
München (KNA). Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, erstatten Fachleuten zufolge nur selten Anzeige. Grund dafür sei, dass viele unter Druck gesetzt würden oder sich vor den Folgen im Heimatland fürchteten, erklärte Monika Cissek-Evans, Leiterin der Fachberatungsstelle „Jadwiga“, am 18. November in München. In den fast 20 Jahren ihres Wirkens sei es in Bayern jährlich zu zwei bis drei Prozessen gekommen. In den Beratungsstellen in Nürnberg und München habe „Jadwiga“ 356 Klientinnen im Jahr 2018 gezählt. Das Bundeskriminalamt gehe jedoch von einer Dunkelziffer aus, die zehnmal so hoch sei.
Zu ihren Klientinnen zählten Afrikanerinnen, vor allem aus Nigeria, Uganda und Sierra Leone, aber auch Osteuropäerinnen aus Rumänien und Bulgarien, sagte Cissek-Evans. Der Statistik zufolge ist etwa 30 Prozent der Frauen von Anfang an bewusst gewesen, dass sie für Prostitution angeworben werden sollten; ein weiteres Drittel wurde angelockt durch einfache Dienstleistungsjobs etwa in Hotels, wiederum ein weiteres durch Künstler- oder Modelagenturen.
Beraterin Nicoletta S. warnte davor, die betroffenen Frauen nur unter einer Schablone zu sehen. Jede Geschichte stelle sich anders dar. Auch würden nicht nur „einfache“ Frauen, die weder Lesen und Schreiben könnten, zu Opfern, sondern auch solche mit Studium. Zunehmend arbeiteten die Täter, die sich in rumänischen, türkischen und deutschen Netzwerken gut verbunden hätten, mit psychologischem Druck. Sie zwängen die Frauen bisweilen, Drogen zu verkaufen und selbst zu nehmen. Außerdem drohten sie bei Widerstand damit, ihren Familien in der Heimat etwas anzutun.
In der Regel würden die Frauen über einschlägige Internetportale per Foto angeboten und individuell an die Freier vermittelt, so Cissek-Evans. Selbst wenn Hilfseinrichtungen die Frauen unterstützten, gelinge es am Ende nicht, derlei Bilder aus dem Netz nehmen zu lassen. Sie verwies darauf, dass die Opfer in den meisten Fällen jünger als 20 Jahre seien. Dem müsse auch in Bayern noch mehr Rechnung getragen werden.