Berlin/Karlsruhe (dpa). Die Lehrerin Fereshta Ludin wertet das Verfassungsgerichtsurteil zum Kopftuch an öffentlichen Schulen als positives Signal für viele Migrantinnen. In Ludins Fall hatte das Bundesverfassungsgericht 2003 entschieden, dass Kopftuchverbote möglich sind, wenn sie eine gesetzliche Grundlage haben. Viele Bundesländer änderten daraufhin ihre Schulgesetze.
Dass Karlsruhe das pauschale Kopftuchverbot jetzt gekippt habe, sei ein Aufruf an Migranten, Deutschland mit zu gestalten, erklärte Ludin am Freitag. „Es geht hier nicht um Siegen oder Triumphieren. Aber ich freue mich nach dieser langen Zeit, dass die Gerechtigkeit hergestellt ist.“ Die afghanische Diplomatentochter hat eine Autobiografie geschrieben, die Mitte April beim Deutschen Levante Verlag erscheinen soll.
Das Problem liegt nicht bei den Schülern
Viele junge Leute in Deutschland sind einer aktuellen Studie zufolge gegen ein Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen. Unter den 16- bis 25-Jährigen sprechen sich mehr als 70 Prozent dafür aus, dass es muslimischen Lehrerinnen erlaubt sein sollte, im Schulunterricht ein Kopftuch zu tragen. Unter denjenigen, die selbst noch Schüler sind, sind sogar 75 Prozent gegen ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen. Das ergab eine repräsentative Studie von Forschern der Humboldt-Universität Berlin, die am Freitag vorgestellt wurde. Bei den älteren Erwachsenen über 25 befürwortet nur ungefähr jeder Zweite das Recht von Lehrerinnen auf ein Kopftuch.
Für die jüngere Generation sei das Kopftuch offenbar kein fremdes oder angsterregendes Zeichen, sondern schlicht ein religiöses Symbol, das zum Glauben eines anderen Individuums gehöre, erklärten die Wissenschaftler. Der Untersuchung zufolge stehen junge Leute Muslimen in Deutschland generell offener gegenüber als ältere Erwachsene. Die Studie basiert auf einer Befragung von rund 8.000 Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu verschiedenen Themen im vergangenen Jahr. Darunter waren etwa 1.100 junge Leute zwischen 16 und 25 Jahren, davon zehn bis zwölf Prozent Muslime. Vorgelegt wurde die Untersuchung zum Auftakt des Bundeskongresses der Jungen Islam Konferenz in Berlin. Dort diskutieren bis Sonntag mehr als 100 junge Leute mit und ohne Migrationsgeschichte über Zuwanderungsthemen.