Schon die Osmanen erfanden Mittel und Wege für anonyme Spender und Empfänger: Neuer „Spendomat“ soll Mildtätigkeit fördern

(iz/KNA). Ein Automat soll Türken das Spenden erleichtern. Nach Angaben des Herstellers Sera Reklamcilik aus Ankara am soll das Gerät in Form eines Bankautomaten eine sichere und rasche Entrichtung mildtätiger Zuwendungen gewährleisten. Die Zeitung „Radikal“ berichtete, das staatliche Religionsamt der Türkei habe an der dreijährigen Entwicklung des Gerätes mitgewirkt. Der „Spendomat“ nimmt Zuwendungen in Bar oder per Karte an und soll auch Falschgeld erkennen. Das Gerät kann mit den Bankverbindungen mehrerer Organisationen gefüttert werden, unter denen Spender auswählen können. „Radikal“ zitiert den Firmenvertreter Ahmet Öz mit den Worten, das Religionsamt wolle die Geräte vor Moscheen und an zahlreichen anderen Orten im Land aufstellen lassen.

Obwohl die Türkei im Vergleich zu EU-Ländern ein relativ armes Land ist, sind die Türken sehr spendenfreudig. Allein bei einer staatlich unterstützten Kampagne für Somalia im vergangenen Jahr kamen umgerechnet rund 160 Millionen Euro zusammen.

Anonymität und Würde: Die Osmanen haben es vorgemacht
Da die geheim gehaltene Hilfe am höchsten geschätzt wird, wurden Sadaqa-Steine errichtet. Gemäß des Islam sollten wir den Bedürftigen unsere Hilfe zuteil kommen lassen, jedoch derart, dass „die linke Hand nicht einmal weiß, was die rechte gegeben hat“ (siehe Hadith). Das heißt, die Hilfe soll nicht so offenkundig geschehen, damit der Bedürftige sich nicht beschämt und der Gebende nicht Gefahr läuft, Riya [Angeberei mit der eigenen Handlung] zu begehen.

Die Sadaqa-Steine der Osmanen waren 1,5 bis 2m hoch und aus Marmor. Es gab aber auch kleinere – sowohl zylinderförmige als auch viereckige. In der Mitte befand sich eine schüsselähnliche Mulde, in die die Spender ihr Geld hinein legten. Neben den zwei Meter hohen Steinen wurden ein bis zwei Stufen gebaut, damit man mühelos an die Kuppe gelangen kann.

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In der Regel waren sie abseits gelegen, etwa in Moscheehöfen, Mausoleen von Awliya, Tekke, Madrasa oder in der Nähe von Friedhöfen und Brunnen. Besonders auch an Punkten, an denen mehrere Bezirke aneinander grenzen. Außerdem wurden noch Steine in der Nähe der Henker (Cellat) Friedhöfe errichtet. Da die Henker und ihre Familien von der Bevölkerung sozial ausgegrenzt wurden – viele haben wohl nicht einmal einen ordentlichen Grabstein und wurden schon fast anonym beerdigt – wurde auch in ihrem Bezirk ein Sadaqa-Stein errichtet, der von Besuchern des Cellat-Friedhofs befüllt wurde.

Jene Armen, die sich trotz ihrer Bedürftigkeit schämten zu betteln, gingen spät in der Nacht zu den Sadaqa-Steinen und nahmen sich Geld heraus. Jedoch nahmen sie nicht das gesamte Geld, das sich in dem Stein befand, sondern nur das was vonnöten war. Ein französischer Weltenbummler, der im 17. Jahrhundert von Istanbul berichtete, beobachtete wohl sogar, dass eine Woche lang niemand den Stein aufsuchte, um Geld heraus zu nehmen.

Diese Steine gab es in Istanbul an mehreren Orten: u.a. in Üsküdar im Hof der Gülfem Hatun Moschee, in Üsküdar Doğancılar, in Karacaahmet und in Kocamustafapaşa u.a. Heute bestehe u.a. noch in Üsküdar Dogancilar (neben der Imrahor Moschee) ein Stein, der mittlerweile bis zur Hälfte in der Erde begraben sei. Auch am Gartentor der Sultanahmet Moschee, am Eingang der Ayasofya Moschee, in Eyub Sultan zwischen den Gräbern u.v.a.