Nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen: Tadschikistan huldigt seinem Despoten

Personenkult statt politischer Wettbewerb: Auch nach mehr als 20 Jahren an der Macht sitzt der zentralasiatische Herrscher Rachmon in dem Hochgebirgsland Tadschikistan fest im Sattel. Echte Gegner bleiben bei der Präsidentenwahl außen vor.

Duschanbe (dpa). Protzig wie ein Symbol unerschütterlicher Macht steht er da, der Palast der Nationen des tadschikischen Präsidenten Emomali Rachmon. Vor dem Prachtbau in der Hauptstadt Duschanbe ein Park mit einem roten Blumenmeer und dem dominanten Denkmal für den persischen Dichter Rudaki, nach dem auch die Hauptstraße im Zentrum benannt ist. Musik tönt aus Lautsprecheranlagen. In Sichtweite ein 165-Meter-Fahnenmast für 3,5 Millionen US-Dollar, der höchste der Welt und der neue Stolz des kleinen, aber bitterarmen Hochgebirgslandes in Zentralasien an der Grenze zu China und Afghanistan.

Der 61-jährige Rachmon, der sich auf seine Wiederwahl am 6. November vorbereitet, liebt solchen Gigantismus. Doch die von Hunger und Armut geplagte Ex-Sowjetrepublik kann häufig nicht einmal die eigene Energieversorgung sicherstellen. Nach 21 Jahren an der Macht hat sich der Personenkult um den Despoten so zementiert, dass ein Ende der Dauerherrschaft nicht in Sicht ist.

„Korruption und Arbeitslosigkeit beherrschen das Leben der Menschen, Überlebenskampf statt Aufbruchstimmung“, sagt die Menschenrechtlerin Ojnichol Bobonasarowa. Sie scheiterte als Kandidatin der oppositionellen Islamischen Partei der Wiedergeburt an den hohen Registrierungshürden. Sie wirft dem Regime Behördenwillkür, Polizeifolter und andere schwere Menschenrechtsverstöße vor.

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Als Mitbewerber für Rachmon zugelassen sind fünf Politiker, die allerdings selbst auch für den Amtsinhaber werben. Eine Alternative für die vier Millionen Wahlberechtigten gibt es nicht.

„Es geht bei dieser Wahl nur darum zu zeigen, dass das Volk Rachmon unterstützt“, sagt der Politologe Parwis Mulludschanow. Das Geheimnis seiner Popularität sei, dass er nach dem Bürgerkrieg in den 1990er Jahren mit Zehntausenden Toten Stabilität biete. „Die Menschen haben immer noch Angst vor Veränderungen“, sagt Mulludschanow der Nachrichtenagentur dpa in Duschanbe.

„Rachmon, Du bist die Sonne! Unser Glück! Unsere Zukunft!“ – so klingen die Lieder, die Schuljungen und Mädchen mit Schleifen in den Haaren singen. Das vom Staat gesteuerte Fernsehen zeigt diese Bilder gern: Rachmon umringt von Kindern. Das Land ist stolz auf eine hohe Geburtenrate von um die 200 000 pro Jahr. Bei der Fahrt übers Land stehen zu Dutzenden Plakate mit dem Porträt des „Vaters der Nation“ – Rachmon wahlweise im Klatschmohnfeld, Rachmon in der Baumwollplantage, Rachmon mit Getreideähren.

In Duschanbe präsentieren Funktionäre stolz ein schillerndes neues Außenministerium mit prunkvollen Säulensälen im Innern – ein Bau, der einer Großmacht gut stünde. Aber einem auf Entwicklungshilfe angewiesenen Land? In der Nähe entsteht auf Staatskosten ein kolossaler Kuppelbau, das größte Teehaus Zentralasiens. Für 3000 Menschen. Im Gegensatz dazu durchziehen brüchige Bürgersteige das Zentrum, die jeden Spaziergang zum Risiko machen.

„Das Land ist bis heute nicht in der Lage, sich selbst mit Lebensmitteln zu versorgen“, sagt der Wirtschaftsprofessor Nuritdin Kajumow der dpa. Der Import hier mache alles immens teurer. Es fehle an einer Strategie für ökonomische Entwicklung. Vom Export seines Aluminiums und seiner Baumwolle könne das Land nicht leben. Kajumow sieht mit Sorge, dass sich Tadschikistan zunehmend verschulde. Allein bei China stehe das Land mit zwei Milliarden US-Dollar in der Kreide.

Kajumow nennt es absurd, dass einerseits immer mehr chinesische Gastarbeiter Straßen und Bergtunnel bauen, andererseits Hunderttausende Tadschiken das Land verlassen haben. Sie verdienen als Gastarbeiter in Russland den Unterhalt für ihre Familien und überweisen jährlich Milliarden in das Land. Hierzulande liege der Durchschnittslohn bei lediglich um die 1000 Somoni (gut 150 Euro).

Ein Wandel ist nicht in Sicht. Doch sagen Gegner wie Anhänger über den Präsidenten, dass er als wendiger Politiker es gut verstehe, das Land mit den teils mächtigen Nachbarn auf Kurs zu halten. Der Kampf gegen Terroristen aus Afghanistan und Drogenschmuggler verschafft Rachmon zudem Geduld im Westen samt der nötigen Finanzhilfen.

Für die Zukunft setzt das Land weiter auf Hilfe aus dem Ausland, um etwa den schon zu Sowjetzeiten geplanten Rogun-Staudamm zu bauen – auch gegen den Widerstand Usbekistans. Der Nachbar befürchtet durch die breite Nutzung der Wasserkraft in Tadschikistan, immer weiter auszutrocknen. Auch zur Abschreckung Usbekistans hat die Schutzmacht Russland hier 7000 Soldaten stationiert.