„Land der Dichter und Denker“

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Altdorf/Köln (KNA). Die deutsche Leitkultur reicht nach den Worten des Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, vom Grundgesetz bis zum Münchner Oktoberfest. Er denke dabei an das „Land der Dichter und Denker“, an Kant, Goethe und Schiller, die jüdischen Dichter Heine und Tucholsky und den muslimischen Friedenspreisträger Navid Kermani, sagte er am Montagabend in Altdorf bei Nürnberg. Über Mazyeks Rede am Reformationstag in einer evangelischen Kirche war zuvor heftig diskutiert worden.
Er denke an „Made in Germany“, das Wirtschaftswunder, „das ohne die Türken auch nicht zustande gekommen wäre“, an Wissenschaft und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, an „Ordnung und Regeln, aber eben auch an die Lehren aus der Shoa“, so der ZMD-Vorsitzende. „Dies alles gehört für mich zur Leitkultur. Und von mir aus auch Halal-Würstchen und Oktoberfest.“
Mazyek rief in seiner Rede vor mehreren hundert Besuchern die Religionen zum gemeinsamen gesellschaftlichen Wirken auf. Mehr denn je seien heute Christen, Juden sowie alle Menschen guten Willens notwendig, „die die Stimme der Solidarität, des Füreinandereinstehens, des Mitgefühls für den Fremden und für den Nachbarn erheben“. Eine große Kulturnation wie Deutschland zeichne sich durch Offenheit und Respekt gegenüber anderen Kulturen aus, so der ZMD-Vorsitzende.
Judentum, Christentum und Islam seien gleichen Ursprungs und stammten allesamt aus dem Morgenland, fügte Mazyek hinzu. Es heiße zu Recht, dass das Christentum Europa entscheidend geprägt habe; dabei dürfe aber nicht unterschlagen werden, dass es nicht aus Brandenburg oder Bayern komme. Ebenso hätten Islam und Judentum „deutliche Spuren in unserer abendländischen Kultur hinterlassen“. Alle drei Religionen seien also seit jeher miteinander verknüpft. – Die Rede wurde am Dienstag schriftlich auf der ZMD-Internetseite veröffentlicht.
An der Einladung an Mazyek, zum Reformationstag in der evangelischen Altdorfer Laurentiuskirche zu sprechen, hatte sich zuvor eine heftige Diskussion entzündet. Ein örtlicher CSU-Politiker sprach von einer „Islamschweinerei“; er entschuldigte sich später dafür. Der Vorsitzende des Zentralrats sprach nicht während des Gottesdienstes, sondern danach. Die Veranstaltung fand unter Begleitung eines großen Polizeiaufgebots statt. An einer angekündigten Demonstration von „Pegida“-Anhängern nahmen nur wenige Personen teil.