(iz). „Ein Wort ist“, so die alten Araber, „wie ein Pfeil. Einmal abgeschossen, kann es nicht mehr zurückgenommen werden“. Wohl auch aus diesem Grunde räumt das islamische Recht der Sprache den Stellenwert einer Handlung ein. Was im normalen, zwischenmenschlichen Alltag sich noch auf der Ebene des guten Umgangs bewegt, wird in vermeintlichen sozialen Medien – die oft einen asozialen Charakter haben – schnell zu einem notwendigen Kriterium für die Aufrechterhaltung einer normalen Kommunikation.
Ein prägnantes, und passendes Beispiel, ist der augenblickliche Marktführer auf dem Markt elektronischer Kommunikation: der bisherige Spitzenreiter Facebook. Während man im Gespräch – und sei es am Telefon – noch auf den bekannten Ablauf von Empfangen, Verarbeiten und Replik auf eine Information vertrauen kann, hebelt das vermeintliche soziale Medium bisherige Kommunikationsformen auf. Der Zwang zum sofortigen Versenden von – aus dem Kontext gerissenen oder subjektiven Meinungen – führt nicht selten zu Irrtümern und Verstimmungen. Bei einer direkten menschlichen Begegnung ist die Mimik des Gegenübers ein Indikator für den Zustand der Diskussion. Und selbst das unbesonnene Wort des Anderen wird relativiert, weil man seinen Gemütszustand einschätzen kann.
Nirgendwo sonst – soweit es die innermuslimische Debatte betrifft – lässt sich dies an der Diskussion um den Organisationsgrad der Community ablesen. Bei Facebook wird – nicht selten unter dem Druck der vermeintlichen Kommunikation in „Echtzeit“ – mit Argumenten und Unterstellungen operiert, die sich mehr aus der Form des Mediums ergeben als aus den Absichten der Diskutanten. Hier greifen – ironischerweise auch auf muslimischer Seite – die gleichen Diskussionsschemata, wie man sie im Internet von einer zumeist radikalen Islamkritik kennt.
Oft wird ohne Kenntnis über Beteiligte, ihre Umstände und die Bedingtheiten ihrer Situation debattiert – von platten Behauptungen über angeblich niederträchtige Absichten einmal ganz zu schweigen. Der ganzheitlichen Problematik des Islam in Deutschland aber kann Facebook – wenn überhaupt – nur bedingt gerecht werden. Weil aber das Wort im islamischen Recht eine Handlung ist, ist es wohl so, dass die meisten Muslime ihr Publizieren in sozialen Medien schon als Ersatz für eine echte Tat betrachten, anstatt wirklich zu handeln.