Berlin (KNA). In Deutschland gebe es neben religiösem Extremismus zunehmend auch einen lautstarken Extremismus von Atheisten. Das sagte der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, am 29. Oktober bei einer Veranstaltung im Jüdischen Museum Berlin. Areligiöse Extremisten seien in Deutschland mittlerweile „in der Lage, sich laut zu artikulieren und zu krakeelen“.
„Was den Fundamentalismus betrifft, gibt es dieselben Phänomene bei Atheisten wie bei Gläubigen“, so Mazyek. Dies sei etwa in der Beschneidungsdebatte sichtbar geworden, wo bei radikalen Atheisten „alle Dämme gebrochen“ seien. Gleichzeitig gebe es aber auch aufgeklärte Atheisten, etwa Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die ungeachtet der eigenen Position aus Respekt vor den Religionen anderer konstruktiv an einer Neuregelung der Beschneidung arbeite.
Die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Petra Bahr, beklagte das Fehlen einer religiösen Debatte in der Öffentlichkeit. „Religionspolitische Fragen gehören in die Öffentlichkeit und nicht vor die Gerichte“, so Bahr. Allerdings fehle theologischen Debatten zunehmend ein Forum in der Öffentlichkeit. Selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) habe die Beschneidungsdebatte vor allem mittels der Psychoanalyse abgehandelt und auf theologische Argumentationen verzichtet.
Hingegen wies der Generalsekretär des Zentralrates der Juden, Stephan Kramer, darauf hin, dass die Debatte um die Beschneidung zu einem hohen Maß an Solidarität unter den Religionsgemeinschaften in Deutschland geführt habe. Allerdings habe es beinahe über Nacht auch eine „Welle von Kindeswohlverfechtern“ gegeben, die sich bei allen bisherigen Debatten zum Kindeswohl nicht zu Wort gemeldet hätten.