sie fordern die Schließung von Eid-Schlachtstätten.

An Eid al-Adha, das in diesem Jahr auf den 24. September fällt, gedenken die rund 1,6 Milliarden Muslime weltweit der Bereitschaft Ibrahims (Abrahams), der Gott einen seiner Söhne opfern wollte. Jede Familie, die es sich leisten kann, schlachtet traditionell ein Tier, meist ein Schaf oder eine Ziege. Die Opfertiere werden betäubungslos geschlachtet – ihnen wird die Kehle durchtrennt, sie bluten aus.

Und genau darum geht es in der Kontroverse in Belgien: EU-Richtlinien sehen vor, dass Tiere vor der Schlachtung betäubt werden müssen, um ihr Leid zu verringern. Viele Muslime glauben jedoch, dass dies ihrem Glauben zuwiderläuft.

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Die EU sieht zwar Ausnahmen für religiöse Zeremonien vor, aber nur, wenn die Tötung in einem Schlachthaus stattfindet. Daher haben die belgischen Regionen Wallonien und Flandern die Schächtung ohne Betäubung an provisorischen Schlachtstätten, die für das Opferfest eingerichtet werden, verboten. In der Region der Hauptstadt Brüssel hingegen wurde die rituelle Schächtung an mehreren Schlachtstätten erlaubt. Das einzige Schlachthaus könne der Nachfrage nicht nachkommen, und heimliche Schlachtungen wären noch schlimmer für die Tiere, so die Behörden.

Brüssel setze auf Dialog, sagte Bianca Debaets, die für Tierschutz zuständige Staatssekretärin der Region. „Ich hoffe dass wir in den kommenden Jahren einen Konsens erreichen können zur Verbesserung des Tierwohls und einer authentischen Religionsausübung.“ Der Gerichtsstreit mit den Tierschützern könnte zu Chaos führen, warnte sie.

Muslimische Verbände betonen, wie wichtig das Opferfest für die Gläubigen sei: „Es ist ein Moment der Geselligkeit – Muslime haben nur diesen religiösen Feiertag und den Fastenmonat Ramadan“, sagte Mustapha Chairi von der Anti-Islamophobie-Organisation CCIB der Nachrichtenagentur Belga.

Im vergangenen Jahr wurden im Brüsseler Schlachthaus an Eid 1.140 Ziegen und Schafe geschlachtet, 1.560 weitere an temporären Schlachtstätten. Nach Ansicht der Tierschutzorganisation Gaia ist das betäubungslose Schlachten ohne Betäubung an den Schlachtstätten illegal, da sie nicht die für Schlachthäuser geltenden Hygienevorschriften erfüllen. Mit diesem Argument wollen die Tierschützer vor Gericht ein Verbot dieser provisorischen Schlachtstätten erreichen.

Die CCIB argumentiert hingegen, dass es widersprüchliche Studien darüber gebe, wie sehr Tiere beim Schlachten leiden. Zudem müsse man auch über das Tierwohl im Allgemeinen sprechen, sagte Chairi: „Die Konsumgesellschaft behandelt Tiere entsetzlich.“

Wegen des andauernden Streits beruhigen die Theologen vom belgischen Verband der Muslime EMB all jene, die kein geeignetes Schlachthaus finden können: Sie seien vom Eid-Ritual befreit, „ohne Schuld oder Peinlichkeit“. Für das kommende Jahr hoffen die Glaubensgelehrten aber, dass die Verantwortlichen in Belgien eine dauerhafte Lösung finden, die auch ihre religiöse Vorstellungen respektiert, wie es aus dem Verband heißt.

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